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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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die Aussage zulässt, <strong>das</strong>s diese Techniker die regionale Identität mit einer traditionsorientierten<br />

‚Fabrikkultur‘ <strong>und</strong> einer davon abhängigen Lebensweise verbanden.<br />

Die uniformierenden Tendenzen der Globalisierung stehen im Gegensatz zu<br />

den regionalspezifischen Entwicklungen, bei denen die historischen Traditionen,<br />

die kulturellen <strong>und</strong> kulturlandschaftlichen Besonderheiten die Lebensweise, den<br />

Wirtschaftsstil <strong>und</strong> die wirtschaftlichen Strategien der Akteure in intraregional<br />

bzw. lokal sehr differenzierter Weise prägen. Die Beteiligten sehen sich in einem<br />

lokalen <strong>und</strong> regionalen Sinnzusammenhang, der durch gemeinsames alltägliches<br />

Erleben <strong>und</strong> Handeln alle Teile der Bevölkerung subjektiv <strong>und</strong> emotional verbindet<br />

<strong>und</strong> mit rationalen, unpersönlichen Kontakten anderer Lebenswelten auf globaler<br />

Ebene kontrastiert. Um ein Gefühl des Dazugehörens bei einer bestimmten<br />

Gruppe entstehen zu lassen, müssen ein Bewusstsein für gemeinsame Ziele, Herkunft,<br />

Tradition, Kultur, landschaftliches Ambiente oder auch gemeinsame Probleme<br />

vorhanden sein, die ein ‚Wir-Gefühl‘ entwickeln.<br />

Zu den Kriterien, nach denen sich Individuen in einem bestimmten Kontext<br />

sehen, gehört auch die Arbeitswelt, die sich in der Industrie durch eine bestimmte<br />

‚technische Kultur‘ identifiziert. Dies gilt insbesondere für die im Nordosten<br />

Santa Catarinas untersuchten Städte Joinville, Jaraguá do Sul, Pomerode,<br />

Blumenau, Brusque, Itajaí <strong>und</strong> São Bento do Sul, industriewirtschaftliche Zentren<br />

im deutsch- <strong>und</strong> italo-brasilianischen Siedlungsgebiet, die durch lokale <strong>und</strong><br />

regionale Kriterien definiert sind <strong>und</strong> eine Pionierrolle bei der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung der Region spielten.<br />

Das alltägliche Verhalten der Personen, die Formen der Sozialisierung, der Erziehung<br />

<strong>und</strong> der Arbeit schaffen ein lokales oder regionales Milieu, <strong>das</strong> sich von<br />

anderen Regionen unterscheidet. Die Selbstbeschreibung der Zugehörigkeit der<br />

Akteure ist <strong>das</strong> entscheidende Kriterium für die Gruppenidentität. Auslösender Faktor<br />

für <strong>das</strong> Bewusstsein <strong>und</strong> die Perzeption einer spezifischen regionalen Identität<br />

war in gewissem Sinne die Krise der Industrie mit der Öffnung des brasilianischen<br />

Marktes Anfang der 1990er Jahre. Diese Krise erforderte eine Analyse der regionalen<br />

Situation <strong>und</strong> als Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung eine<br />

industrielle Restrukturierung, aber auch eine regionalspezifische Strategie zur Überwindung<br />

der Probleme <strong>und</strong> zur Sicherung der industriellen Zukunft der Region.<br />

Standortbedingungen <strong>und</strong> heutige Industriestruktur<br />

im nordöstlichen Santa Catarina<br />

Obwohl Santa Catarina mit etwa 95.500 km² einer der kleinsten brasilianischen<br />

B<strong>und</strong>esstaaten mit 2005 nur 6,0 Millionen Einwohnern (= 3,2% Brasiliens) ist, kommt<br />

diesem Staat eine große industrielle Bedeutung zu. An Zahl der Betriebe nimmt Santa<br />

Catarina ebenso den vierten Rang in Brasilien ein wie bei der Zahl der Industriebeschäftigten.<br />

Im Jahre 2004 waren über 476.000 Beschäftigte in der verarbeitenden<br />

Industrie tätig. Nach São Paulo mit 2,07 Millionen <strong>und</strong> einem Anteil von 35,5%, Rio<br />

Grande do Sul (10,6%) <strong>und</strong> Minas Gerais (10,2%) stehen Santa Catarina <strong>und</strong> Paraná<br />

mit je 8,2% der 5,8 Millionen Industriebeschäftigten an vierter Stelle.<br />

Die Industrie im nordöstlichen Santa Catarina spielt in Brasilien in vielen Branchen<br />

eine bedeutende Rolle. Nach der Wertschöpfung im Jahre 2004 werden im<br />

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