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Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

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Der seitenverkehrte <strong>und</strong> der ‚richtige‘ Himmel – Tradition <strong>und</strong> Neues<br />

Mourão bringt eine für den heutigen Laien verblüffende Erklärung für den<br />

„seitenverkehrten Himmel“ in dieser blauen Kugel: Der Astronom Pereira Reis<br />

benutzte ein anderes System der Wiedergabe des Sternenhimmels als es heute<br />

üblich ist: Er benutzte einen „Himmelsglobus“. Darauf hatte bereits 1890 (veröffentlicht<br />

1903) Eduardo Prado in seinem Protest-Essay A Bandeira Nacional hingewiesen<br />

(S. 39). Bei dieser Methode wird der Sternenhimmel auf einen Globus<br />

projeziert, wodurch folgendes geschieht:<br />

Himmelsglobus, die karthographische Darstellung des Sternhimmels<br />

<strong>und</strong> seines Koordinatensystems auf einer Kugeloberfläche. Ein Himmelsglobus<br />

zeigt eine unverzerrte, aber spiegelbildliche Lage der Sterne, da<br />

der Beobachter in der Natur auf die „Innenseite“ der Himmelskugel,<br />

bei einem Himmelsglobus aber auf dessen Außenseite schaut. (Brockhaus<br />

2006, S. 170)<br />

Dies ist wohl die einzige Erklärung <strong>und</strong> zugleich Rechtfertigung für den „seitenverkehrten<br />

Sternenhimmel“ auf der brasilianischen Fahne. (Der zusätzlich von<br />

oben nach unten verdrehte Skorpion entstand offensichtlich erst 1992 durch<br />

Hinzufügen eines weiteren Sterns am unteren, rechten Ende des Sternbildes).<br />

Pereira Reis <strong>und</strong> Luis Cruls hatten 1887 bzw. 1896 derartige, unzeitgemäße Sternkarten<br />

<strong>und</strong> Globen hergestellt, wie Mourão berichtet (Mourão 1998, S. 92). Er<br />

führt auch weiter aus, <strong>das</strong>s diese Himmelsgloben sogar lange vor den Erdgloben<br />

von den Astronomen angefertigt worden seien (MOURÃO 2000, S. 164). Der erste<br />

Erdglobus, auf den man auch ‚von außen‘ blickt, was man heute als Selbstverständlichkeit<br />

akzeptiert, wurde von Martin Behaim aus Nürnberg 1492 in Lissabon<br />

geschaffen (cf. GUEDES / LOMBARDI 1990, S. 68).<br />

Auch war es teilweise üblich, die Karten von Norden nach Süden anzulegen, so<br />

<strong>das</strong>s Süden oben <strong>und</strong> Norden unten auf den Blättern zu sehen war. Auch Hans<br />

Stadens Landkarte von Brasilien ist auf diese Art angelegt, so wie die Seeleute <strong>das</strong><br />

Land antrafen, wenn sie von Norden kamen. (Wer mit der TAP von Frankfurt nach<br />

Lissabon fliegt, wird auf den Bildschirmen auch schon diese ‚realistische‘ Flugroute<br />

gesehen haben, mit Lissabon oben in der geographischen Computeranimation).<br />

Pereira Reis behielt die nordeuropäische Version der „genordeten“ Karten bei, wie<br />

er in einem <strong>und</strong>atierten Schreiben darlegt (MOURÃO 1998, S. 109-110).<br />

Den ersten modernen Sternen-Atlas in <strong>und</strong> für Brasilien hat offenbar erst<br />

Rogerio Ronaldo Rogerio de Freitas Mourão selbst 1995 <strong>und</strong> 1997 veröffentlicht<br />

(cf. ibd., Bibliographie).<br />

Auf den Fahnen einiger südlicher Länder erscheint <strong>das</strong> Kreuz des Südens, so wie<br />

man es von der Erde aus sehen kann, z. B. Australien, Neuseeland <strong>und</strong> Papua-Neuguinea,<br />

nur Australien hat noch einen weiteren Stern auf seiner Fahne, den großen<br />

„Toliman“ oder „Rigel Kentauri“ aus dem Zentaurbild (ibd., S. 97; s. Farbtafel).<br />

Carvalho <strong>und</strong> Mourão schildern, wie groß der Widerstand gegen die neue<br />

Fahne war, die Marschall Deodoro Fonseca als Chef der Provisorischen Regierung<br />

mit dem Dekret Nr. 4 vom 19. November 1889 in Brasilien einführte; u. a.<br />

weigerte sich auch der Flugpionier Alberto Santos Dumont, diese Fahne „einer<br />

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