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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Konrad Ehlich<br />

Teilen Russlands und die spezifi schen Bed<strong>in</strong>gungen der sowjetischen Revolution verh<strong>in</strong>dern<br />

gleichfalls die Extrapolation von <strong>Mehrsprachigkeit</strong>skonzepten für die europäische Zukunft und<br />

die Zukunft der Welt.<br />

Beide Situationen s<strong>in</strong>d nicht e<strong>in</strong>fach als Lehrstücke für die heutigen Herausforderungen<br />

zu nutzen. Es geht vielmehr darum, dass wir uns Gedanken machen, wie wir uns auf die neue<br />

Situation, <strong>in</strong> der wir <strong>in</strong> der postnationalen Konfi guration stehen, e<strong>in</strong>lassen können.<br />

11. Gesellschaftliche Organisationsformen<br />

Unter Beachtung <strong>in</strong>sbesondere der kommunitären Dimension von Sprache e<strong>in</strong>erseits, unter<br />

Beachtung der spezifi schen europäischen Konstellation andererseits ist e<strong>in</strong> differenzierter Blick<br />

auf die gesellschaftlichen Organisationsformen des frühen 21. Jahrhundert zu werfen. Hier s<strong>in</strong>d<br />

me<strong>in</strong>es Erachtens m<strong>in</strong>destens vier unterschiedliche Typen auszumachen. Drei von ihnen, die<br />

nationalen und postkolonialen e<strong>in</strong>erseits, die extranationalen andererseits und zum dritten die<br />

transnationalen, möchte ich jeweils als „Integrale“ bestimmen. Davon unterscheiden möchte<br />

ich pränationale E<strong>in</strong>heiten.<br />

11.1 Nationale und postkoloniale Integrale<br />

Die nationalen Integrale s<strong>in</strong>d genau jene Nationenstaaten, die gegenwärtig die Welt und den<br />

europäischen Kont<strong>in</strong>ent charakterisieren. Sie s<strong>in</strong>d als Ergebnis dessen zu betrachten, was<br />

die Entwicklung der letzten 200 Jahre, also die Entwicklung des „Projekts Nation“, mit sich<br />

gebracht hat. Dieses Modell wurde – besonders im Entkolonialisierungsprozess, aber auch durch<br />

die Übertragung auf Länder wie Japan oder Ch<strong>in</strong>a – weltweit expandiert. Im Fall von Japan und<br />

Ch<strong>in</strong>a setzte sich das nationale Konzept zum Teil mit e<strong>in</strong>er gewissen historischen Verspätung um<br />

und realisierte sich erneut als Erfolgsmodell.<br />

Davon s<strong>in</strong>d postkoloniale Integrale zu unterscheiden. Als solche möchte ich zunächst jene<br />

Kolonien verstehen, die sich selbst aus der kolonialen Gewalt emanzipierten. Das bedeutendste<br />

Beispiel s<strong>in</strong>d sicherlich die Vere<strong>in</strong>igen Staaten von Amerika mit ihrer ex-kolonialen Elite (an der<br />

Spitze George Wash<strong>in</strong>gton usw.). Weitere Beispiele fi nden sich für die Folgezeit <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika.<br />

Die zweite Gruppe dieser postkolonialen Integrale wurde durch die Kolonialmacht selbst<br />

konstituiert, freilich so, dass sie auf <strong>in</strong>digene Eliten zurückgreifen konnte. Beispiele s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

Indien, aber auch <strong>in</strong> Indonesien und im arabischen Raum zu fi nden.<br />

Diese beiden Typen, die nationalen und die postkolonialen, s<strong>in</strong>d im Wesentlichen Integrale,<br />

die <strong>in</strong> ihren <strong>in</strong>neren Strukturen durch das „Projekt Nation“ bestimmt bleiben.<br />

11.2 Pränationale E<strong>in</strong>heiten<br />

Von den soeben besprochenen Typen von Integralen unterscheiden sich pränationale E<strong>in</strong>heiten,<br />

die reliktartig <strong>in</strong> die heutige Welt der nationalen und postkolonialen Integrale h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ragen.<br />

Sprachlich gehören ihnen die Dialekte zu, aber auch die so genannten M<strong>in</strong>derheitensprachen,<br />

die <strong>in</strong>nerhalb von nationalen Integralen „überlebt“ haben, nachdem sie – sei es durch Hochzeiten<br />

unter dynastischen Bed<strong>in</strong>gungen (z.B. Bretagne), sei es durch militärisch-adm<strong>in</strong>istrative<br />

Unterwerfung (z.B. Elsass-Lothr<strong>in</strong>gen) – ihrerseits <strong>in</strong> jene <strong>in</strong>tegriert wurden.<br />

26<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 26 4-12-2006 12:24:57

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