Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Kommunale Sozialpolitik kann die Augen nicht vor den ordnungspolitischen Konflikten in multiethnischen Stadtquartieren verschließen.<br />
Hilfestellung heißt hier auch, das Ordnungs- <strong>und</strong> Sicherheitsbedürfnis der Mehrheitsgesellschaft ernst zu nehmen <strong>und</strong> Lösungsangebote<br />
bereitzustellen. Das Ziel dieser sozialpolitisch motivierten Ordnungspolitik heißt: Vermeidbare Konflikte müssen vermieden<br />
werden.<br />
Die Einhaltung von Regeln erleichtert das multiethnische Zusammenleben, diese Regeln müssen aber auch allen Bewohnern bekannt<br />
<strong>und</strong> verständlich sein.<br />
In Göttingen-Grone wurden bisher u.a. folgende ordnungspolitische Maßnahmen ergriffen:<br />
• Thema im Kommunalen Kriminalpräventionsrat Verstärkung der Stadtreinigung<br />
• mehrsprachige Informationen zur Mülltrennung <strong>und</strong> Sperrmüllabfuhr<br />
• mehrsprachige Mietverträge <strong>und</strong> Hausordnungen<br />
• Unterstützung von Hausmeisterstellen<br />
• „broken window“, erste Verunreinigungen sofort beheben, bevor Nachahmungseffekte entstehen<br />
• saubere aufgewertete Müllabstellplätze<br />
• persönliche Zuordnung von Müllbehältern.<br />
Noch immer ziehen aus Grone diejenigen fort, die die Optionen dazu haben, vor allem die jungen Erwachsenen <strong>und</strong> die Familien, die das<br />
Quartier stabilisieren. Allerdings konnte die Fluktuation durch die Maßnahmen der Sozialen Stadt bereits deutlich gebremst werden.<br />
6. Intrakulturelle Potenziale in Göttingen-Grone<br />
„Der desintegrierte Stadtteil ist nur mit den MigrantInnen nachhaltig zu stabilisieren, sie bringen durch ihre Migrations- <strong>und</strong> Solidarerfahrungen,<br />
durch eigene kulturelle Werte <strong>und</strong> Praktiken die notwendigen Potentiale ein, um den Stadtteil ökonomisch <strong>und</strong> sozial<br />
wieder zu beleben <strong>und</strong> der herrschenden Isolation, Zerstörungswut <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit etwas entgegenzusetzen. Diese Potentiale<br />
zu erkennen <strong>und</strong> als endogene Kräfte anzuerkennen <strong>und</strong> zu fördern, würde einer wirksamen Integration in den Gesellschaftsdialog<br />
dienlich sein“ (Waltz 2000, S. 79).<br />
In Grone konnte bisher das endogene Kapital der Migrantenfamilien kaum genutzt werden, die nicht nur in den gemischten Wohnquartieren<br />
zu den integriertesten gehören, sondern auch durch das Herausbilden von Netzwerken <strong>und</strong> spezifischer ethnischer Ökonomien<br />
zum Rückgrat der lokalen Ökonomie in den von Verslumungstendenzen gekennzeichneten innerstädtischen Quartieren werden<br />
können (vgl. Dangschat 2000, S. 41).<br />
Eine Evaluation der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen (vgl. Birsl 2003) hat <strong>für</strong> das Sanierungsgebiet in<br />
Göttingen-Grone herausragende Qualifikationspotenziale der Bewohnerschaft festgestellt. Die Ergebnisse zum Stellenwert von<br />
Gelegenheitstätigkeiten besagen, dass allein 65 % der erwerbsfähigen Bevölkerung im Sanierungsgebiet sporadisch oder regelmäßig<br />
Gelegenheitstätigkeiten ausübt. In vielen dieser Tätigkeitsfelder sehen die Befragten zugleich ihre stärksten Kompetenzen, die sie aber<br />
nur selten in ihrem Beruf einbringen können. Fast ein Drittel wünscht sich jedoch, diese Kompetenzen im Beruf umsetzen zu können.<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
anderes<br />
Übersetzungen<br />
Schreibarbeiten<br />
Musik<br />
Gelegenheitsjobs nach Tätigkeiten · n = 277, Angaben in %<br />
Quelle: Birsl 2003, Begleituntersuchung Grone, Teil 1, S. 14<br />
Bügeln<br />
Putzen<br />
Kochen<br />
Kinderbetreuung<br />
Pflege<br />
Nähen<br />
Bei den Frauen dominieren personennahe Dienstleistungen wie Arbeiten im Haushalt, pflegende <strong>und</strong> betreuende Aufgaben. Bei den<br />
Männern dominieren handwerkliche Arbeiten. Bei der Suche nach „endogenen“ Potenzialen der Bewohnerschaft im Sanierungsgebiet<br />
überrascht der Stellenwert sehr qualifizierter Arbeit von r<strong>und</strong> 5 % Übersetzungsarbeiten <strong>und</strong> bis zu 13,4 % Schreibarbeiten. Insbesondere<br />
in den türkischen Familien besteht dieses Potenzial an Personen, die solche qualifizierten Gelegenheitsarbeiten übernehmen.<br />
Dieses Arbeitsmarktpotenzial wurde bislang nicht hinreichend ausgeschöpft. Dieser Hinweis auf das endogene Potenzial vor allem auch<br />
intrakultureller Kompetenzen wurde in der bisherigen Diskussion um Soziale Stadt noch zu wenig berücksichtigt.<br />
Gärtnern<br />
Haare fisieren<br />
Autoreparatur<br />
Fliesen legen<br />
Frauen Männer<br />
Sanitärarbeiten<br />
Elektroarbeiten<br />
Renovierungen<br />
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