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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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Fremde, weil man dort viele der alten Fre<strong>und</strong>e, Bekannten <strong>und</strong> Kollegen, die<br />

Deutschland ebenfalls hatten verlassen müssen, wieder sah <strong>und</strong> weil man die<br />

französische Sprache beherrschte. Indem Feders Tagebücher aus jener Zeit neben<br />

der Schilderung der persönlichen Situation auch ausführlich auf <strong>das</strong> Schicksal<br />

anderer Emigranten <strong>und</strong> die Stimmung in diesen Kreisen eingehen, stellen sie<br />

ebenso wie für die Jahre der Weimarer Republik <strong>und</strong> die Innensichten in <strong>das</strong><br />

Berliner Tageblatt auch für <strong>das</strong> deutschsprachige Exil in Paris <strong>und</strong> die dort entstandene<br />

Exilpresse ein wichtiges Werk dar. Nicht ohne Gr<strong>und</strong> sah auch Julia Franke<br />

in ihnen eine exemplarische Darstellung des Alltags in der „neuen Heimat“ <strong>und</strong><br />

setzte Feder als Chronist ein, der den Leser mit seinen Erfahrungen <strong>und</strong> Eindrücken<br />

durch <strong>das</strong> Buch begleitet <strong>und</strong> ihm einen authentischen Einblick in die<br />

deutsch-jüdische Emigration in Paris vermitteln soll. 6<br />

Was für die französische Exilzeit zutrifft, gilt umso mehr für <strong>das</strong> „Brasilianische<br />

Tagebuch“, wobei seine Bedeutung als historisches Dokument eine vielfach höhere<br />

ist. Denn anders als im Fall des Pariser Exils ist die Anzahl der Selbstzeugnisse<br />

dieser Art für die deutschsprachige Emigration nach Brasilien relativ gering. Hinzu<br />

kommt, <strong>das</strong>s Feder wie schon in Paris auch in Rio de Janeiro vielen Emigranten<br />

von seiner journalistischen Arbeit in Berlin her bekannt war <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

schon bald über weit reichende Kontakte zu einflussreichen, brasilianischen Politikern<br />

<strong>und</strong> Intellektuellen verfügte. Er diente deshalb vielen seiner Schicksalsgenossen<br />

als Vertrauensperson <strong>und</strong> Gesprächspartner in diesem für alle so fremden<br />

Land, wussten sie doch um seine Integrität <strong>und</strong> erhofften Rat <strong>und</strong> Hilfe von<br />

ihm. Feders „Brasilianisches Tagebuch“ spiegelt infolgedessen <strong>das</strong> Panorama der<br />

gesamten deutschsprachigen Emigration wider <strong>und</strong> ist daher eine Quelle einzigartigen<br />

Wertes, der leider bis jetzt in dieser Hinsicht noch keine Aufmerksamkeit<br />

zuteil wurde. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, die 15 Jahre <strong>und</strong><br />

mehr als 2000 Seiten umfassenden Tagebücher aus der Brasilienzeit in der gesamten<br />

Brandbreite ihres Themenspektrums vorzustellen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollen<br />

nur einige bezeichnende Aspekte zur Sprache kommen, die dem Leser ein Bild<br />

von Feders Neuanfang dort sowie den Problemen <strong>und</strong> Herausforderungen, mit<br />

denen sich die deutschen Emigranten in dem südamerikanischen Land konfrontiert<br />

sahen, vermitteln können.<br />

Zeugnis eines Neuanfangs – Feders „Brasilianisches Tagebuch“<br />

Zauberhaft ist der Anblick, wie in der dunklen Nacht <strong>das</strong> Schiff in<br />

majestätischer Ruhe in die riesige Baia de Guanabara hingleitet, während<br />

sich die zauberhafte, unwirklich scheinende Illumination der Tausende<br />

<strong>und</strong> Tausende [sic] von elektrischen Lampen rechts <strong>und</strong> links<br />

entfaltet. Es ist als ob die Riesenstadt sich auf unseren Empfang vorbereitet<br />

hat, <strong>und</strong> unwahrscheinlich ist der Gedanke, <strong>das</strong>s hier Nacht um<br />

Nacht sich ohne jede Einschränkung solch ein Lichterglanz von Bergen<br />

6. Vgl. FRANKE 2000. Walter F. Peterson hat für seine Untersuchung The Berlin liberal press in<br />

Exile: a history of the Pariser Tageblatt - Pariser Tageszeitung, 1933 – 1940 (Tübingen 1987)<br />

ebenfalls auf Feders Tagebücher zurückgegriffen.<br />

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