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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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status von henselii nachweisen <strong>und</strong> damit den Namen Eleutherodactylus henselii (s.<br />

Farbtafel Foto Nr. 7) revalidieren (KWET / SOLÉ 2005). Es handelt sich um zwei so<br />

genannte kryptische Arten, die aufgr<strong>und</strong> äußerer Merkmale nicht voneinander zu<br />

unterscheiden sind, aber eben völlig unterschiedliche Paarungsrufe besitzen. Beide<br />

Pfeiffrösche sind offenbar eng miteinander verwandt <strong>und</strong> zählen zu der bis vor<br />

kurzem mit über 400 Arten größten aller Wirbeltiergattungen, Eleutherodactylus –<br />

dies hat sich durch die Aufsplittung in mehrere kleinere Gattungen im Rahmen<br />

des schon erwähnten, umstrittenen Amphibienstammbaums von Frost et al. (2006)<br />

nun allerdings geändert.<br />

Die Fortpflanzung der Eleutherodactylus-Arten läuft ganz anders ab als bei<br />

dem in den gemäßigten Zonen Europas <strong>und</strong> Südamerikas häufigsten<br />

Reproduktionsschema, d. h. Ablage der Eier <strong>und</strong> Entwicklung der Larven im<br />

Gewässer. Stattdessen verläuft bei diesen Pfeiffröschen die gesamte Entwicklung,<br />

von der befruchteten Eizelle bis zum fertigen Jungfrosch, einem winzigen Abbild<br />

der Eltern, innerhalb der Eihülle. Gerade diese Strategie einer so genannten<br />

direkten Entwicklung ist in den Tropen sehr häufig <strong>und</strong> stellt einen äußerst effektiven<br />

Fortpflanzungsmodus dar, denn die Frösche sind somit unabhängig von<br />

offenen Gewässern. Der Nachwuchs entgeht damit auch den vielfältigen, im<br />

Wasser lauernden Gefahren durch Fische, Libellenlarven, Wasserkäfer oder<br />

Wasserwanzen, <strong>und</strong> gerade die Larvenphase ist ja der am stärksten durch Feinde<br />

gefährdete Abschnitt im Lebenszyklus eines Froschlurches. Und auch die<br />

Gefahren, die für ausgewachsene Frösche durch <strong>das</strong> Ablaichen im Wasser auftreten,<br />

sind nicht zu unterschätzen. Speziell in Südbrasilien legen die häufigen<br />

F<strong>und</strong>e der von riesigen Wasserwanzen (Familie Belostomatidae) ausgesaugten<br />

Überreste von Fröschen – blasse, an der Wasseroberfläche treibende Hauthüllen<br />

– ein makabres Zeugnis ab (s. Farbtafel Foto Nr. 8).<br />

Das eigenartige Exemplar eines Hornfrosches, den Hensel (1867a) in seiner<br />

Publikation noch als Ceratophrys boiei? bezeichnet hatte – also mit Fragezeichen,<br />

da er sich der Unterschiede zu jener Art durchaus bewusst war –, wurde<br />

später ebenfalls als eigenständig erkannt <strong>und</strong> von Peters (1872) mit dem Namen<br />

Proceratophrys bigibbosa (s. Farbtafel Foto Nr. 6) belegt. Ein Jahrh<strong>und</strong>ert später<br />

entdeckte der Herpetologe Pedro Canisio Braun (1973a) noch eine zweite, eng<br />

verwandte Art aus dieser Gattung der Urhornfrösche, die er als Proceratophrys<br />

cristinae beschrieb. Wie unsere Untersuchungen bestätigten, leben in der Region<br />

der Bergwälder von Rio Grande do Sul tatsächlich zwei Arten Urhornfrösche<br />

(KWET 2001a). Ein direkter Vergleich des von Hensel gesammelten <strong>und</strong> lange<br />

als verschollen geltenden Holotyps von P. bigibbosa mit den neu entdeckten<br />

Exemplaren ergab allerdings, <strong>das</strong>s Braun (1973a) die beiden Spezies verwechselt<br />

<strong>und</strong> unglücklicherweise die neu entdeckte Art für den schon bekannten<br />

P. bigibbosa gehalten hatte. Jene Art, die seit über 100 Jahren bekannt war, hatte<br />

er dagegen unter dem Namen P. cristinae nochmals beschrieben. Wir mussten<br />

den ungültigen Namen daher einziehen (synonymisieren) <strong>und</strong> beschrieben stattdessen<br />

– Pedro Braun zu Ehren – Proceratophrys brauni neu (KWET / FAIVOVICH<br />

2001; s. Farbtafel Foto Nr. 9). Die Entdeckung des ersten Exemplars dieser Art,<br />

<strong>das</strong> ich zu Gesicht bekam, zeigt, <strong>das</strong>s in der Wissenschaft manchmal auch Zufälle<br />

eine Rolle spielen: Dieses Individuum wurde nämlich, leicht ‚angedaut‘, von

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