Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

tet. Letztere trägt nun zu Ehren meines verstorbenen brasilianischen Kollegen
Adão Cardoso den Namen Pseudis cardosoi (KWET 2000; s. Farbtafel Foto Nr. 3).
Ähnlich verhält es sich bei zwei eigenartigen Engmaulfröschen aus der Familie
Microhylidae, die wir als Ameisen- und Termitenfresser außerhalb der Paarungszeit
nur unterirdisch antreffen (SOLÉ et al. 2002): im Flachland der gelbbäuchige,
weit verbreitete Elachistocleis bicolor (s. Farbtafel Foto Nr. 13) und im Hochland
eine bläulich und orange gefärbte Art mit rotem Bauch. Diesen auf dem
Araukarienplateau endemischen Frosch beschrieben wir (KWET / DI BERNARDO
1998) nach seinem kennzeichnenden Merkmal, eben dem roten Bauch, als
Elachistocleis erythrogaster neu (griechisch: erythros = rot, gaster = Bauch).
Deutsche Siedler und Forscher in Santa Catarina: Die Anfänge
Nachdem im Herbst 1828 zwei Schiffe mit insgesamt 635 Immigranten (insbesondere
Bauern, Handwerker und Soldaten aus der Moselregion von Hunsrück
und Eifel) in Desterro, der heutigen Hauptstadt Florianópolis, angelandet waren,
wurde am 1. März 1829 im Vale do Rio Imaruim mit São Pedro de Alcântara dann
auch im Nachbarstaat Santa Catarina die erste deutsche Kolonie gegründet. Die
weitere Besiedelung Santa Catarinas verlief bekanntlich zunächst schleppend, bis
der Apotheker Dr. Hermann Blumenau (1819-1899) aus Hasselfelde im Harz, motiviert
durch Alexander von Humboldt, 1846 für zwei Jahre nach Südbrasilien
reiste 2 und vier Jahre später, gefördert durch den Hamburger Kolonisationsverein,
mit 17 weiteren Kolonisten die nach ihm benannte Stadt gründete, die heute
unter den erfolgreichsten Industriestädten Brasiliens rangiert. Ebenfalls gefördert
vor allem durch den Hamburger Kolonisationsverein schlossen sich dann in kurzer
Folge Gründungen weiterer deutscher Siedlungen an: Am 9. März 1851 z. B.
die Colônia Dona Francisca, das heutige Joinville und mit einer halben Million
Einwohner mittlerweile die größte Stadt in Santa Catarina, oder dann São Bento
do Sul, Brusque, Pommerode; heute sind etwa 35 % der Bewohner Santa Catarinas
deutschen Ursprungs.
Nach Blumenau kam 1852 auch einer der bedeutendsten deutschen Biologen,
Johann Friedrich Theodor Müller, genannt Fritz Müller (1821-1897), der
begabte und vielseitig interessierte Biologe (nach dem z. B. die Müllersche Mimikry
benannt ist), der ja mit Charles Darwin in regem Briefkontakt stand (welcher
ihn als „den Fürsten der Beobachter“ bezeichnete) und der später längere Zeit
auch als Lehrer in Desterro (Florianópolis) lebte. In einem seiner Briefe an Darwin
vom 21. Januar 1879 findet sich die erste Erwähnung und bildliche Darstellung
der faszinierenden Brutpflege innerhalb der Gattung Flectonotus (ZILLIG
1997, S. 214; s. Farbtafel Foto Nr. 14), also noch vor der ersten offiziellen Erwähnung
dieser hochspezialisierten Fortpflanzungsstrategie durch Boulenger (1895).
Bei diesen in Südostbrasilien lebenden, so genannten Rückenbrüterfröschen,
die Fritz Müller noch als Hylodes? bezeichnete und die von vielen heutigen
Herpetologen auch in die eigene Gattung Fritziana gestellt werden, entwickelt
sich der Nachwuchs nämlich in der verdickten, zu einer ringförmigen Falte auf-
2. Für nähere Informationen zu den Umständen und Ergebnissen dieser Reise s. z. B. RICHTER 2006.
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