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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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die „morena“ als der brasilianische Idealtyp zum Symbol einer Tendenz<br />

geworden ist, welche die Verschmelzung bejaht <strong>und</strong> welche in ihr<br />

gleichsam <strong>das</strong> Bindeglied zwischen der dunkleren <strong>und</strong> der helleren<br />

Bevölkerung sieht. Wenn auch die afrikanischen Züge nicht zu sehr<br />

durchschlagen dürfen <strong>und</strong> wenn auch in dieser Neigung unbewusst<br />

vielleicht noch die sexuelle Herrschaft des Weissen über die dunkle<br />

Sklavin nachklingt – selbst <strong>das</strong> Stereotyp, <strong>das</strong>s die Liebe der „morena“<br />

glühender sei als die der Weissen –, so kann man nicht umhin zu<br />

bemerken, <strong>das</strong>s der Brasilianer in diesem hellen Mestizentyp sich selbst<br />

repräsentiert sieht <strong>und</strong> also in ihm sich selbst liebt, stolz auf <strong>das</strong> große<br />

Experiment einer rassischen Toleranz, die, wenn sie nicht absolut ist,<br />

dennoch kaum ihresgleichen in der heutigen Welt findet. (173f.)<br />

III. „Macumba“<br />

Der Titel von Rosenfelds zweitem Beitrag zum Staden-Jahrbuch stellt den Leser<br />

gleich zu Beginn des Textes vor ein Problem, <strong>das</strong> wohl nur im Rückgriff auf die<br />

für Rosenfeld allgemein als charakteristisch geltende Ironie eine Auflösung findet.<br />

Denn Rosenfeld klärt zunächst den Titel-Begriff „Macumba“ <strong>und</strong> spezifiziert<br />

ihn aus der vielfältigen Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch hin auf eine<br />

konkrete Form von synkretistischen, afro-brasilianischen religiösen Ritualen in<br />

Rio de Janeiro <strong>und</strong> in geringerem Maße São Paulo (ROSENFELD 1955, S. 125),<br />

um im Anschluss aber zu betonen, <strong>das</strong>s er in seiner Studie nicht darüber, sondern<br />

ausschließlich über den in Bahia beheimateten Candomblé sprechen werde.<br />

Den Titel „Macumba“, so seine (wohl augenzwinkernde, als verschlagen zu<br />

bezeichnende) Erklärung, habe er nur gewählt, weil Macumba <strong>das</strong> bekanntere<br />

Phänomen sei:<br />

Die folgenden Ausführungen behandeln lediglich <strong>das</strong> Ritual des<br />

Candomblé <strong>und</strong> die ihm zugr<strong>und</strong>eliegende Religion. Wenn der Titel<br />

„Macumba“ gewählt wurde, so geschah es deshalb, weil es <strong>das</strong> bekanntere<br />

<strong>und</strong> umfassendere Wort ist, <strong>das</strong> in einem sehr lockeren Sinn<br />

auch den Candomblé einschliesst. (ebd.)<br />

Doch schon bei der nun folgenden Beschreibung der historischen Entwicklung<br />

des Candomblé begegnet man wieder dem einfühlsamen <strong>und</strong> tiefgründigen<br />

Kulturvermittler. Rosenfeld zeichnet die synkretischen Dynamiken der Religion<br />

bereits in Afrika, dann im Zuge der von den Portugiesen bewusst eingesetzten<br />

Vermischung der Sklaven aus verschiedenen Völkern nach <strong>und</strong> betont, wie unangemessen<br />

eine Betrachtung oder gar Bewertung dieser religiösen <strong>und</strong> kultischen<br />

Welt nach vermeintlich universellen Gr<strong>und</strong>sätzen wäre:<br />

Ein schwerer Fehler wäre es auch, in die Vorstellungswelt des<br />

Candomblé ohne weiteres die abendländischen Denkstrukturen hineinzuinterpretieren<br />

<strong>und</strong> dieser proteischen, stark gefühlsbeladenen<br />

Gedankenwelt, die ihre eigenen Klassifizierungen <strong>und</strong> Kategorien hat,<br />

die aristotelische Logik unterzuschieben.

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