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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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Paläste; aber sein Nimbus gehört einer andern Region an als der gesellschaftlichen:<br />

es ist eben ein Nimbus, der die „außerordentliche“<br />

Situation des Spielers bezeichnet. (168)<br />

Ähnlich wie die Welt des Candomblé betrachtet <strong>und</strong> analysiert Rosenfeld<br />

die des Fußballs vor dem Hintergr<strong>und</strong> der f<strong>und</strong>amentalen Konfliktlinien der<br />

brasilianischen Gesellschaft <strong>und</strong> Kultur. In diesem frühen Essay macht er deutlich,<br />

<strong>das</strong>s die Bedeutung des Fußballs in Brasilien wie auch sein mittlerweile<br />

fest institutionalisierter Siegeszug um die Welt nicht angemessen erfasst werden<br />

können, wenn man seine gesellschaftlichen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Implikationen nicht in Betracht zieht.<br />

V. Bewegungen des Wissens<br />

Anatol Rosenfeld unternimmt in den hier vorgestellten drei Texten den Versuch,<br />

nach ersten Schritten als brasilianischer Intellektueller den Lesern seiner<br />

Muttersprache <strong>und</strong> ehemaligen Heimat etwas über die Kultur zu vermitteln, in der<br />

er sich eine neue Existenz aufgebaut hat. Bemerkenswert ist hierbei, <strong>das</strong>s Rosenfeld<br />

von Beginn an einen ausgewogenen kritischen Blick bietet. Er übt also keinesfalls<br />

eine falsch verstandene Zurückhaltung des Gastes oder Geduldeten, nimmt<br />

aber auch nicht die selbstgefällige Perspektive eines überlegenen Fremden ein.<br />

Durch alle drei frühen Essays, die sich <strong>und</strong> ihre Leser anhand von charakteristischen<br />

<strong>und</strong> exemplarischen kulturellen Elementen <strong>und</strong> Aspekten des Landes an<br />

Brasilien annähern, zieht sich <strong>das</strong> Thema der tiefen Spaltung der Gesellschaft entlang<br />

der einander überlagernden ethnischen wie sozialen Trennlinien, <strong>das</strong> in „Die<br />

Situation der Farbigen in Brasilien“ als zentraler Gegenstand behandelt wird. Darin<br />

manifestiert sich ein aus heutiger Sicht kulturwissenschaftlich zu lesender Ansatz,<br />

dem deutschsprachigen Publikum in den 50er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die damals wie streckenweise noch heute so ferne, fremde <strong>und</strong> unbekannte brasilianische<br />

Realität näher zu bringen <strong>und</strong> zu vermitteln.<br />

Welche Umsicht Rosenfeld im Zuge dieser vermittelnden Aktivität anwandte,<br />

wird nochmals deutlicher, wenn man zunächst den Pioniercharakter seiner<br />

deutschsprachigen Essays zur brasilianischen Kultur bedenkt, die beim deutschsprachigen<br />

Publikum, auch <strong>und</strong> gerade bei der spezialisierten <strong>und</strong> universitären<br />

Leserschaft gr<strong>und</strong>legende Kenntnislücken zu schließen anbot <strong>und</strong> zum Dialog<br />

zwischen beiden Welten <strong>und</strong> Sprachen einlud. Es muss hier nicht weiter vertieft<br />

werden, welchen Nachholbedarf die verschiedenen Bereiche des Kultur-, Literatur-<br />

<strong>und</strong> Forschungsbetriebs in den deutschsprachigen Ländern in den 50er Jahren<br />

aufwiesen <strong>und</strong> wie schwierig <strong>und</strong> langwierig es sich erwies – <strong>und</strong> noch immer<br />

erweist –, diese Situation gr<strong>und</strong>legend zu ändern. 13 Man mag sich konkret im hier<br />

gegebenen Zusammenhang einen Eindruck davon verschaffen, wenn man die<br />

zwei postum erschienenen Rezensionen Rosenfelds im Staden-Jahrbuch 1973/74<br />

betrachtet, die einmal Dieter Wolls 1972 publizierte Studie zu Machado de Assis<br />

13. Ray-Güde Mertin etwa zog Mitte der 90er Jahre eine bis heute weitgehende Gültigkeit<br />

besitzende <strong>und</strong> ernüchternde Bilanz der Rezeption brasilianischer Literatur im deutschsprachigen<br />

Raum sowie der entsprechenden Brasilienstudien/Brasilianistik (MERTIN 1994).<br />

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