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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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te Essay erschließt sich sicherlich erst vollständig vor dem Hintergr<strong>und</strong> des vorangegangenen<br />

Beitrags zum Staden-Jahrbuch, dessen Analysen <strong>und</strong> Feststellungen<br />

er vertieft <strong>und</strong> konkretisiert. Nach der allgemeinen Darstellung der gesellschaftlichen<br />

Mechanismen der ethnisch-sozialen Diskriminierung bringt er durch die<br />

eingehende Vorstellung des afro-brasilianischen Candomblé auch eine positive<br />

<strong>und</strong> kulturell produktive Innenansicht dieses vom sich europäisch <strong>und</strong> weiß definierenden<br />

gesellschaftlichen Zentrum Brasiliens ausgeschlossenen Raumes.<br />

IV. „Das Fußballspiel in Brasilien“<br />

Gleiches gilt auch für den letzten der drei hier in den Blick genommenen Essays,<br />

der im Staden-Jahrbuch 1956 erschien. Anatol Rosenfelds kulturhistorisch<br />

ausgerichtete Studie zum brasilianischen Fußball ist ebenfalls alles andere als eine<br />

oberflächlich-exotisierende Apologie des „Landes des Fußballs“, sondern könnte<br />

unter anderem als kritischer Dialog mit Mário Filhos Klassiker zum Thema O Negro<br />

no Futebol Brasileiro gelesen werden (vgl. FILHO 1964), auf den er sich in weiten<br />

Teilen seiner Reflexion stützt, den er aber punktuell auch kritisch hinterfragt. Wie<br />

der starke Rekurs auf Mário Filho andeutet, den er im zuvor besprochenen Essay<br />

über die „Situation der Farbigen in Brasilien“ an entscheidender Stelle bereits<br />

hinzuzieht, geht Rosenfeld auch hier wieder auf die sozialen <strong>und</strong> politischen Dimensionen<br />

des Fußballs <strong>und</strong> damit auf die Benachteiligung <strong>und</strong> Marginalisierung<br />

der farbigen Spieler bzw. Bevölkerung in Brasilien ein.<br />

Zunächst aber bettet Rosenfeld <strong>das</strong> von ihm zu untersuchende Phänomen in<br />

den soziokulturellen Kontext Brasiliens ein <strong>und</strong> weist auf die Erkenntnismöglichkeiten<br />

einer kulturvergleichenden, kulturwissenschaftlichen Perspektive<br />

auf diese Sportart hin:<br />

Zumindest ebenso wichtig jedoch wie der Umstand, was ein Volk spielt,<br />

ist sicherlich der, wie es dieses Spiel betreibt, in welchen Formen es sich<br />

äußert <strong>und</strong> organisiert <strong>und</strong> welchen tieferen Bedürfnissen <strong>und</strong> Spannungen<br />

es eine Entlastung ermöglicht [...]. Eine knappe Darstellung einiger<br />

Aspekte des Fußballspiels als eines sozialen Phänomens ersten Ranges<br />

im brasilianischen Leben könnte manches zur Kenntnis der gegenwärtigen<br />

brasilianischen Gesellschaft beitragen. (ROSENFELD 1956a, S. 149)<br />

Darauf liefert Rosenfeld einen historischen Abriss des Fußballs im Lande, der<br />

vom Briten Charles W. Miller 1894 eingeführt wurde, als er im ersten englischen<br />

Sportverein von São Paulo, dem eigentlich dem Cricket gewidmeten São Paulo<br />

Athletic Club, eine Fußballmannschaft gründete. Der englische Sport ist zunächst<br />

also ein Elitesport, in Brasilien wird er vorrangig zur körperlich-moralischen Ertüchtigung<br />

<strong>und</strong> im Dienste des Patriotismus eingesetzt. Entgegen der anfänglichen Widerstände,<br />

die der Fußball in seinem Geburtsland England überwinden musste<br />

[...] waren in Brasilien gerade die Colégios sehr bald die Brutstätten<br />

von Fußballspielern: in Schulen wie den Colégios Militares, dem Ginásio<br />

Nacional, Alfredo Gomes, Abílio, Anglo-Brasileiro, war <strong>das</strong> Fußballspiel<br />

beinahe ein Pflichtfach. Die katholische Kirche, ein enorm wich-<br />

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