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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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Je nach Grad der Involvierung in die Öffentlichkeitsarbeit jedoch zeigten die<br />

Individuen <strong>und</strong> Gruppen, mit denen ich im Reservat zu tun hatte, andere Umgangsweisen<br />

mit der von mir gebotenen Selbstdarstellungsmöglichkeit. Eine weniger<br />

an den Umgang mit der Öffentlichkeit gewöhnte indianische Dame hielt sich<br />

in einem Interview nicht an die Konvention, im Kontakt mit der Außenwelt innere<br />

Spannungen im Reservat auszuklammern:<br />

Paulo: Was ist Ihrer Meinung nach <strong>das</strong> schwerwiegendste Problem<br />

hier im Gebiet?<br />

Dona Maria: Mein Sohn, ich glaube, es ist die Uneinigkeit, die die Leute<br />

hier haben, <strong>das</strong> ist es. Das Volk hat keinen Zusammenhalt. Wenn alle<br />

Indianer zusammen wären, um sagen zu können, wir sind alle zusammen...<br />

Paulo: Und da ist die Uneinigkeit der Indianer – es sind drei Kaziken<br />

im Dorf...<br />

Dona Maria: Ja.<br />

Paulo: Denn früher war es nur einer.<br />

Dona Maria: So ist es, <strong>das</strong> sag ich ja. Es ist die Uneinigkeit. Drei Kaziken!<br />

Drei Kaziken in einem Reservat, wo gibt es denn so was? In einem Reservat<br />

braucht es nur einen Kaziken, um sich um alles zu kümmern. Drei<br />

Kaziken in einem Reservat! Am Anfang gab es keinen Kaziken, es gab<br />

keine Anführer <strong>und</strong> nichts, <strong>und</strong> alle kamen zurecht. So taugt <strong>das</strong> nichts,<br />

so kommen wir nirgendwohin! Früher war <strong>das</strong> Volk einiger als heute.<br />

[...] Und heute drei Kaziken, <strong>und</strong> keiner von denen erreicht irgendetwas.<br />

Gerson kommt nicht hierher, Ci kommt nicht hierher, <strong>und</strong> Nailtons<br />

Gesicht sieht hier auch keiner. Kein Mensch sieht diese Kaziken. Was<br />

soll <strong>das</strong> für eine Einigkeit sein?<br />

(Aus einem Interview, <strong>das</strong> Paulo Titiá <strong>und</strong> ich mit Maria de Jesús do<br />

Rosário am 14/09/04 durchgeführt haben, zu finden auch in THYDÊWÁ<br />

2004, Abteilung Pataxó-Hãhãhãe, Eintrag „A história de Dona Maria“)<br />

In dieser Version ist der Text auf der Website zu finden, auf der Veröffentlichungen<br />

nur geringer bis keiner redaktionellen Kontrolle unterworfen sind, bzw. im<br />

Falle der Pataxó-Hãhãhãe lediglich meiner, da ich derjenige war, dem die<br />

Digitalisierung <strong>und</strong> Übertragung der Interviews ins Internet überlassen wurde,<br />

<strong>und</strong> ich nahm so wenig Veränderungen wie möglich an den Texten vor.<br />

In der redaktionell nachbearbeiteten Fassung des Gesprächs, die Sebastian<br />

Gerlic später gemeinsam mit Maura Titiá erstellte, um im Buch der Pataxó-Hãhãhãe<br />

zu erscheinen, ist die Stelle in eine andere Richtung gewendet worden:<br />

Paulo: Was ist Ihrer Meinung nach <strong>das</strong> schwerwiegendste Problem<br />

hier im Gebiet?<br />

Dona Maria: Mein Sohn, weil es viele Weiße in unserer Mitte gibt,<br />

wird unser indianisches Volk immer uneiniger.<br />

(Aus dem Manuskript für <strong>das</strong> noch unveröffentlichte Buch der Pataxó-<br />

Hãhãhãe)<br />

Die beiden PR-bewanderten Redakteure, die eine eine erfahrene indianische<br />

Aktivistin, der andere ein ehemaliger Werbefachmann, rücken also hier

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