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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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<strong>Mehrsprachigkeit</strong> als europäische Aufgabe<br />

Solche bildungspolitischen Konsequenzen können sich kaum <strong>in</strong> der Gestalt e<strong>in</strong>er plebiszitären<br />

Bewegung entfalten. Das ist gegenwärtig <strong>in</strong> ganz <strong>Europa</strong> zu beobachten. Der „Elternwille“<br />

reduziert nur allzu oft die Frage nach den zu lernenden Fremdsprachen auf die monol<strong>in</strong>guale<br />

Option: „English only“. Nur so sche<strong>in</strong>t das <strong>in</strong>dividuelle Fortkommen der eigenen K<strong>in</strong>der<br />

gewährleistet zu se<strong>in</strong>. Dies könnte sich <strong>in</strong> der Tat leicht als self fulfi ll<strong>in</strong>g prophecy erweisen.<br />

Demgegenüber ist e<strong>in</strong> differenzierteres Konzept erforderlich, damit <strong>Europa</strong>, damit wir zu<br />

e<strong>in</strong>em neuen Typus von Identitätserzeugung kommen können. In ihm ist Identität nicht als e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>fache – und vielleicht dann sogar als e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fältige – Konzeption zu verstehen. Vielmehr<br />

geht es um e<strong>in</strong>e Identitätsbestimmung, die e<strong>in</strong>e Integration und Erhaltung, die e<strong>in</strong>e Aufhebung<br />

von Divergenz zum notwendigen Anteil hat. Das Konzept der Grenzen, das für dieses <strong>Europa</strong><br />

so entscheidend sche<strong>in</strong>t, ist sozusagen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e kritische Refl exion zu übersetzen. Dar<strong>in</strong> wird es<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifi schen Weise verändert. Wohlgemerkt: Dies bedeutet nicht, dass illusionär oder<br />

faktisch über die Realität von Differenz h<strong>in</strong>weggesehen werden könnte, sondern es geht gerade<br />

darum, den Umgang mit Differenz als e<strong>in</strong>e tatsächliche Integrationsaufgabe <strong>in</strong> Bezug auf die<br />

zukünftige Identitätsbildung zu verstehen.<br />

Sprachlich geht es nicht darum, e<strong>in</strong>e Art „Universalmaccaronisch“ herzustellen, e<strong>in</strong>e Art<br />

General-Hybridisierung aller möglichen Sprachelemente. Vielmehr s<strong>in</strong>d Sprachen als entwickelte<br />

gesellschaftliche Formen mit ihrer je eigenen Ästhetik ebenso ernst zu nehmen, wie es darum<br />

geht, das, was <strong>in</strong> den letzten 500 Jahren <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> entwickelt wurde, <strong>in</strong> die neue Situation<br />

e<strong>in</strong>zufügen und <strong>in</strong> ihr zu verändern.<br />

Dies alles geschieht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weltsituation, die mit der Metapher der „Globalisierung“<br />

benannt wird, e<strong>in</strong>er sehr problematischen Metapher, an der immerh<strong>in</strong> aber dies e<strong>in</strong>e deutlich<br />

wird: Nicht nur <strong>Europa</strong> steht vor der Frage, was aus der Sprache und den Sprachen wird. <strong>Europa</strong><br />

allerd<strong>in</strong>gs steht vor ihr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er exemplarischen Weise. Die Antworten des Sprachdenkens<br />

werden entweder zu e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Fortschreibung des Sprachkonzepts des „Projekts Nation“<br />

ad nauseam führen, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e der Unionssprachen zur neuen „National“-Sprache proklamiert<br />

oder gemacht wird, also das Englische (vgl. Hagège 1996); oder das neue Sprachdenken wird<br />

die europäische Zone als e<strong>in</strong>e Art transnationales Experiment, als e<strong>in</strong> Sprachlabor für die<br />

Entwicklung der Sprachensituation <strong>in</strong> der Welt sehen, <strong>in</strong> dem – möglicherweise – Lösungen<br />

entwickelt werden, die auch für andere Regionen der Welt <strong>in</strong>teressant werden.<br />

Wenn es der heutigen Generation nicht gel<strong>in</strong>gt, für die <strong>Mehrsprachigkeit</strong> tatsächlich neue<br />

Modelle zu entwickeln und zu implementieren, dürfte sich mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>e<br />

weitgehende kommunikative E<strong>in</strong>sprachigkeit ergeben – vielleicht für die nächsten zwei oder drei<br />

Generationen e<strong>in</strong>e englische, für die nach ihnen folgenden vielleicht eher e<strong>in</strong>e ch<strong>in</strong>esische.<br />

In der gegenwärtigen Situation transnationaler Integrale s<strong>in</strong>d es vor allen D<strong>in</strong>gen zwei Areale, <strong>in</strong><br />

denen auf e<strong>in</strong> solches neues Sprachdenken h<strong>in</strong> gedacht werden kann: <strong>Europa</strong> und der <strong>in</strong>dische<br />

Subkont<strong>in</strong>ent. Er ist der e<strong>in</strong>zige postnationale Integralzusammenhang, der vor e<strong>in</strong>er ähnlichen<br />

Aufgabe wie das <strong>Europa</strong> steht, das im Begriff ist, se<strong>in</strong>e nationalen Konzepte mit se<strong>in</strong>en<br />

nationalen Grenzen zu überw<strong>in</strong>den.<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 29 4-12-2006 12:24:59<br />

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