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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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für <strong>das</strong> regionale branchenspezifische Selbstbewusstsein. Der Wettbewerbsdruck<br />

hat auch einige erste, zumeist erfolglose Versuche bewirkt, in Regionen Brasiliens<br />

mit niedrigeren Löhnen, so im Nordosten, Filialbetriebe einzurichten. Trotz staatlicher<br />

Subventionen (z.B. durch SUDENE 1 ) haben dort fehlende Facharbeiter<br />

<strong>und</strong> mangelnde industrielle Arbeitstradition sowie defizitäre Infrastruktur zunächst<br />

keine Alternative zur globalisierten Konkurrenz aus Asien zugelassen.<br />

Großbetriebe der Bekleidungsindustrie haben aber bereits seit Anfang der 1970er<br />

Jahre erfolgreich versucht, durch Auslagerung von Betriebsteilen, vor allem Nähereien,<br />

in die ländliche Umgebung die dort verfügbare billigere Arbeitskraft zu nutzen,<br />

insbesondere junge weibliche Arbeitskräfte. Für die Munizipien im Hinterland<br />

von Blumenau war dies eine sehr gute Möglichkeit, Frauen in den industriellen<br />

Arbeitsprozess einzubinden, ohne mit der landwirtschaftlichen Tradition sofort zu<br />

brechen <strong>und</strong> damit über relativ stabile soziale Verhältnisse zu verfügen.<br />

Dann kam es zur Tertiärisierung mit der zunehmenden Auslagerung von Fertigungsprozessen<br />

(z.B. Näharbeiten) in viele Dutzende neu entstandener Kleinbetriebe,<br />

die größtenteils von ehemaligen Mitarbeitern im Dunstkreis der Mutterfirma mit<br />

zum Teil von dort zur Verfügung gestellten Nähmaschinen eingerichtet wurden<br />

<strong>und</strong> bis zu 60 % der im Konfektionsbereich notwendigen Arbeiten übernehmen.<br />

Dabei nutzten die Unternehmen die Kenntnisse der ehemaligen Mitarbeiter in den<br />

Qualitätsanforderungen der Produktion, trennten sich gleichzeitig von Sozialabgaben,<br />

vermieden weitere Entlassungen <strong>und</strong> gaben saisonale Absatzschwankungen<br />

an diese Kleinbetriebe weiter, die sich auf flexiblere Arbeitsbedingungen – häufig<br />

auch auf informeller Basis unter Umgehung von Steuern <strong>und</strong> Beiträgen zur Sozialversicherung<br />

– einstellten. Für den Arbeitsmarkt bedeutete dies angesichts der Absatzprobleme<br />

der Großfirmen aber auch eine gewisse Arbeitsplatzsicherung durch<br />

Flexibilisierung der Service-Leistungen, vor allem für weibliche Arbeitskräfte.<br />

In jüngster Zeit wird aber aufgr<strong>und</strong> der wirtschaftlichen Entwicklung im Itajaí-<br />

Tal <strong>und</strong> der zunehmenden Verknappung an Arbeitskräften im Näherei-Sektor sowie<br />

aufgr<strong>und</strong> der relativ hohen Lohnkosten in den Städten Santa Catarinas von<br />

einigen Großbetrieben wieder in Regionen außerhalb des Staates ausgelagert. Die<br />

Arbeiten werden aber großenteils von firmenfremden Kräften durchgeführt. Heute<br />

geschieht dies z. B. in Goiás <strong>und</strong> Rio Grande do Norte.<br />

So hat die Cia. Hering, eines der führenden Unternehmen Lateinamerikas auf<br />

dem Bekleidungssektor, heute nur noch 56 % der Arbeitskräfte in den wichtigsten<br />

Sektoren am Hauptsitz in Blumenau <strong>und</strong> hier werden nur noch 60 % des Umsatzes<br />

erwirtschaftet. Während in Betriebsteilen in Indaial, Rodeio <strong>und</strong> Ibirama mit unterschiedlicher<br />

Ausrichtung auf den nationalen <strong>und</strong> internationalen Markt produziert<br />

wird, bedienen die Betriebe in Goiás ausschließlich den nationalen Markt.<br />

In Natal im Nordosten Brasiliens läuft die Produktion über outsourcing <strong>und</strong> damit<br />

Tertiärisierung von Arbeitsgängen wie Zuschneiden, Waschen <strong>und</strong> Appretur.<br />

Vertikalisierung im Produktionsprozess war im Untersuchungsgebiet lange Zeit<br />

von der Notwendigkeit zur Eigeninitiative mit Autarkiebestreben getragen. Vertikale<br />

Kooperation war für die größeren Unternehmen kaum notwendig, da diese<br />

Firmen komplett vertikal integriert waren (siehe Foto 1 vor S. 321) (MEYER-STAMER<br />

1. Superintendência do Desenvolvimento do Nordeste<br />

331

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