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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Abstract<br />

<strong>Mehrsprachigkeit</strong> als europäische Aufgabe<br />

Konrad Ehlich, Ludwig-Maximilians-Universität München, ehlich@daf.uni-muenchen.de<br />

<strong>Europa</strong>, der Kont<strong>in</strong>ent mit der ger<strong>in</strong>gsten Sprachendichte, hat die Welt mit dem Konzept der Nationalsprachen<br />

versehen. Dieses historische Novum bedeutete e<strong>in</strong>e Umwälzung des Sprachverständnisses, deren Folgen<br />

und Tragweite bis heute nicht wirklich absehbar s<strong>in</strong>d.<br />

Das europäische Menschen- und Sprachenbild wird durch die Nationalisierung der Sprachen stark<br />

geprägt. Mit den transnationalen Veränderungen auf dem europäischen Kont<strong>in</strong>ent werden politische und<br />

gesellschaftliche Strukturen geschaffen, die für die Nationalsprachen e<strong>in</strong>e bisher kaum aufgenommene<br />

Herausforderung darstellen. Politische E<strong>in</strong>heiten jenseits des Konzepts der Nation erfordern e<strong>in</strong> Neudenken<br />

der im „Projekt Nation“ angestrebten und umgesetzten Grundkategorien. Die e<strong>in</strong>fache Vergrößerung und<br />

Projektion nationaler Optionen für transnationale kommunikative Erfordernisse („Weltsprache X“) wird<br />

diesen Herausforderungen ebenso wenig gerecht wie e<strong>in</strong> Sprachromantizismus des Rückzugs auf den<br />

nationalstaatlichen Rahmen.<br />

Unter den großen Kommunikationsräumen der Erde sehen sich <strong>in</strong>sbesondere der europäische Kont<strong>in</strong>ent<br />

und der <strong>in</strong>dische Subkont<strong>in</strong>ent durch ihre jeweilige Sprachensituation direkt mit den Herausforderungen<br />

transnationaler Kommunikation konfrontiert. <strong>Europa</strong> hat die Chance und – mit Blick auf die Welt-<br />

Kulturentwicklung – die Aufgabe, Konzepte e<strong>in</strong>er neuen, transnationalen <strong>Mehrsprachigkeit</strong> zu entwickeln<br />

und sie politisch, bildungspolitisch, wirtschaftlich und kulturell <strong>in</strong> systematischer Weise umzusetzen. Dies<br />

bedeutet nicht zuletzt e<strong>in</strong>e kritische Revision anthropologischer Grundannahmen über die Sprachlichkeit<br />

der Menschen und se<strong>in</strong>e Sprachfähigkeiten. Veränderung beg<strong>in</strong>nt im Kopf. Den verhüllt <strong>Europa</strong> freilich<br />

bisher gegenüber den Herausforderungen, vor denen es steht, mit Brüsseler „Spitzen“.<br />

A<br />

1. Welches <strong>Europa</strong>?<br />

<strong>Europa</strong> ist bekanntlich bereits von se<strong>in</strong>en Anfängen her e<strong>in</strong> schwieriger Kont<strong>in</strong>ent. Er hat zwar<br />

e<strong>in</strong>e klare Grenze nach Westen, die mit den „Säulen des Herkules“ ebenso klar benannt war. Er<br />

hat aber e<strong>in</strong>e sehr unklare Grenze nach Osten. Euroseufzer wie Enzensbergers „Ach <strong>Europa</strong>!“<br />

stellen sich da nur allzu leicht e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Europa</strong> geographisch: Schon der Ursprungsmythos <strong>Europa</strong>s, die Geschichte von jener jungen<br />

Frau, die von und auf e<strong>in</strong>em Stier <strong>in</strong> den Westen entführt wurde, zeigt deutlich die Dependenz<br />

dieses europäischen vom semitischen Raum, auch wenn das vielleicht von manchem heute<br />

ungern gehört wird. So unverkennbar s<strong>in</strong>d nun aber e<strong>in</strong>mal die geographisch-mythologischen<br />

Fakten.<br />

Die unklaren Grenzen bedeuten zugleich unklare Zentren. Man kann das nirgendwo deutlicher<br />

sehen als im Zusammenhang mit der Frage: „Was ist Mitteleuropa?“. Je nach dem Sprecher-<br />

oder Sprecher<strong>in</strong>nenstandort verschiebt sich sozusagen das Zentrum, verschiebt sich jene Mitte.<br />

Als ich <strong>in</strong> der Schule war, lernte ich, Deutschland sei Mitteleuropa. Inzwischen habe ich gelernt,<br />

dass Deutschland wohl <strong>in</strong> Westeuropa liegt und dass Mitteleuropa eigentlich erst im Osten von<br />

Deutschland anfängt und <strong>in</strong>sbesondere wohl <strong>in</strong> Österreich se<strong>in</strong> Zentrum hat.<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 17 4-12-2006 12:24:52<br />

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