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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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<strong>Mehrsprachigkeit</strong>: das Lernpotential von Grenzregionen<br />

Parallel dazu verlief das ungebrochene Interesse für historische M<strong>in</strong>derheitensprachen und<br />

Sprach<strong>in</strong>seln, das aus heutiger Sicht überwiegend unter der Perspektive von Erhalt und Verlust der<br />

Muttersprache/Herkunftssprache untersucht wurde. Heute fl ießen diese Forschungs<strong>in</strong>teressen<br />

vermehrt <strong>in</strong> die Perspektive der Zwei- und <strong>Mehrsprachigkeit</strong> und den damit verbundenen<br />

Chancen e<strong>in</strong>.<br />

Das Interesse an M<strong>in</strong>derheitensprachen und Regionalsprachen, vielfältigen Formen des<br />

Sprachkontakts und neuzeitlichen Formen von M<strong>in</strong>derheitensprachen brachte es mit sich, dass<br />

areal oder temporal verankerte Identifi zierung zu vielfältigen Differenzierungen führten. Neue<br />

Begriffl ichkeiten entstanden, wie bspw. der Begriff der extraterritorialen Sprachen (Sprachen,<br />

die außerhalb ihres ursprünglichen Territoriums gesprochen werden: bspw. Sephardisch<br />

(Judenspanisch) <strong>in</strong> Bulgarien, oder Rätoromanisch <strong>in</strong> Zürich, Türkisch <strong>in</strong> Düsseldorf), der Begriff<br />

der Heteroglossie (als Überbegriff aller Sprachen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet nicht Mehrheitssprachen<br />

s<strong>in</strong>d: bspw. alle ‚eteroglossie’ im italienischen Staatsgebiet: albanisch, deutsch, slowenisch etc.<br />

und Migrantensprachen), und der Begriff der plurizentrischen Sprachen. Letzteres bezeichnet<br />

den Umstand, dass es (National) Sprachen gibt, welche über mehr als e<strong>in</strong> normatives Zentrum<br />

verfügen (bspw. UK- und US-Englisch und die ‚Englishes <strong>in</strong> the World’, ähnlich bei Spanisch und<br />

Französisch), und weitere Begriffl ichkeiten mehr. Es gilt hier auch nicht, diese erschöpfend<br />

darzustellen (man siehe die Handbücher der HSK-Reihe von Ammon et al. 2006 und Goebl et al.<br />

1997), sondern mehr darum, den Signalcharakter dieser Benennungen zu umreißen.<br />

Die Bemühungen um neue Begriffl ichkeiten weisen nämlich darauf h<strong>in</strong>, dass die hohe<br />

Komplexität der (europäischen) Sprachlandschaft m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> vertikaler Perspektive (d.h.<br />

historisch) und <strong>in</strong> horizontaler Perspektive (areal-territorial), aufgebrochen werden musste,<br />

um den verschiedenen Komb<strong>in</strong>ationen von <strong>Mehrsprachigkeit</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft und im<br />

Individuum gerecht zu werden. Zudem galt es, den neueren Migrationen aber auch der erhöhten<br />

berufl ichen Mobilität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er immer weiter <strong>in</strong>ternationalisierten Berufswelt auf sprachlicher<br />

Ebene Rechnung zu tragen. So kommt es, dass es Sprachgruppen gibt, die ke<strong>in</strong>e dauerhaften<br />

Territorien haben (Sprachen der S<strong>in</strong>ti und Roma bspw., aber auch die von Flüchtl<strong>in</strong>gen). Ihr<br />

arealer Bezug ist schwächer ausgeprägt, verglichen mit historischen Sprachm<strong>in</strong>derheiten.<br />

E<strong>in</strong>e Zunahme an hochmobilen Gruppen gibt es auch <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternational ausgerichteten<br />

und hoch qualifi zierten Berufswelt. Die K<strong>in</strong>der all dieser Familien und Gruppen weisen höchst<br />

<strong>in</strong>teressante Komb<strong>in</strong>ationen von mehrsprachigen Kompetenzen auf, die die europäischen<br />

Sprachbande weiter vernetzen.<br />

Insgesamt gesehen wird der territoriale Bezug <strong>in</strong> Zukunft den europäischen Raum weiterh<strong>in</strong><br />

prägen. So gilt es, gegenüber e<strong>in</strong>er zunehmenden Mobilität, M<strong>in</strong>derheiten- und Regionalsprachen<br />

sowie Dialekten e<strong>in</strong>en Schutz zu garantieren, der ihr Fortbestehen und Weiterentwickeln<br />

garantiert (s. auch die Garantie durch die europäische Sprachencharta).<br />

Auffallend s<strong>in</strong>d zudem, im letzten Jahrhundert, die vielen Bemühungen um e<strong>in</strong>en<br />

systematischen, umfassenden Fremdsprachenunterricht, der sich <strong>in</strong> letzter Zeit zunehmend um<br />

den Frühbeg<strong>in</strong>n der zweiten und dritten Sprache, nebst der/den Erstsprache(n), bemüht.<br />

Dies alles geschieht im vollen Bewusstse<strong>in</strong>, dass nicht jede deklarierte mehrsprachige<br />

Gesellschaft notwendigerweise mehrsprachige Individuen hervorbr<strong>in</strong>gt (s. bspw. den belgischen<br />

Fall, aber auch den schweizerischen).<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 35 4-12-2006 12:25:02<br />

35

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