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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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ner Gunsten übrig bleiben. Die erleuchtesten Staatsmänner Brasiliens<br />

sind bereits zu der Überzeugung gelangt, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Land im Allgemeinen<br />

durch Gründung neuer Aldeas keine mit Kosten im Verhältniss stehende<br />

Vortheile [...] erreichen werde, da man allgemein glaubt, die indianische<br />

Raçe sterbe allmählich aus. (SPIX / MARTIUS 1980, S. 935)<br />

Ausblick<br />

Die hier nur kurz diskutierten Aspekte dieses umfangreichen Werks lassen abschließend<br />

die folgenden Punkte hervorheben:<br />

Mit Spix <strong>und</strong> Martius wurde der von Europäern <strong>und</strong> auch Brasilianern noch<br />

kaum bereiste Sertão im Nordosten literarisch <strong>und</strong> naturwissenschaftlich erfasst.<br />

Die Rezeption ihres Werkes in der brasilianischen Literatur (vor allem der Literatura<br />

regionalista) <strong>und</strong> Wissenschaft ist noch nicht systhematisch untersucht worden 18 .<br />

Ein gutes Beispiel für die Rezeption von Spix’ <strong>und</strong> Martius’ Werk innerhalb Brasiliens<br />

ist bei Euclides da Cunha zu erkennen. Sein Klassiker Os Sertões, von 1902,<br />

zeigt an manchen Stellen Berührungspunkte mit dem Reisewerk wie auch mit den<br />

naturhistorischen Studien der deutschen Forscher.<br />

Spix <strong>und</strong> Martius gehörten zu den Naturforschern, die aufgr<strong>und</strong> gewandelter<br />

wissenschaftlicher Prinzipien <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> ihres persönlichen Vorhabens <strong>das</strong><br />

negative Bild der tropischen Natur in Frage stellten <strong>und</strong> in dieser Natur eine unerschöpfliche<br />

Quelle entdeckten. Nachhaltig wird davon für Jahrzehnte ihre/die<br />

Brasilienforschung geprägt. Die Naturbeschreibungen vereinen Dichtung <strong>und</strong><br />

Kunst mit Wissenschaft. Diese sollen den Leser belehren, aber auch den Genuss,<br />

den der Beobachter in der tropischen Natur empfindet, vermitteln. In einem Gegensatz<br />

zur positiven <strong>und</strong> enthusiastischen Erfahrung der Natur, vor allem der<br />

äquatorialen Breiten, <strong>und</strong> ihrer wissenschaftlichen Behandlung steht jedoch die<br />

negative Begegnung mit den Menschen in dem fremden Land, vor allem mit jenen,<br />

die den Autoren kulturell <strong>und</strong> ethnisch am weitesten entfernt stehen. Ihre<br />

ethno- <strong>und</strong> eurozentrische Auffassung hindert sie daran, die kulturelle Verschiedenheit<br />

zu erkennen <strong>und</strong> zu verstehen <strong>und</strong> damit Vorurteile abzubauen. Das betrifft<br />

nicht nur die indigene Bevölkerung, die als entartet eingestuft <strong>und</strong> an deren<br />

Menschlichkeit gezweifelt wird, sondern auch die Schwarzen, die Mestizen <strong>und</strong><br />

oft auch die weißen Bewohner des Landes, was hier allerdings nicht thematisiert<br />

wurde 19 . Zwischen den Bildern der genießbaren <strong>und</strong> wissenschaftlich so unerschöpflich<br />

reichen Natur <strong>und</strong> der weitgehend minderwertigen Bevölkerung, bildet<br />

sich eine Spannung, die sich in der europäischen Reiseliteratur des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu Brasilien als Topos durchsetzt. Hier wird eine wichtige Funktion dieser<br />

Gattung innerhalb der neokolonialistischen Interessen angesprochen – der Reisebericht,<br />

der die ‚Peripherien‘ auf der diskursiven Ebene im Interesse der<br />

hegemonialen ‚Zentren‘ konstruiert 20 . Die ‚Zivilisation‘ wird zum Euphemismus<br />

18. Flora Süssekind untersucht in O Brasil não é longe daqui (1991) die Rezeption der europäischen<br />

Reiseliteratur <strong>und</strong> ihre Transkulturation in der brasilianischen Literatur des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts,<br />

doch nicht spezifisch in dem hier erläuterten Sinne.<br />

19. Mehr hierzu siehe LISBOA 1997, Kap. IV.<br />

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