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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Grund und Anlass des Sprachenlernens<br />

Immerh<strong>in</strong> gibt es aber Beispiele für die gelenkte Bee<strong>in</strong>fl ussung von Sprachen. Die<br />

Wiedere<strong>in</strong>führung des Hebräischen als Muttersprache nach 1700 Jahren ist das beste Beispiel. Man<br />

kann davon ausgehen, dass diese Sprache mittlerweile auch ohne weitere Stützungsmaßnahmen<br />

überlebensfähig ist.<br />

Sprachenaußenpolitik kann also wirken, aber sie muss sich gegen starke Konkurrenz<br />

durchsetzen. Es kommt darauf an, die richtigen Mittel zu wählen. Welcher Mittel bedient<br />

sich nun die Sprachenaußenpolitik und s<strong>in</strong>d diese Mittel überhaupt tauglich, d.h. tragen sie<br />

grundsätzlich zum Erreichen des gewünschten Ziels bei? Aus me<strong>in</strong>er Sicht gibt es zwei typische<br />

Fehler bei der Wahl der Mittel.<br />

1. Wenn man nach den Motiven für das Erlernen e<strong>in</strong>er Sprache fragt, dann wird man als Antwort<br />

rationale Begründungen bekommen. Es gibt unglaublich viele rationale Begründungen, e<strong>in</strong>e<br />

Sprache zu lernen, wie e<strong>in</strong>e Datenbank zeigt, die 700 (!) Gründe verzeichnet. 5 Wenn man<br />

sich diese Gründe ansieht, wird aber bald klar, dass es sich um Begründungen handelt, die<br />

e<strong>in</strong>e Entscheidung für andere und sich selbst nachvollziehbar machen sollen, die aber nicht<br />

entscheidungserheblich waren. Es s<strong>in</strong>d Begründungen, die im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> rechtfertigen,<br />

aber ke<strong>in</strong>e Gründe, die handlungsleitend gewirkt haben. Selbst wenn man unterstellt, dass<br />

es E<strong>in</strong>zelne gibt, die sich „wegen des möglicherweise kausalen Zusammenhangs zwischen<br />

sprachlich-kultureller Diversität und Biodiversität“ 6 zum Erlernen e<strong>in</strong>er Sprache entschließen,<br />

dann kann das wohl kaum verallgeme<strong>in</strong>ert werden.<br />

2. Bsp.: Die 700 oben genannten Begründungen verweisen eben nicht auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Sprache: „Wer Deutsch lernt, erschließt sich e<strong>in</strong>en wichtigen geistigen, wirtschaftlichen<br />

und kulturgeschichtlichen Bereich Zentraleuropas.“ (Goethe-Institut) 7 Ganz offensichtlich<br />

ist das ke<strong>in</strong> Argument, das exklusiv für Deutsch gilt, und es wird nicht begründet, warum<br />

Zentraleuropa <strong>in</strong>teressanter se<strong>in</strong> sollte als Südeuropa oder Asien. Es handelt sich vielmehr<br />

um e<strong>in</strong>e der 700 Begründungen für das Sprachenlernen. Diese Begründungen s<strong>in</strong>d aber ke<strong>in</strong>e<br />

Gründe, die zu e<strong>in</strong>er Präferenz führen, und außerdem s<strong>in</strong>d es alles rationale Gedankengänge,<br />

die zum Großteil ohne E<strong>in</strong>fl uss auf die Entscheidung des E<strong>in</strong>zelnen bleiben (siehe <strong>in</strong> Teil<br />

II.).<br />

Bedauerlicherweise ist e<strong>in</strong>e empirische Erfolgskontrolle von Sprachenaußenpolitik äußerst<br />

schwierig, weil <strong>in</strong> jeder Situation e<strong>in</strong>e Vielzahl unterschiedlicher Parameter wirken, so dass<br />

praktisch nie vergleichbare Voraussetzungen vorliegen. Wie hätte sich die Sprecher- und<br />

Lernerzahl entwickelt, wenn e<strong>in</strong>e andere bzw. ke<strong>in</strong>e Sprachenaußenpolitik gemacht worden<br />

wäre? Hätte die Sprache dasselbe Ansehen erreicht, und zwar alle<strong>in</strong> aufgrund der dah<strong>in</strong>ter<br />

stehenden Kulturgeme<strong>in</strong>schaft und deren Ansehen? Wären die Sprachkurse statt bei den<br />

offi ziellen Sprachförderern bei anderen Institutionen belegt worden?<br />

Allgeme<strong>in</strong> kann gesagt werden, dass sich die kollektiven Ursachen des Sprachenlernens<br />

weitgehend e<strong>in</strong>er Lenkung entziehen und dass die Steuerung da, wo sie möglich wäre, auf<br />

untaugliche Mittel zurückgreift. Insbesondere läuft die Sprachenaußenpolitik Gefahr, mit<br />

wirkungslosen Wünschbarkeiten zu arbeiten ohne zu wissen, was Menschen auf <strong>in</strong>dividueller<br />

Ebene überhaupt dazu br<strong>in</strong>gt, Sprachen zu lernen, und was ihre Entscheidung für die e<strong>in</strong>e und<br />

Anerkennung ihrer Sprachaußenpolitik verpfl ichten.<br />

5 http://www.llas.ac.uk/700reasons : 17.10.2006.<br />

6 Harmon (1995).<br />

7 http://www.goethe.de/<strong>in</strong>s/de/ler/deu/de<strong>in</strong>dex.htm : 17.10.2006.<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 483 4-12-2006 12:30:02<br />

483

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