Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

Vermutlich wurden Vespucci und seine Berichterstatter von Ptolomäus
beeinflusst, der ca. 150 Jahre nach Christi Geburt in seinem erst im Mittelalter
wieder entdeckten Lehrbuch Almagest auch nur vier Sterne eines Kreuzes innerhalb
des Sternbildes Zentaur beschrieben haben soll.
Dass Ptolomäus, ein Grieche, 1400 Jahre vor Mestre João in Alexandria ein
Sternbild mit dem griechischen Namen Zentaur sehen und benennen konnte,
lag an der für Laien erstaunlichen Tatsache, dass die Konstellation Zentaur und
der Skorpion zu dieser Zeit noch über dem Äquator sichtbar waren. Sie haben
sich im Laufe der Jahrhunderte aufgrund der Verschiebung der Erdachse, der
Präzession, scheinbar nach Süden verschoben, wie Mourão im ausführlichen
Anhang zu seiner umfangreichen Studie A astronomia na época dos descobrimentos
im „Dicionário dos Descobrimentos“, beim Stichwort Cruzeiro do Sul bestens
erklärt (MOURÃO 2000, S. 336-337).
Warum aber bezog Mestre João im Gegensatz zu der bis dahin unbestrittenen
Autorität des Claudius Ptolomäus den fünften Stern mit in das Bild des Kreuzes ein?
Offensichtlich ein Problem der Wahrnehmung: Man sieht, was man sehen will
oder gewohnt ist, zu sehen.
As Quinas, die fünf Schilde
Mestre João war vermutlich Spanier, ohne Zweifel aber im Dienste des portugiesischen
Königs Manuel II., dem nach dem Vertrag von Tordesillas die eine Hälfte der
Weltkugel ‚gehörte‘ (mit dem echten Indien und den später so genannten Philippinen,
wo bereits der Islam Fuß gefasst hatte). Die Schiffe der zweiten Indien-Flotte
waren alle mit der Fahne des Ordem de Cristo geschmückt: schlankes rotes Kreuz auf
weißem Grund. Wie oben erwähnt, wurde eine solche Fahne am 26. April in der
„Neuen Welt“ aufgestellt, für die kleine Messe am Sonntag nach Ostern, dem „Weißen
Sonntag“ („Domingo de Pascoela“), und danach für die erste große katholische Messe
am 1. Mai 1500 zusammen mit dem großen Holzkreuz, zum Abschied vor der Weiterreise
am nächsten Tag und als Zeichen der offiziellen Besitznahme dieses Landes für
Portugal. Damit ersetzte dieses Holzkreuz den bis dahin entlang der afrikanischen
Küste üblichen, kreuzförmigen „Padrão“, den portugiesischen Markierungsstein. Es ist
zu vermuten, dass die christliche Fahne die Flotte weiter bis nach Indien begleitete
(ARROYO 1976, S. 50-51, 61; cf. das Gemälde A Primeira Missa, von Victor Meirelles,
1861, wo jedoch ein Pater eine Fahne mit undeutlichem Emblem hält; hierzu
SCHWAMBORN 2000 und Victor Meirelles, Wikepedia, Stand: 23.06.2007).
Aber hinter dieser Fahne des Christusordens stand seit hunderten von Jahren,
seit ca. 1200, die Fahne der portugiesischen Könige: Die Fahne mit den Quinas,
den von Anfang an blauen fünf Schilden in Kreuzform, umgeben von allmählich
auf sieben reduzierten gelben Türmen, auf zunächst weißem, zuletzt dann auf
grünrotem Hintergrund (s. Farbtafel). Eine volkstümliche Erklärung für dieses „uralte“
Emblem: Die sieben Türme symbolisierten die Burgen, die D. Afonso III von
den Mauren 1249 zurückerobert habe, die fünf Schilde sollen für die fünf Wunden
Christi stehen (cf. MEDINA 2006, S. 86f) (s. Farbtafel). Dieses im Grunde
1. Etwa: „Amerigo Vespucci, wie er in stiller Nacht das Kreuz mit vier Sternen betrachtet.“
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