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276 Carl Loewe. Beiträge zur Kenntnis seines Lebens <strong>und</strong> Schaffens.<br />
rechtigt ist. bleibe dahingestellt. Auf jeden 3all aber ist der Ausspruch<br />
<strong>für</strong> Loewes Wirken bezeichnend- fällt er doch in die Zeit<br />
seiner größten <strong>und</strong> durchschlagendsten Leistungen, als seine schaffende<br />
<strong>und</strong> ausübende Kunst ihre größten Erfolge erreichte. Iu der<br />
Tätigkeit Loewes, die — im Sinne des Dohrnschen Ausspruches<br />
— auf die musikalische Erziehung größerer Volkskreise<br />
abzielte <strong>und</strong> die Pflege der Musik zum Gemeingut des<br />
gebildeten Volkes zu machen bestrebt war, gehörten seine Kompositionen<br />
<strong>für</strong> den mehrstimmigen A-Capellagesang, ein Iweig<br />
seines Kunstschaffens, der leider noch nicht genügend bekannt ist.<br />
In einem feinsinnigen Aufsaht) weist 3ranz Kugler, der<br />
Berliner Kunsthistoriker <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> C. Loewes, nach, wie gerade<br />
die Stettiner Bürger in den 30er Jahren des vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
zugleich mit einer lebhaft betätigten Naturliebe eine starke Vorliebe<br />
<strong>für</strong> den mehrstimmigen Gesang ohne Instrumentalbegleitung<br />
entwickelten. Die Stettiner jener Zeit erfreuten sich an einer ganz<br />
eigenartigen, bodenständigen 3orm des geselligen Naturgenusses,<br />
das waren ihre Wasserfahrten auf Nuder- bezw. Segelkähnen.<br />
Da wurden nach alter Stettiner Überlieferung mit trefflichen Genüssen<br />
an Speisen <strong>und</strong> Getränken die Tafelfreuden weidlich gepflegt,<br />
nicht minder aber der vierstimmige, gesellschaftliche Gesang.<br />
Darum waren nach 3. Kuglers Darstellung „ein Hauptrequisit <strong>für</strong><br />
diese Wasserfahrten die Liederbücher, die nur in wenigen Kreisen<br />
fehlen dürfen. Auf der 3läche des Wassers fortgetragen, klingt<br />
der Gesang doppelt schön' durch ihn gewinnt das Gefühl, das in<br />
unserm Innern wach geworden ist, seine Sprache- durch ihn erst<br />
wird uns die Wechselwirkung, in der wir mit dem Leben der Natur<br />
stehen, klar <strong>und</strong> deutlich bewußt." Im Gegensatz zu dem an vielen<br />
Orten gepflegten vierstimmigen Männergesang, der besonders durch<br />
die Gründung der Liedertafeln in Aufnahme kam, der aber immer<br />
nur den einen Teil der Gesellschaft zum Träger hatte <strong>und</strong> darum<br />
einseitig blieb, umfaßte das Stettiner Gesellschaftslied auch die<br />
höheren Stimmen Sopran <strong>und</strong> Alt. „Der vierstimmige Gesang,<br />
wie er in Stettin vorzüglich geübt wirb, ist als der eigentlich gesellschaftliche<br />
zu bezeichnen. Es sind reine <strong>und</strong> vollständige Vokalquartette,<br />
in denen die verschiedenen menschlichen Stimmen sich<br />
charakteristisch sondern <strong>und</strong> harmonisch zu einem Ganzen verschmelzen,-<br />
<strong>und</strong> nicht von gemieteten Musikern ausgeführt — aus<br />
i) Stettin <strong>und</strong> der dortige gesellig musikalische Verkehr, in: Morgen«<br />
blatt <strong>für</strong> gebildete Leser. 32. Jahrg. 1838. Stuttgart <strong>und</strong> Tübingen. Verlag<br />
I. G. Cotta. Nr. 298/9.