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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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neulich 1 Brief richtig bei mir an, der lediglich […] Dr. Ernst Feder<br />

adressiert war, so erhalte ich heute einen Brief […] zugestellt, der an<br />

den JOINT Rio adressiert war <strong>und</strong> dessen Adresse die Post mit „c/o<br />

Ernesto Feder“ nebst Wohnung kompletiert [sic; Eindeutschung des<br />

port. Verbs „completar“ – vervollständigen.] hatte. Die Welt identifiziert<br />

mich mit dem JOINT <strong>und</strong> ich möchte raus. (TB Bd. 18, 13.08.1948)<br />

Obgleich diese Feststellung sehr gut verdeutlichte, zu welcher Bekanntheit<br />

<strong>und</strong> welchem Ansehen es der deutsch-jüdische Journalist neben seinem journalistischen<br />

Wirken auch mit dieser Arbeit in Brasilien gebracht hatte, zeigte sie zugleich<br />

auch, wie kräftezehrend die zusätzliche Bürde für den immerhin 67-jährigen<br />

Feder war. Tatsächlich gab er Ende 1948 die Stelle beim JOINT auf.<br />

In selbem Jahr hatte er außerdem vergeblich versucht, eine große Feier<br />

anlässlich von Goethes 200. Geburtstag in Rio de Janeiro zu veranstalten, zu der<br />

Fritz von Unruh als Festredner aus den USA kommen sollte (was aus verschiedenen<br />

Gründen scheiterte; Feder selbst hielt letztlich die Festrede). Danach widmete<br />

er sich nur noch dem Journalismus. Sehr früh nahm er Kontakt zu den ersten<br />

diplomatischen Vertretern der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland auf. Nachdem er am<br />

25.06.1938 ausgebürgert (FRANKE 2000, S. 232) <strong>und</strong> später in Brasilien als staatenlos<br />

anerkannt worden war, wurde 1953 seinem Antrag auf Änderung des Status<br />

seiner Nationalität von staatenlos in deutsch stattgegeben. Noch im selben<br />

Jahr reiste er zusammen mit seiner Frau auf Kosten der deutschen Regierung,<br />

welche ihm ebenfalls 1953 <strong>das</strong> große Verdienstkreuz (TB Bd. 23, 01.04.1953) verlieh<br />

18 , erstmals in die alte Heimat zurück. 1958, nachdem Ernas Mutter im Alter<br />

von 86 Jahren in Rio gestorben war, entschlossen sich Erna <strong>und</strong> Ernst Feder auf<br />

die persönliche Aufforderung von B<strong>und</strong>espräsident Theodor Heuss, aber auch<br />

aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen nach Deutschland zurückzukehren, wo sie sich<br />

wieder in Berlin, ihrer beider Heimatstadt, niederließen <strong>und</strong> Feder weiterhin publizistisch<br />

tätig war. Als er aber 1964 dort verstarb, war er sowohl in seiner Heimat<br />

Deutschland als auch im Exilland Brasilien so gut wie vergessen 19 . Mit seinem<br />

„Brasilianischen Tagebuch“ jedoch hat „der Demokrat […], der aufrechte Mensch,<br />

der geraden Hauptes durch den Dschungel der Hitler-Welt einherschritt, rein <strong>und</strong><br />

unberührt von allem Schmutz der feindlichen Gosse“ (ROSENSTEIN 1951, S. 2) der<br />

Nachwelt ein einzigartiges Zeugnis des deutschen Exils 1933-1945 <strong>und</strong> brasilianischer<br />

Zeitgeschichte der Jahre 1941-1958 vermacht.<br />

Archivalische Quellen<br />

FEDER, Ernst: Tagebücher. Bd. 15 (1941-1943); Bd. 16 (1944-1945); Bd. 17 (1946-1947); Bd. 18 (1948);<br />

Bd. 21 (1951) <strong>und</strong> Bd. 23 (1953). Ernst Feder Collection. AR 7040. Leo Baeck Institute. New York.<br />

ROSENSTEIN, Paul (1951): Mein lieber, guter alter Fre<strong>und</strong> Ernst Feder. Manuskript der Rede anlässlich<br />

des 70. Geburtstags von Ernst Feder, 18.03.1951. In: Ernst Feder Collection. AR 7040. Leo Baeck<br />

Institute. New York<br />

18. 1953 erhielt auch Getúlio Vargas einen Verdienstorden der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

(Sonderstufe des Großkreuzes).<br />

19. Nur wenige deutsche Zeitungen nahmen davon Notiz. Erna Feder lebte noch bis zu ihrem Tod<br />

1973 in Berlin.<br />

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