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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Auf der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking wurde Gender Mainstreaming als neues Instrument zur Gleichstellungspolitik etabliert:<br />

Gender Mainstreaming wird zur Schlüsselkategorie in internationalen Debatten. Mit dem Amsterdamer Vertrag 1997 verpflichten sich<br />

die Staaten der EU, das Gender Mainstreaming-Prinzip bei ihrer Politik anzuwenden. Es wird als Querschnittsaufgabe verankert <strong>und</strong><br />

2001 wurde vom EU-Rat Ausbau <strong>und</strong> Verfolgung eines Doppelansatzes formuliert: Gender Mainstreaming <strong>und</strong> spezielle Chancengleichheitsmaßnahmen<br />

sollen miteinander verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> als Doppelstrategie begriffen werden, d.h. Gender Mainstreaming ersetzt<br />

nicht bisherige Frauenförderpolitik, sondern beides wird als sich ergänzende Maßnahmen begriffen.<br />

1998 ratifiziert die BRD den Amsterdamer Vertrag.<br />

2000 konstituiert sich auf B<strong>und</strong>esebene eine interministerielle Steuerungsgruppe Gender Mainstreaming zur Implementierung des<br />

Ansatzes in die laufende Arbeit aller Ressorts (unter Leitung des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend). Ziel<br />

dabei ist die Verankerung des Prinzips in der B<strong>und</strong>espolitik, die Erarbeitung von Kriterienkatalogen, die Entwicklung von Handbüchern,<br />

Checklisten <strong>und</strong> Prüfkatalogen <strong>für</strong> die gesamte B<strong>und</strong>esverwaltung <strong>und</strong> die Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung der Fachkräfte.<br />

Die gemeinsame Geschäftsordnung der B<strong>und</strong>esministerien im § 2 GGO wurde wie folgt novelliert:<br />

„Die Gleichstellung von Frauen <strong>und</strong> Männern ist durchgängiges Leitprinzip <strong>und</strong> soll bei allen politischen, normgebenden <strong>und</strong> verwaltenden<br />

Maßnahmen der B<strong>und</strong>esregierung in ihren Bereichen gefördert werden (Gender Mainstreaming).“<br />

Verschiedene Länder <strong>und</strong> Kommunen beginnen mit der Verankerung des Gender Mainstreaming-Konzeptes in ihre Arbeit durch<br />

entsprechende Kabinettsbeschlüsse <strong>und</strong> Aktivitäten <strong>und</strong> auch auf kommunaler Ebene sind vielfältige Aktivitäten zu verzeichnen.<br />

2. Gender Mainstreaming im Unterschied zur klassischen Frauenförderungspolitik<br />

Gender Mainstreaming geht davon aus, dass das Geschlechterverhältnis Einfluss hat auf die Verteilung von Arbeit, Geld, Macht,<br />

Teilhabe am gesellschaftlichen Leben <strong>und</strong> dass hier nach wie vor ein hierarchisches Geschlechterverhältnis vorherrscht, das heißt, politische<br />

Programme, Maßnahmen, Dienstleistungen orientieren sich oft an einseitigen männlichen Leitvorstellungen. Dadurch sind jedoch<br />

nicht nur Frauen benachteiligt, sondern auch <strong>für</strong> Männer mit einem anderen, z.B. familienorientierten Lebenskonzept, entstehen<br />

dadurch Nachteile.<br />

Ziel von Gender Mainstreaming ist die Veränderung politischer Entscheidungen <strong>und</strong> Entscheidungen in Organisationen hin zu mehr<br />

Chancengleichheit <strong>und</strong> Geschlechter-Demokratie durch bewusste Reflexion der Auswirkung von Planungen auf Frauen <strong>und</strong> Männer.<br />

Auch von einer geschlechtsneutralen Betrachtung der Mitarbeiterschaft muss Abschied genommen werden zugunsten einer bewussten<br />

