Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Reform der finanziellen Leistungen der Arbeitslosen- <strong>und</strong> Sozialhilfe<br />
Ein Beitrag zum Diskussionsstand aus dem <strong>für</strong> die Sozialhilfe zuständigen B<strong>und</strong>esministerium<br />
Rainer Irlenkaeuser, Ministerialdirigent im B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziale Sicherung<br />
Der Vortragsstil ist beibehalten worden. Der Text gibt die persönliche Auffassung des Verfassers wieder.<br />
Meine sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
wie der Titel meines Vortrags ausweist, kann ich Ihnen heute nur einen vorläufigen Zwischenbericht über die derzeitigen Reformüberlegungen<br />
<strong>und</strong> -vorhaben im Bereich der Sozialhilfe geben. Denn die politische Diskussion ist noch in vollem Gange <strong>und</strong> bei dem dann<br />
erzielten Ergebnis hat auch der B<strong>und</strong>esrat noch ein gewichtiges Wort mitzureden.<br />
Aber unabhängig davon, welche konkreten Ergebnisse diese Debatte im Einzelnen noch bringen wird, möchte ich auf Folgendes<br />
hinzuweisen:<br />
Das System der sozialen Sicherung in Deutschland bedarf – wie in der Agenda 2010 skizziert – der Erneuerung <strong>und</strong> Umstrukturierung,<br />
wenn es den anstehenden Herausforderungen – Abbau der Arbeitslosigkeit, Berücksichtigung der demographischen Entwicklung,<br />
Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext, um nur einiges zu nennen – gewachsen sein soll. Für mehr<br />
Beschäftigung bei gleichzeitig angemessener sozialer Absicherung müssen auch im sozialen Netz Ineffizienzen, Ineffektivitäten,<br />
Verkrustungen <strong>und</strong> überzogene Bürokratie abgebaut, Eigenverantwortung <strong>und</strong> -initiative durch einen ausgewogenen Mix von Fördern<br />
<strong>und</strong> Fordern gestärkt sowie der Einsatz der knappen finanziellen Mittel optimiert werden.<br />
Dieser notwendige, weit reichende, u.U. auch schwierige Veränderungsprozess erfasst auch das unterste soziale Netz, die Sozialhilfe.<br />
Insofern passt es, dass sich derzeit zwei Reformprojekte zur Sozialhilfe in Vorbereitung befinden:<br />
• Die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe <strong>für</strong> Erwerbsfähige zu einer neuen Leistung sowie<br />
• die Reform des Sozialhilferechts, verb<strong>und</strong>en mit einer Neukodifizierung als Zwölftes Buch des Sozialgesetzbuches.<br />
Lassen Sie mich zunächst auf die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe (HLU – Hilfe zum Lebensunterhalt) eingehen.<br />
Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe<br />
1. Von „ MoZart“ bis zur „Agenda 2010“<br />
Die Überlegungen <strong>für</strong> eine Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe <strong>für</strong> Erwerbsfähige sind nicht neu; schon zu Beginn<br />
der vergangenen Legislaturperiode gab es verschiedene Expertengruppen, die sich dieses Themas angenommen hatten. Auch die<br />
„MoZart“-Modell-Vorhaben über die Zusammenarbeit von Arbeits- <strong>und</strong> Sozialämtern zielen, wenn auch zunächst etwas bescheidener,<br />
in die gleiche Richtung.<br />
Insofern hat der Bericht der Hartz-Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ diese Diskussion aufgenommen <strong>und</strong> ein<br />
Modell zur Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe vorgeschlagen. Die neue einheitliche Leistung, im Hartz-Bericht<br />
als Arbeitslosengeld II bezeichnet, soll die heutige Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> die heutige Sozialhilfe <strong>für</strong> diejenigen Personen ersetzen, die<br />
erwerbsfähig sind, <strong>und</strong> immer dann gezahlt werden, wenn der Hilfeempfänger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Bei Nicht-<br />
Verfügbarkeit wird Sozialgeld bezahlt, so der Hartz-Bericht (S. 128).<br />
In der Koalitionsvereinbarung vom 16. Oktober 2002 heißt es zu dieser Thematik u.a.: „Mit der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe<br />
<strong>und</strong> Sozialhilfe bündeln wir die Kompetenzen zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit <strong>und</strong> schaffen Anreize zur Integration<br />
in das Arbeitsleben. Bei der Zusammenführung werden wir die Ergebnisse der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen<br />
berücksichtigen.“<br />
Sehr viel konkreter hat sich der B<strong>und</strong>eskanzler in der „ Agenda 2010“ geäußert. So erklärte er u.a.:<br />
• Drittens werden wir „die Kommunen ab dem 1. Januar 2004 von der Zahlung <strong>für</strong> die arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger entlasten.<br />
Das heißt: Für bis zu einer Million Sozialhilfeempfänger wird die B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Arbeit zuständig sein. Die Kommunen werden<br />
dadurch in Milliardenhöhe entlastet.“<br />
• Wir werden „Arbeitslosen- <strong>und</strong> Sozialhilfe zusammenlegen: Und zwar einheitlich auf eine Höhe, die in der Regel dem Niveau der<br />
Sozialhilfe entspricht“.<br />
• Deswegen werden wir „<strong>für</strong> eine bestimmte Zeit Langzeitarbeitslosen, die eine Beschäftigung aufnehmen, deutlich mehr .... Transfers<br />
belassen. ... wer zumutbare Arbeit ablehnt, der wird mit Sanktionen rechnen müssen.“<br />
Diese Ausführungen sind natürlich auch <strong>für</strong> die im März 2002 eingesetzte Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen <strong>und</strong> deren<br />
Arbeitsgruppen von Bedeutung; denn als deren Hauptaufgaben werden „die Zukunft der Gewerbesteuer <strong>und</strong> die finanziellen Folgen<br />
einer effizienteren Gestaltung der unterschiedlichen Transfersysteme Arbeitslosenhilfe <strong>und</strong> Sozialhilfe <strong>für</strong> die Gebietskörperschaften“<br />
bezeichnet.<br />
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