27.02.2013 Aufrufe

Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

Flüchtlinge und das ‚Aushandeln

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die deutsche Einwanderung nach Südbrasilien wurde als modernes Projekt<br />

zur Unterstützung der politischen Unabhängigkeit Brasiliens konzipiert. Mit diesem<br />

Projekt wurde ein neues Entwicklungsmodell verwirklicht, <strong>das</strong> auf Kleinbesitz, der<br />

Arbeitskraft der Einwanderer, der auf die Versorgung des Binnenmarktes mit Nahrungsmitteln<br />

ausgerichteten landwirtschaftlichen Polykultur, der Förderung regionaler<br />

Kapitalakkumulation <strong>und</strong> auf dem Anreiz gemeinschaftlicher Entscheidungen<br />

basierte.<br />

Dabei wurde auch deshalb an die Einwanderer aus deutschen Landen gedacht,<br />

da deren Ansiedlung als freie Kleinbauern in den USA erfolgreich war <strong>und</strong><br />

die deutschen Siedler als für Südbrasilien geeignet angesehen wurden. Nach<br />

Schwierigkeiten in der Anfangsphase in der Auseinandersetzung zwischen Zentralregierung<br />

<strong>und</strong> ländlicher Oligarchie der Plantagenbesitzer um die Landzuteilung<br />

an Kleinbauern wurde im Landgesetz 1850 die Verantwortlichkeit für die<br />

Einwanderung an die Provinzebene delegiert <strong>und</strong> privaten Kolonisationsgesellschaften<br />

übertragen. Im Gegensatz zu den tropischen Plantagengebieten<br />

mit Export von Agrarprodukten wurde in Südbrasilien die Einwanderung deutscher<br />

<strong>und</strong> später italienischer Kolonisten propagiert, die nach Land <strong>und</strong> Freiheit<br />

suchten. Santa Catarina übernahm in dieser zweiten Kolonisationsphase deutscher<br />

Einwanderung die Führung.<br />

In der dritten Phase ab 1880 kamen Einwanderer aus Thüringen, Sachsen,<br />

Baden <strong>und</strong> deutsche Weber aus Lodz, die die ersten Textilbetriebe in Blumenau,<br />

Joinville <strong>und</strong> Brusque gründeten (KOHLHEPP 1969). Dies war der Beginn einer<br />

später immer stärkeren wirtschaftlichen Ausrichtung auf die Industrie. Pioniere<br />

waren die „Tricotwarenfabrik Gebrüder Hering“ (1880) <strong>und</strong> die Kleiderstoffe produzierende<br />

Firma Röder, Karsten & Hadlich (1882) in Blumenau, die Textilfabrik<br />

Döhler (1881) in Joinville <strong>und</strong> in Brusque der Textilbetrieb Renaux (1892).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der schwierigen topographischen Verhältnisse in der Region<br />

waren die besten Flächen <strong>und</strong> Böden bald schon vergeben, so <strong>das</strong>s durch<br />

neue Einwanderer oder durch Misserfolg in der Landwirtschaft Arbeitskräfte<br />

in die Industrie abwanderten oder als Arbeiter-Bauern eine solide wirtschaftlicheGr<strong>und</strong>lage<br />

anstrebten.<br />

Blumenau, Joinville<br />

<strong>und</strong> Brusque<br />

wurden durch weitere<br />

Betriebe in der<br />

Textil- <strong>und</strong> Bekleidungsindustrie<br />

zu<br />

Zentren der industriellen<br />

Aktivitäten<br />

<strong>und</strong> konzentrierten<br />

2/3 aller Betriebe<br />

in Santa Catarina<br />

(CUNHA 1981). Die<br />

Firmen Renaux in<br />

Brusque <strong>und</strong> Hering<br />

Fábrica de Tecidos Renaux in Brusque (gegr. 1892) Anfang des<br />

20. Jhdts. (Firmenfoto im Familienbesitz M. L. Renaux)<br />

323

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!