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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Leonhard Voltmer<br />

Migration“. Die Mittel müssen entsprechend langfristig ausgerichtet se<strong>in</strong>, und so kl<strong>in</strong>gen auch<br />

die Werbeslogans für das Erlernen e<strong>in</strong>er Sprache. 2<br />

Fraglich ist allerd<strong>in</strong>gs, ob die auf Generationen angelegte Sprachenaußenpolitik überhaupt<br />

h<strong>in</strong>reichend E<strong>in</strong>fl uss nehmen kann, oder ob der Versuch e<strong>in</strong>er ruhigen, gesteuerten Entwicklung<br />

nicht stets von e<strong>in</strong>er schnelleren (z.B. Krieg, Migration, Globalisierung) überholt wird.<br />

2. Erfolgreiche Sprachenaußenpolitik und ihre Mittel<br />

Wird der gewünschte Erfolg der Sprachenaußenpolitik, die größere Verbreitung und der höhere<br />

Status e<strong>in</strong>er Sprache, von anderen, viel stärkeren Kräften determ<strong>in</strong>iert? Salopp ausgedrückt:<br />

Ist Globalisierung stärker als das Goethe-Institut? So provokativ formuliert ist man versucht, die<br />

Frage sofort zu bejahen, und bei e<strong>in</strong>em Blick <strong>in</strong> die Geschichte erkennt man auch sofort e<strong>in</strong>ige<br />

der Faktoren, die Sprachen enorm bee<strong>in</strong>fl ussen: Sprachen sterben aus, weil die Sprecherzahl<br />

durch (oft wenig freiwillige) Abwanderung abnimmt (Sprachen Polynesiens, Deutsch <strong>in</strong> Polen),<br />

Anderssprachige zuziehen (wie im Falle der australischen Aborig<strong>in</strong>alsprachen), die Sprecher<br />

physisch aus ihrem Sprachgebiet verdrängt werden und <strong>in</strong> anderssprachige Gebiete abwandern<br />

(Indianer <strong>in</strong> den USA), und weil sich die Sprecherzahl wegen Völkermord (Jiddisch <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>),<br />

Kolonialisierung (vorkoloniale Sprachen Südamerikas) und Zwangsassimilierung (zum Russischen<br />

<strong>in</strong> der UdSSR) stark verändert.<br />

Ganz offensichtlich ist e<strong>in</strong>e Sprachenaußenpolitik als Teil der Kulturpolitik gegenüber solchen<br />

Phänomenen machtlos, denn schließlich geht es <strong>in</strong> diesen Fällen nicht zunächst um Sprache,<br />

sondern ums Überleben. Wahrsche<strong>in</strong>lich hätte weder e<strong>in</strong>e gute Sprachenaußenpolitik noch e<strong>in</strong>e<br />

positive E<strong>in</strong>stellung E<strong>in</strong>zelner zur Sprache diese Sprachen retten können.<br />

Diese dramatisch sprachändernden Ereignisse fi nden <strong>in</strong> Zeiten statt, <strong>in</strong> denen die Kulturpolitik<br />

völlig h<strong>in</strong>ter die Machtpolitik zurücktritt. Hier gibt es deutliche Parallelen zur Verbreitung von<br />

Religionen. Es s<strong>in</strong>d nicht die freiwilligen Bekehrungen und Proselyten, die für die Verteilung der<br />

Religionen verantwortlich s<strong>in</strong>d, sondern mächtigere Gesellschaftsgruppen, die (meist gewollt,<br />

selten unbewusst) ihre Sprache und Religion, Kultur und Lebensweisen verbreitet haben. E<strong>in</strong><br />

Blick auf die Prozesse, die zur aktuellen Verbreitung der Religionen und der Sprachen <strong>in</strong> der<br />

Welt geführt haben wird auf jeden Fall zu e<strong>in</strong>er nüchterneren E<strong>in</strong>schätzung der Wirksamkeit<br />

e<strong>in</strong>er Sprachenaußenpolitik führen.<br />

Selbst wenn man Eroberungen, Kriege und Massenauswanderungen nur <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

und nicht <strong>in</strong> der Zukunft sieht, so gibt es doch auch andere Effekte, die der Sprachenaußenpolitik<br />

den Rang ablaufen können. So wird die Sprachenaußenpolitik teilweise als „künstliche Verzerrung<br />

der wahren Verhältnisse“ gesehen. 3 Die Sprachenaußenpolitik sei wie das Rudern gegen den<br />

Strom: Sie könne stärkere Effekte nur vorübergehend überlagern, sobald sie aber wegfalle,<br />

würde sich das eigentliche Gleichgewicht e<strong>in</strong>stellen. 4<br />

2 Gründe des Goethe- Instituts, der deutschen Botschaft Rom und des DAAD, Deutsch zu lernen:<br />

Goethe-Institut Deutsch macht mobil - Warum Deutsch? http://www.goethe.de/<strong>in</strong>s/it/lp/prj/dmm/per/de<strong>in</strong>dex.htm<br />

: 17.9.2006; http://www.rom.diplo.de/Vertretung/rom/de/06/Deutsche__Sprache/Deutsche__Sprache.html<br />

http://www.rom.diplo.de/Vertretung/rom/de/06/Deutsche__Sprache/teaser1__gruende__seite.html : : 17.9.2006.<br />

http://www.europa.eu.<strong>in</strong>t/comm/education/policies/lang/languages/lang/europeanlanguages_de.html - 16.02.2004.<br />

3 Das Argument hat durchaus etwas für sich, auch wenn das Beispiel der „Überproduktion von Russischkenntnissen<br />

<strong>in</strong> Osteuropa“ bei Coulmas (1997: 20) nicht überzeugen mag, denn auch der tatsächliche Bedarf hat sich seit dem<br />

Mauerfall <strong>in</strong> Osteuropa geändert. Zu Sowjetzeiten war der Nutzen von Russischkenntnissen <strong>in</strong> allen Bereichen, vom<br />

Reisen bis zur berufl ichen Karriere, durchaus hoch.<br />

4 Dieses Argument trifft vor allem solche Maßnahmen zu, die grundsätzlich tauglich se<strong>in</strong> könnten, wie z.B. die E<strong>in</strong>führung<br />

von verpfl ichtendem Fremdsprachenunterricht <strong>in</strong> der Schule, zu der sich etwa zwei Staaten <strong>in</strong> der gegenseitigen<br />

482<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 482 4-12-2006 12:30:01

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