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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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kulturelle Teilhabe ermöglichen. Sie dienen damit der Würde des Menschen <strong>und</strong> seiner tatsächlichen Freiheit. Sie stärken die<br />

Demokratie <strong>und</strong> das freie Unternehmertum. Sie stärken damit aber auch das Selbstvertrauen <strong>und</strong> die Selbstbestimmung der Menschen.<br />

Die Überlegenheit der sozialen Marktwirtschaft über jede Form der Planwirtschaft war eine der prägenden Erfahrungen der vergangenen<br />

Jahrzehnte. Was aber ist, wenn es einmal keine Zuwächse zu verteilen gibt oder sehr viel kleinere als früher? Beginnt dann auch<br />

die Zustimmung zur freiheitlichen Gesellschaftsordnung <strong>und</strong> zur sozialen Marktwirtschaft zu wanken?<br />

Dies wäre in der Tat eine gefährliche Entwicklung, deren Folgen wir heute nicht einmal annäherungsweise abschätzen können.<br />

Wir können <strong>und</strong> müssen deshalb gegensteuern <strong>und</strong> die Spielregeln der sozialen Marktwirtschaft immer wieder an die Entwicklung von<br />

Technik, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft anpassen.<br />

Das Netz der sozialen Absicherung in Deutschland ist vorbildlich. Darum beneiden uns viele Menschen, überall auf der Erde, jeden<br />

Tag. Das ist die eine Seite der Medaille. Wir müssen aber auch die andere Seite zur Kenntnis nehmen: Das System ist an seine Grenzen<br />

gestoßen. Das Sicherungsnetz ist nicht mehr sicher, weil wir es schon eine ganze Weile überstrapazieren. Der TÜV ist abgelaufen. Also<br />

müssen wir das Netz neu spannen.<br />

Erschwert wird dies aber dadurch, dass wir im Augenblick mit keinen Zuwächsen rechnen können – weder beim Wirtschaftswachstum<br />

noch bei der Leistungskraft der Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger.<br />

In welche Richtung müssen wir also unser reformbedürftiges Sozialsystem ausrichten? Ich weiß, dass Sozialpolitik nicht allein Politik<br />

<strong>für</strong> Bedürftige ist; es ist ja gerade ein großer Vorteil der Sozialversicherung, dass sie wichtige Leistungen an der vorherigen Beitragszahlung<br />

bemisst.<br />

Dennoch gehört es zum Kern unseres Sozialstaates auch, dass die Gemeinschaft denen hilft, die sich nicht aus eigener Kraft, auch nicht<br />

auf Gr<strong>und</strong> eigener Sozialversicherung helfen können.<br />

Unser System sozialer Hilfe muss also auch in Zukunft so gestaltet sein, dass es ausreichende Unterstützung dort leisten kann, wo sie<br />

wirklich nötig ist. Das ist Konsens in allen Parteien, mehr noch als das: Es ist ein Gr<strong>und</strong>wert unserer Gesellschaft.<br />

Wer aber über diesen Konsens hinaus Reformen in der Sozialpolitik anmahnt, setzt sich leicht Missverständnissen aus. Da ist zunächst<br />

die gebetsmühlenartige Abwehr: Bei Reformen gehe es ja doch immer nur um Abbau, also darum, in einer Gesellschaft, in der die<br />

Reichen ohnehin immer reicher würden, auch noch den Armen etwas wegzunehmen. Darum kann, darum darf es nicht gehen. Gerade<br />

eine Gesellschaft der Freiheit muss sozial sein.<br />

Ohne gr<strong>und</strong>legende Reformen werden wir aber die großen Probleme unserer Zeit nicht lösen können: Wie soll angesichts der veränderten<br />

demographischen Entwicklung unser Alterssicherungssystem aussehen? Wie kann das Ges<strong>und</strong>heitssystem der Zukunft<br />

leistungsfähig <strong>und</strong> doch bezahlbar sein? Wie können wir die Familien entlasten?<br />

Keine dieser Fragen ist lösbar, wenn es uns nicht zugleich gelingt, die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu verringern. Deshalb müssen alle<br />

Anstrengungen hierauf konzentriert werden. Damit heißt der erste <strong>und</strong> wichtigste Ansatz aus der Krise: vernünftige Arbeitsmarktpolitik.<br />

Die ist immer noch die beste Sozialpolitik. Für mich ist sozial, was Arbeitsplätze schafft. Dabei leistet der Staat die Gr<strong>und</strong>versorgung<br />

an sozialer Sicherheit, ohne die Verantwortung des Einzelnen <strong>und</strong> der Unternehmen aus dem Blick zu verlieren.<br />

Bei der Neuordnung des Rentensystems, der Krankenversicherung <strong>und</strong> der anderen sozialen Sicherungsleistungen müssen wir vor allem<br />

auf eines achten: Die soziale <strong>Fürsorge</strong> darf nicht zulasten der Handlungsspielräume der zukünftigen Generation gehen. Man kann nur<br />

das ausgeben <strong>und</strong> verteilen, was man auch erwirtschaftet hat. Das gilt <strong>für</strong> den Bürger genauso wie <strong>für</strong> den Staat.<br />

Deshalb müssen wir gerade in der Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Sozialpolitik den Menschen mehr zutrauen, ihnen mehr Eigenverantwortung <strong>und</strong><br />

Eigeninitiative zugestehen <strong>und</strong> ihnen mehr Möglichkeiten der Teilhabe an den politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Prozessen eröffnen.<br />

Aber, meine Damen <strong>und</strong> Herren, was immer man über den notwendigen Umbau des Sozialsystems denken mag, eines steht jedenfalls fest:<br />

Die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf den internationalen Märkten wird allein durch Reformen im Sozialsystem nicht<br />

wieder herstellbar sein.<br />

Denn wohlgemerkt, eines wollen <strong>und</strong> können wir nicht: Billiglohnländern durch preiswerte Produkte Konkurrenz machen. Wir können<br />

nur auf den Weltmärkten bestehen, wenn wir Spitzenqualitäten im Rahmen schon bekannter Produktreihen anbieten oder völlig neue,<br />

anderen überhaupt noch nicht zugängliche Leistungen vorhalten.<br />

Wir müssen uns über eines im Klaren sein: Das soziale Sicherungssystem in Deutschland können wir gr<strong>und</strong>sätzlich nur dann erhalten,<br />

wenn wir unseren Konkurrenten auf den Weltmärkten stets voraus sind, wenn wir Produkte anbieten, zu deren Herstellung die anderen<br />

noch nicht in der Lage sind.<br />

Dies ist der Gr<strong>und</strong>, weshalb ich immer wieder darauf verweise: Bildung <strong>und</strong> Forschung begründen in unserem Land den Wohlstand<br />

jetzt <strong>und</strong> künftig. Dessen muss sich die deutsche Gesellschaft bewusst werden. Nur mit wissensintensiven, innovativen Produkten<br />

werden wir auf dem Weltmarkt bestehen können.<br />

Die Zeit der T-Shirt-Produktion auf der Schwäbischen Alb ist endgültig vorbei. Biotechnologie, Nanotechnologie <strong>und</strong> Softwaretechnologien<br />

sind die Herausforderungen unserer Zeit.<br />

Damit komme ich zum Schlüsselbegriff Wissensgesellschaft, der zugleich unsere Zukunft bestimmen wird. Wir befinden uns auf dem<br />

Weg in die Wissensgesellschaft, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht. Ich will Ihnen <strong>für</strong> diese Behauptung einige Beispiele nennen,<br />

die diesen Trend charakterisieren:<br />

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