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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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Diesem Verantwortungsgefühl sah sich Feder stets verpflichtet, <strong>und</strong> er sollte es<br />

auch nicht unter den widrigsten wirtschaftlichen Bedingungen während des Exils<br />

preisgeben. Diese Verantwortung war es auch, die seiner in den Artikeln geäußerten<br />

Meinung ein besonderes Gewicht verlieh <strong>und</strong> ihn zu einer wichtigen innenpolitischen<br />

Stimme in der Weimarer Republik werden ließ. Er selbst engagierte sich<br />

politisch in der Deutschen Demokratischen Partei, deren Vorsitzender der Ortsgruppe<br />

Berlin-Mitte er einige Jahre war. Bereits sehr früh aber nahm Feder <strong>das</strong> Abdriften<br />

der Partei nach rechts wahr <strong>und</strong> prangerte dies an. Der aus der Vereinigung<br />

mit der Volksnationalen Reichsvereinigung hervorgegangenen neuen Deutschen<br />

Staatspartei schloss er sich, wie viele andere jüdische Parteimitglieder des<br />

linken Flügels, nicht mehr an.<br />

„Finis Germaniae….“ – Der Exilant Ernst Feder<br />

Feder war ein typischer Vertreter der gebildeten bürgerlichen assimilierten<br />

jüdischen Oberschicht. Tief in der deutschen Kultur verwurzelt <strong>und</strong> eng mit dem<br />

deutschen Staat verb<strong>und</strong>en, blieb er doch zugleich ein aufrechter Jude, der dem<br />

Judentum nie den Rücken kehrte. So leistete er als scharfsinniger Beobachter der<br />

politischen Entwicklungen <strong>und</strong> Journalist seinen Beitrag zum Kampf um den Erhalt<br />

der Errungenschaften der jüdischen Emanzipation <strong>und</strong> die Bewahrung der<br />

demokratischen Staatsordnung der Weimarer Republik. Dieser Kampf erwies sich<br />

letztlich jedoch ungeachtet der Warnungen mancher klugen <strong>und</strong> weitsichtigen<br />

Köpfe wie Feder als vergeblich <strong>und</strong> der Nationalsozialismus trug den Sieg davon.<br />

Und als der Journalist am 30. Januar 1933 von einem amerikanischen Kollegen<br />

nach seinem Urteil der politischen Ereignisse gefragt wurde, antwortete er schlicht:<br />

„Finis Germaniae…“ (SILVEIRA 1943).<br />

Er war realistisch genug, die nötigen Konsequenzen zu ziehen, <strong>und</strong> sich nicht,<br />

wie zu Anfang der Großteil der deutschen Juden, der Illusion hinzugeben, <strong>das</strong>s<br />

alles nicht so schlimm werden würde. Bald nach Hitlers Machtübernahme floh<br />

Feder im September über die Schweiz nach Paris, <strong>das</strong> in den nächsten Jahren bis<br />

zum Sieg der deutschen Truppen im Juni 1940 zu einem wichtigen Zentrum der<br />

deutschsprachigen Emigration werden sollte. Mit Hilfe der alten Kontakte zu den<br />

französischen Kollegen <strong>und</strong> der Société d’histoire moderne et contemporaine, deren<br />

Mitglied Feder war, gelang es ihm, trotz der schwierigen Situation als freier Journalist<br />

beruflich neuerlich Fuß zu fassen. Er hielt Vorträge, u. a. an der Sorbonne-<br />

Universität <strong>und</strong> unterstützte durch seine Kontakte die Schaffung von Exilzeitungen,<br />

darunter <strong>das</strong> Pariser Tageblatt. Zudem nutzte er seine Beziehungen, um als Anwalt<br />

<strong>Flüchtlinge</strong>n <strong>und</strong> Exilanten behilflich zu sein <strong>und</strong> sich für deren Belange einzusetzen.<br />

In diesem Sinn gehörte er auch zeitweilig der 1933 gegründeten Hilfsorganisation<br />

Deutsche Kommission an (FRANKE, 2000, S. 187/188). Als die Feders 1938<br />

offiziell von Deutschland ausgebürgert wurden, war Frankreich bereits zu einer<br />

neuen Heimat für sie geworden.<br />

Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen jedoch wurde auch die mühsam<br />

neu aufgebaute Existenz in Paris abermals zunichte gemacht. Feders Besitz <strong>und</strong><br />

Wohnung wurden bald nach der Besetzung von Paris von den Nationalsozialisten<br />

konfisziert. Am meisten schmerzte ihn der Verlust seiner Bibliothek. Aber viel

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