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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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tiger Faktor, scheint keinen wesentlichen Einspruch erhoben zu haben.<br />

Es muss sogar hervorgehoben werden, <strong>das</strong>s zahlreiche Patres zur Verbreitung<br />

des neuen Spiels entscheidenden Anstoß gaben. (151)<br />

Die ersten vornehmen Vereine gründen sich in großer Zahl, <strong>das</strong> Spiel wird zum<br />

Element der guten Gesellschaft <strong>und</strong> Instrument für die Pflege eines antikolonialen<br />

Nationalgefühls. Doch unaufhaltsam demokratisiert sich <strong>das</strong> Spiel, Angehörige<br />

der unteren <strong>und</strong> armen Schichten, Arbeiter <strong>und</strong> vor allem auch Schwarze erkämpfen<br />

sich schrittweise den Zugang zum Sport <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen<br />

sozialen Aufstieg. Der 1904 gegründete Bangu Athletic Club wirkte in dieser Hinsicht<br />

als Vorreiter, dessen Mannschaft sich erstmals systematisch aus Spielern aus<br />

der eigenen Arbeiterschaft vor Ort rekrutierte. Der Kampf um den Einzug der<br />

Massen in den Fußball war verflochten mit der Professionalisierung des Sports.<br />

Dieser Prozess prägte die brasilianischen Verbandsstrukturen <strong>und</strong> sorgte für tief<br />

greifende Umwälzungen:<br />

Die Entwicklung zum Berufsfußball in Brasilien ist ein klassisches Beispiel<br />

für die unentrinnbare Gravitation eines Ablaufs, der mit dem<br />

Spiel als einem Massenspektakel verb<strong>und</strong>en ist. Je größer die Mengen<br />

waren, die <strong>das</strong> Fußballspiel anzog, desto mehr hing die Beliebtheit <strong>und</strong><br />

Bedeutung eines Klubs von der Leistung seiner Fußballmannschaften<br />

ab. Diese wurden zum Schaufenster der Vereine, die, als gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> allgemein sportliche Institutionen, immer größere wirtschaftliche<br />

Interessen konzentrierten. Auf die „Klasse“ der Spieler Rücksicht<br />

zu nehmen – es wäre denn in einem rein sportlichen Sinne – wurde<br />

schließlich ein quichotteskes Unterfangen. (155)<br />

Auf diese Weise wurde die Geschichte des Fußballs sowohl auf dem Platz als auch<br />

hinter den Kulissen zu einem sehr charakteristischen <strong>und</strong> aussagekräftigen Abbild der<br />

allgemein in der Gesellschaft ablaufenden Machtkämpfe <strong>und</strong> Transformationen:<br />

Spielend stieg die niedere Klasse in die erste Division auf, <strong>und</strong> in diesem<br />

äußerst ernsten <strong>und</strong> erbitterten Spiel spiegelt sich ein sozialer<br />

Prozess von enormer Tragweite; ein Prozeß, der in vielen Gesellschaften<br />

<strong>und</strong> Perioden tatsächlich im Spiel <strong>und</strong> Wettkampf seinen entscheidenden<br />

Austrag gef<strong>und</strong>en hat. (ebd.)<br />

Im Zuge seiner Wandlung zu einem Massensport <strong>und</strong> Massenspektakel <strong>und</strong><br />

damit verb<strong>und</strong>enen wirtschaftlichen wie allgemein gesellschaftlichen Interessen<br />

wird der Fußball somit zu einem herausragenden Tor zum gesellschaftlichen Aufstieg<br />

ungeachtet der Herkunft oder Hautfarbe des Spielers. 11 Diese Transformation<br />

festigt sich schließlich mit der Professionalisierung des Sports 1933, auf welche<br />

in den folgenden Jahren erste internationale Karrieren brasilianischer Spieler (vor<br />

allem in Italien) einsetzen (vgl. dazu CALDAS 1997).<br />

11. Dieser Mechanismus ist nicht nur bis heute weiter wirksam, sondern hat mit der zunehmenden<br />

Kommerzialisierung <strong>und</strong> Globalisierung des Spiels noch systematischere Ausmaße angenommen.<br />

Siehe dazu die in dieser Hinsicht sehr gute Reportage „Die Spielerfabrik“ von<br />

Henrik Jönsson (JÖNSSON 2006) über die Jugendarbeit <strong>und</strong> Talentsuche in Brasilien.

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