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Mehrsprachigkeit in Europa: Plurilinguismo in Europa ... - EURAC

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Zum Faktor Motivation beim Erlernen von Tertiärsprachen<br />

muss bei Dom<strong>in</strong>anzen zwischen Sprachproduktion und Sprachrezeption sowie den erreichten<br />

Sprachkompetenzen unterschieden werden.<br />

Sicherlich aber bestätigen die vorliegenden Studien den Stellenwert dieses affektiven Faktors<br />

und werfen für die Neurowissenschaft hoch<strong>in</strong>teressante Fragen auf, vor allem ob sich die Stärke<br />

von Motivation oder Emotionen direkt auf die Heraus- oder Umbildung neuronaler Netzwerke<br />

auswirkt, die sich nachweislich solchen Anstrengungen vehement widersetzen (vgl. Roth 2003,<br />

Hüther 2004). Auch wenn man im Moment noch nicht weiß, wie sie sich vollziehen, mag es als<br />

sicher gelten, dass Umstrukturierungen unserer e<strong>in</strong>mal entstandenen Denk- und Gefühlswelt<br />

e<strong>in</strong>en beträchtlichen (auch stoffwechselphysiologischen) Energieaufwand erfordern, den e<strong>in</strong><br />

Individuum nur aufbr<strong>in</strong>gt, wenn das zu erreichende Ziel als wesentlich für die eigene Person<br />

empfunden wird und diese folglich emotional stark <strong>in</strong>volviert ist.<br />

Von größter Relevanz <strong>in</strong> dem Zusammenhang ist die noch umstrittene Frage nach den<br />

Altersgrenzen. Diese – so e<strong>in</strong>ige - gebe es allgeme<strong>in</strong> gesprochen nicht, allerd<strong>in</strong>gs sei dem<br />

Lernzuwachs auf phonologischer und morphologischer Ebene e<strong>in</strong> Limit gesetzt, das für die<br />

Pragmatik oder das Lexikon nicht gelte (vgl. Zappatore 2003: 63, dagegen Grotjahn 1998:48ff.).<br />

Neurol<strong>in</strong>guistisch wird der Verlust der Fähigkeit zum Erwerb e<strong>in</strong>er akzentfreien Aussprache<br />

häufi g physiologisch mit dem Schw<strong>in</strong>den der zerebralen Plastizität begründet, demnach sei bei<br />

beg<strong>in</strong>nender Pubertät e<strong>in</strong> deutlicher E<strong>in</strong>schnitt zu setzen (vgl. Grotjahn 1998:48) Der „zentrale<br />

Faktor“ Alter muss aber auch h<strong>in</strong>sichtlich recht unterschiedlicher Ausspracheleistungen bei<br />

Gleichaltrigen unter wahrnehmungspsychologischen Aspekten gesehen werden (vgl. Grotjahn<br />

1998: 38, 50f.). Speziell <strong>in</strong> Bezug auf Hochschulabsolventen bemerkt Rüdiger Grotjahn:<br />

Viele Lerner s<strong>in</strong>d mit fortschreitendem Alter und gleichzeitig zunehmender Herausbildung<br />

e<strong>in</strong>er an die Muttersprache gebundenen sozialen Identität immer weniger zu e<strong>in</strong>er<br />

Identifi kation mit der Zielsprache bereit (…) Universitäre Fremdsprachenlerner z.B.<br />

reagieren im Gegensatz zu sehr jungen Lernern speziell im prosodischen Bereich nicht<br />

selten mit Abwehr oder zum<strong>in</strong>dest mit Unbehagen, wenn von ihnen verlangt wird, von<br />

der Muttersprache stark abweichende zielsprachliche Lautungen zu produzieren. (Grotjahn<br />

1998: 60)<br />

E<strong>in</strong>e relativ fremd kl<strong>in</strong>gende Sprache wie das Deutsche mit vermehrt auftauchenden<br />

Schwierigkeiten bei ihrer lautlichen Reproduktion wird den italienischen Muttersprachler<br />

daher vermutlich eher vom Erlernen abschrecken oder zum<strong>in</strong>dest im E<strong>in</strong>zelfall den Lerner dazu<br />

anhalten, die Fremdheit als unüberw<strong>in</strong>dliche Grenze wahrzunehmen, die sich im Vergleich zu<br />

den vorher gelernten und vertrauter kl<strong>in</strong>genden Sprachen und durch das Zusammenwirken von<br />

physischen und psychischen Faktoren noch verhärtet:<br />

Die Interferenz der Muttersprache und früher gelernten Fremdsprachen ist im Bereich<br />

der Aussprache besonders stark und langlebig, weil neben der Gedächtnisleistung<br />

physische (motorische) und psychische Faktoren wirksam werden. (…) Es müssen neue<br />

Sprechbewegungen erlernt und automatisiert werden, was außerordentlich schwierig<br />

ist, weil sie <strong>in</strong> der Muttersprache unbewusst und hochautomatisiert ablaufen. Es müssen<br />

Hemmungen abgebaut werden, die von der eigenen, vertrauten Sprechweise teilweise<br />

sehr abweichenden Laut- und Informationsformen hervorzubr<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>e veränderte<br />

sprecherische Identität anzunehmen. (Hirschfeld 1997: 69)<br />

Multil<strong>in</strong>gualism.<strong>in</strong>db 119 4-12-2006 12:26:14<br />

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