Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

lerisch-politischen Haltung, die gemeinsam erarbeitet, und nicht, wie häufig im
globalen Kulturbetrieb, von außen aufgezwungen wurde.
Dass man aber die Filme von Salles nicht auf ein simples Nord-Süd-Gefälle
reduzieren kann, zeigt allein die Tatsache, dass etwa Central Station und Die Reise
des jungen Che erst durch die Zusammenarbeit mit Robert Redford und dem
Sundance Festival zustande gekommen sind. Central Station erhielt den Sundance-
Drehbuchpreis und erst dadurch den finanziellen Rahmen zur Realisierung des
Projekts. Und die Verfilmung der Tagebücher des jungen Guevara war seit Jahren
ein Projekt des Amerikaners, der sich dazu Salles als Regisseur holte. Diese Verbindung
von regionalen Landschaften, Stimmungen und Gesichtern mit Problematiken
und Geschichten, die eher universell angelegt sind, ist sicherlich ein Kennzeichen,
das den Filmen von Walter Salles ein weltweites Publikum einbringt, aber
eben auch zugleich viele brasilianische Kritiker, besonders aus dem akademischen
Bereich, eher skeptisch reagieren lässt. So grassierte eine Zeit lang der Begriff der
cosmética da fome (Kosmetik des Hungers) als negative Kennzeichnung der Filme
von Salles oder Fernando Meirelles (Cidade de Deus und z. Z. bei den Dreharbeiten
der Verfilmung des Romans Versuch über die Blindheit von José Saramago).
Der Begriff stammt von Ivana Bentes und ist als eine ironische Anspielung auf
Glauber Rochas estética da fome (Ästhetik des Hungers) zu verstehen, eines der
zentralen programmatischen Manifeste des cinema novo aus dem Jahr 1965. Bentes
meint damit, dass Filme wie etwa Central Station den kargen, armen Nordosten
eher als folkloristisches Massenspektakel inszenieren und hinter die radikalen Filmvisionen
des cinema novo zurückfallen. Generell scheinen immer noch zahlreiche
Kritiker dem cinema novo als dem Nonplusultra nationaler Filmkunst sehnsüchtig
nachzutrauern und stehen dementsprechend der relativ großen thematischästhetischen
Vielfalt der brasilianischen Filme der letzen 5-10 Jahre, die zu einem
beträchtlichen Teil im Umkreis von VideoFilmes entstanden sind, eher misstrauisch
gegenüber, da sie eben nicht so ein klares Identitätspontenzial bieten wie möglicherweise
die Produktionen der 60er Jahre.
These classic films of the 60s created an aesthetics based on the dry
cut, the nervous framing, the overexposure, the handheld camera,
the fragmented narrative which mirrored the cruelty of the sertão.
This is the Cinema Novo aesthetics, whose purpose was to
avoid turning misery into folklore. Those films proposed an
ethics and an aesthetics for the images of pain and revolt.
However the idea rejected by those films of expressing the
intolerable through beautiful landscapes, thus glamorizing
poverty, emerges in some contemporary films, in which
conventional language and cinematography turn the sertão
into a garden or a museum of exoticism, thus ›rescuing‹ it
through spectacle. (NAGIB 2003, S.124)
Wie gesagt, die zwei bekanntesten Filme von Salles, Central
Station und Die Reise des jungen Che, entstanden aus einer internationalen
Zusammenarbeit. Diese regional-globale Referenz
zeigt sich auch bei Behind the Sun (Abril despedaçado) aus dem Jahre 2001, ein
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VideoFilmes