Reflexion des Geschlechterverhältnisses am Arbeitsplatz. Gender Mainstreaming bedeutet damit die systematische Reflexion der jeweiligen<br />

Situation, der Prioritäten <strong>und</strong> der Bedürfnisse von Frauen <strong>und</strong> Männern in allen politischen Handlungsfeldern bei Planung,<br />

Durchführung <strong>und</strong> Auswertung von Maßnahmen.<br />

Gender Mainstreaming löst Frauenförderpolitik nicht ab, sondern beide sollen sich im Sinne einer Doppelstrategie ergänzen.<br />

Dazu ein kurzes Beispiel: Im Sinne klassischer Frauenförderung werden Projekte zur Beteiligung von mehr Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen<br />

in naturwissenschaftlich-technischen Berufen durchgeführt. Hierbei geht es ausschließlich um Frauenförderung. Unter dem Aspekt<br />

Gender Mainstreaming wäre es z.B. bei einer Analyse des Kindertagesstätten- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulbereichs erforderlich, <strong>für</strong> mehr Männer<br />

in entsprechenden pädagogischen Ausbildungsberufen zu sorgen. Dies nicht nur aus Prinzipien der Gleichstellung, sondern weil die<br />

Notwendigkeit der Sozialisation von Mädchen <strong>und</strong> Jungen durch beide Geschlechter in den Erziehungswissenschaften schon lange als<br />

vorteilhaft angesehen wird.<br />

3. Gender Mainstreaming als Teil von Organisationsentwicklung – insbesondere in der <strong>öffentliche</strong>n Verwaltung<br />

Gender Mainstreaming wird in der Fachliteratur in der Regel als Teilbereich von Organisationsentwicklung begriffen <strong>und</strong> die gemeinsamen<br />

Ziele von Gender Mainstreaming <strong>und</strong> Organisationsentwicklung werden unterstrichen.<br />

Folgende Gemeinsamkeiten von Organisationsentwicklungsprozessen <strong>und</strong> von Gender Mainstreaming werden dabei gesehen:<br />

• Modernes Unternehmensleitbild auf der Basis von Geschlechterdemokratie <strong>und</strong> Chancengleichheit<br />

• Erhalt der Employability<br />

• Entwicklung der Human Ressource (nichtgenutzte Kompetenzen erkennen <strong>und</strong> nutzen)<br />

• Entwicklung einer positiven Unternehmenskultur<br />

• Bindung der Mitarbeiterschaft an das Unternehmen > Erhöhung der Arbeitszufriedenheit<br />

Gender Mainstreaming in <strong>öffentliche</strong>n Verwaltungen <strong>und</strong> Institutionen eröffnet die Chance, Integrations- <strong>und</strong> Partizipationsprozesse<br />

von Frauen <strong>und</strong> Männern in unserer Gesellschaft zu unterstützen, auf die Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse beider Gruppen einzugehen <strong>und</strong><br />

damit einen Beitrag zu einer zivilgesellschaftlichen Weiterentwicklung hin zu mehr Geschlechter-Demokratie zu leisten.<br />

„Ein Leitbild von Verwaltung sowie von sozialen Organisationen <strong>und</strong> Einrichtungen als Dienstleister mit Klienten- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierung<br />

ist ohne den Gender-Blickwinkel nicht realisierbar.“ 2<br />

Wichtig ist die Anwendung von Gender Mainstreaming in <strong>öffentliche</strong>n Verwaltungen sowohl mit den Blick nach innen, also der<br />

Personal- <strong>und</strong> Organisationsstruktur, der Personal-Rekrutierung <strong>und</strong> -Auswahl, der Lohngerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, in<br />

Fragen des Aufstiegs <strong>und</strong> der Beförderung, des Problems der sexuellen Belästigung, der Arbeitsbedingungen, der Rückkehr von Frauen<br />

(<strong>und</strong> einigen wenigen Männern) nach dem Erziehungsurlaub etc.<br />

2) Weg, a.a.O., S. 4.<br />

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