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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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dazu führe, <strong>das</strong>s die farbige Bevölkerung <strong>das</strong> Vorurteil verinnerliche, keine Fehler<br />

begehen zu dürfen <strong>und</strong> in allem besser <strong>und</strong> vorbildlicher als die Weißen ihrer<br />

sozialen Stufe sein zu müssen. Hinzu komme noch die bereits erwähnte Überlagerung<br />

von ethnischen <strong>und</strong> sozialen Trennlinien <strong>und</strong> der mit ihnen verb<strong>und</strong>enen<br />

Vorurteile, aufgr<strong>und</strong> derer sich in Brasilien keine ethnische Solidarität im Kampf<br />

um Zugang zum gesellschaftlichen Aufstieg herausbilden könne.<br />

Es ergibt sich sogar, <strong>das</strong>s gerade die Milde des Vorurteils, so günstig sie,<br />

verglichen mit Nordamerika, für die brasilianische Gesellschaft als Ganzes<br />

sein mag, der farbigen Bevölkerung nicht unbedingt zum Vorteil gereicht.<br />

Die Diskretion des Vorurteils lässt eine Solidarität unter den Farbigen<br />

nicht aufkommen <strong>und</strong> beraubt sie durch den dauernden Entzug<br />

aufsteigender Mulatten <strong>und</strong> Neger, die sich alsdann vollkommen mit den<br />

Weissen zu identifizieren suchen, gerade ihrer besten Elemente. (167)<br />

Diesen anhand der Figur des überkorrekten, in der übertriebenen Anpassung<br />

seine Unterwerfung ausdrückenden „mulato pernóstico“ (171) greifbaren<br />

Mechanismus illustriert Rosenfeld nun bezeichhnender Weise <strong>und</strong> unter Rückgriff<br />

auf die klassische Studie O negro no futebol brasileiro von Mário Filho aus<br />

dem Jahr 1947 anhand der Geschichte des Fußballs <strong>und</strong> des schwierigen <strong>und</strong><br />

umkämpften Einzugs der farbigen Spieler in den ursprünglich „europäischen“<br />

<strong>und</strong> elitären, daher „weißen“ Sport:<br />

Überdies muss der in den Mittelstand aufsteigende Farbige in einer Gesellschaft,<br />

die keine Kastentrennung kennt, mit dem Weissen um „einen<br />

Platz an der Sonne“ kämpfen [...]; <strong>und</strong> in diesem Kampf ist der Farbige<br />

natürlich in relativ ungünstigerer Position – er kämpft mit Zwölfunzenhandschuhen<br />

gegen einen Gegner mit Vierunzenhandschuhen. Brasilianischer<br />

ausgedrückt: er muss sich im Lebenskampf so benehmen, wie<br />

die ersten farbigen Fussballspieler im Kampf um den Ball. (167)<br />

Und <strong>das</strong> bedeutete oftmals, behutsamer zu spielen, den Ball nur mit fairen<br />

Mitteln zu erobern <strong>und</strong> in der Verteidigung auf Fouls zu verzichten, den weißen<br />

Gegenspieler dann „durchbrechen [zu] lassen <strong>und</strong> zurück[zu]bleiben“ (ebd.). Im<br />

letzten Extrem bringe diese Dynamik der „Milde“ <strong>und</strong> „Flexibilität“ des Rassismus in<br />

Brasilien einen verinnerlichten Selbsthass vor allem der sozial nicht aufgestiegenen<br />

der Schwarzen hervor (168), deren Spiegelbild auf der Gegenseite <strong>das</strong> die<br />

Konflikte ausblendende Ausweichen auf vermeintlich unverfängliche Bezeichnungen<br />

der Hautfarbe darstelle – etwa die Vorliebe für <strong>das</strong> Wort „moreno“ <strong>und</strong> die<br />

als „morena“ bezeichnete „dunkle weiße Frau“ als nationales Schönheitsideal –<br />

welches die bestehenden Vorurteile nur noch weiter verfestige. So ziehe sich durch<br />

die brasilianische Gesellschaft zwischen den Klassen <strong>und</strong> Hautfarben ein bis zur<br />

Hypersensibilität gesteigertes „epidermisches Feingefühl“:<br />

Angesichts der Sensibilität der Farbigen hat auch der Weisse eine spezifische<br />

Sensibilität entwickelt, <strong>und</strong> dieses epidermische Feingefühl hat<br />

sich in hohem Grade der Umgangskultur der bürgerlichen Klassen<br />

mitgeteilt. Charakteristisch ist die Tatsache, <strong>das</strong>s man die Wörter

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