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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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gewölbten Rückenhaut des Weibchens. Bei der Paarung verteilt <strong>das</strong> Männchen<br />

mit seinen Hinterbeinen zunächst die wenigen großen Eier mit einem klebrigen<br />

Eileitersekret auf dem Rücken des Weibchens. Die mit reichlich Dottervorrat<br />

versehenen Larven werden nach dem Schlupf noch eine Zeit lang mitgetragen<br />

<strong>und</strong> schließlich in mit Regenwasser gefüllte Bromelientrichter gesetzt, wo sie ihre<br />

Metamorphose vollenden.<br />

Die auf einem Foto beruhende Zeichnung Fritz Müllers, dem für seine großartigen<br />

Leistungen von der Universität Tübingen 1874 die Ehrendoktorwürde verliehen<br />

wurde, zeigt <strong>das</strong> eiertragende Weibchen einer noch unbeschriebenen Art<br />

dieser Gattung, <strong>das</strong> er in einer großen Bromelie in der Nähe von Blumenau gef<strong>und</strong>en<br />

hatte <strong>und</strong> dessen geschlüpfte Larven er noch eine zeitlang lebend erhalten<br />

konnte. Bei unseren Untersuchungen an der Bromelienfauna Santa Catarinas,<br />

130 Jahre später <strong>und</strong> ebenfalls von der Universität Tübingen gefördert (in Kooperation<br />

mit der UFSC in Florianópolis), konnten wir diese seltene Art erstmals auch<br />

auf der Ilha de Santa Catarina beobachten (KWET / ZILLIKENS, unpubl.), neben<br />

den ebenfalls neu nachgewiesenen Laubfröschen Hypsiboas albomarginatus<br />

(KWET et al. 2004) <strong>und</strong> Scinax argyreornatus (KWET / ZILLIKENS 2005). Fritz Müller<br />

(ZILLIG 1997, S. 214) erwähnt im selben Brief übrigens noch eine besondere<br />

Kaulquappe („sapinho“, also Krötchen) mit ungewöhnlich langem Schwanz, die<br />

er an Wasserfällen auf nassen Felsen beobachten konnte. Diese Beobachtung<br />

bezieht sich wohl auf die speziell angepassten, nicht direkt im Wasser, sondern im<br />

feuchten Luftraum der Spritzwasserzone lebenden Larven der Pfeiffroschgattung<br />

Cycloramphus, von der mehrere Arten in Santa Catarina vorkommen.<br />

700 km entfernt von Florianópolis, im Westen von Santa Catarina, war die<br />

Wirkungsstätte von Fritz Plaumann. Die preußische Auswandererfamilie Plaumann<br />

war nach beschwerlicher Anreise – die letzten 80 km mit kleinem Gepäck auf dem<br />

Rücken eines Esels – erst 1924 in Nova Teutônia im heutigen Munizip Seara angekommen.<br />

Der naturbegeisterte, damals 22-jährige Sohn Fritz machte sich alsbald<br />

einen guten Namen als Entomologe <strong>und</strong> wurde mit 80.000 Exemplaren in 17.000<br />

Arten zu einem der bedeutendsten Insektensammler in ganz Lateinamerika. Nebenbei<br />

sammelte Plaumann auch andere Naturalien, u. a. Amphibien, die er an Kollegen<br />

weitergab. Einen von Fritz Plaumann gesammelten Pfeiffrosch beschrieb Ernst<br />

Ahl (1936) dem Entomologen zu Ehren als Leptodactylus plaumanni. Diese Art wurde<br />

später mit dem äußerlich kaum unterscheidbaren L. gracilis synonymisiert, doch<br />

unsere bioakustischen Untersuchungen (KWET et al. 2003) ergaben, <strong>das</strong>s dies zu<br />

Unrecht geschehen war. Tatsächlich besitzen beide Arten extrem unterschiedliche<br />

Paarungsrufe: Jener von L. plaumanni gleicht dem Zirpen einer Grille, jener von L.<br />

gracilis dem Gluckern einer unter Wasser gehaltenen Flasche, aus der die Luft entweicht.<br />

Heute erinnert in Nova Teutônia ein kleines Museum an den am 22. September<br />

1994 in hohem Alter verstorbenen Naturforscher.<br />

Wilhelm Ehrhardt<br />

Das vielleicht wichtigste Datum für die Entdeckung der Amphibien von Santa<br />

Catarina ist aber <strong>das</strong> Jahr 1897, als die Hanseatische Kolonisationsgesellschaft,<br />

neben der Kolonie Hansa-Hammonia (heute Ibirama), auch die Kolonie Hansa-

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