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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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6. Guimaraes [A Gazeta]: Artikel kam wieder nicht, führt es auf Desorganisation<br />

wegen neuen Formats zurück, lässt mir Honorar auszahlen!<br />

7. Mucio Leão [A Manhã]: beglückwünsche ihn zu den Heine-Publikationen,<br />

erzähle ihm Allerlei [sic] darüber, will ihn zur vollständigen Übersetzung<br />

veranlassen. Nächsten Sonntag soll Meyerbeer kommen.<br />

8. Macdowell [Jornal do Brasil]: Montesquieu[-Artikel] überreicht. Er:<br />

„Die Lage in Europa ist schlecht, sogar von Deutschland.” Pires möchte<br />

nicht, <strong>das</strong>s die ausländischen Mitarbeiter hervortreten, deshalb keine<br />

Clichés [sic]. Ich: „Meine Themen sind doch sehr harmlos.“<br />

9. Don [sic] Oswaldo [Ilustração Brasileira]: wird Pagini[-Artikel] nächste<br />

Februarnummer bringen, uns mal in Petropolis besuchen.<br />

(TB Bd.15, 13.01.1942)<br />

Die Eintragung deutete schon an, <strong>das</strong>s die Situation für die Deutschen in Brasilien<br />

aufgr<strong>und</strong> der politischen Entwicklungen schwieriger werden sollte. Bereits<br />

in den ersten Begegnungen im Juli 1941 verheimlichten die brasilianischen Journalisten<br />

Feder nicht, <strong>das</strong>s er es als Deutscher schwer haben würde, da <strong>das</strong> Misstrauen<br />

gegenüber den Deutschen groß sei, oft würden sie als fünfte Kolonne<br />

angesehen. Ferner erfuhr er bald, <strong>das</strong>s die Presse nicht frei war. Pires do Rio erklärte<br />

es so: „Wir müssen Rücksicht nehmen 1. auf den Staat, 2. auf die Kirche, 3. wenn<br />

dann noch Platz ist, auf <strong>das</strong> allgemeine Wohl“ (TB Bd.15, 20.08.1941). Nach dem<br />

Kriegseintritt der USA <strong>und</strong> während der Dritten Außenministerkonferenz panamerikanischer<br />

Staaten, die vom 15. bis 28. Januar 1942 in Rio de Janeiro stattfand<br />

<strong>und</strong> in deren Folge Brasilien am 29. Januar die diplomatischen Beziehungen<br />

zu Deutschland abbrach, wurde die Vorsicht der Zeitungen noch größer. Das<br />

Jornal do Brasil teilte Feder am 20. Januar mit, <strong>das</strong>s man die Veröffentlichung<br />

seiner Artikel einstelle, da man keinen deutschen Namen in der Zeitung haben<br />

wolle, er aber weiterhin seine Bezüge erhalten werde.<br />

Obgleich diesem Erscheinungsverbot neben politischen Gründen auch die<br />

Verhaftung des Neffen des Zeitungseigentümers unter dem Verdacht der Spionage<br />

für Deutschland zugr<strong>und</strong>e lag, wurde der Journalist dadurch direkt mit der<br />

Verschärfung der Politik gegenüber den „súditos do eixo“, den Angehörigen der<br />

Achsenmächte, konfrontiert, die nun als „Feindbürger“ <strong>und</strong> Gefahr für nationale<br />

Sicherheit angesehen wurden. Ungeachtet der Tatsache, <strong>das</strong>s die meisten Emigranten,<br />

die vor dem Nationalsozialismus geflohen waren, vom Dritten Reich längst<br />

ausgebürgert worden <strong>und</strong> somit als staatenlos anzusehen waren, wurden sie davon<br />

nicht ausgenommen. Denn, wie ein Angestellter des Justizministeriums Feder<br />

erläuterte, wurde die Ausbürgerung aller deutschen Juden von Brasilien nicht<br />

anerkannt, „da ein auf Rassengr<strong>und</strong>sätzen beruhendes Gesetz gegen die Gr<strong>und</strong>auffassung<br />

Brasiliens verstoße“ (TB Bd.15, 06.05.1942). Diese „Gleichbehandlung“<br />

ging gar soweit, <strong>das</strong>s es zur Verhaftung von Emigranten kam, die zusammen mit<br />

deutschstämmigen Nazi-Sympathisanten in eigens dafür eingerichtete Lager auf<br />

der Ilha <strong>das</strong> Flores unter unwürdigen Bedingungen festgehalten wurden. 8 Zudem<br />

8. So wurde z. B. der Sohn des bekannten Düsseldorfer Künstlers Wolf Sopher, Klaus Sopher,<br />

bald nach seiner Ankunft in Brasilien verhaftet <strong>und</strong> auf der Ilha <strong>das</strong> Flores zwei Jahre festgehalten.<br />

Vgl. ECKL 2005, S. 166.

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