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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Lokale Integrationspolitik verlangt einen Ansatz der interkulturellen Öffnung, der interkulturellen Kompetenz der Kommunalverwaltung<br />

als Teil einer Politik der Verschiedenartigkeit. Das Konzept des „Managing diversity“ von Roosevelt Thomas bedeutet, dass eine<br />

Organisation explizit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit in der Belegschaft <strong>und</strong> bei den Klientel nimmt (vgl. Bellaart, 2002, S. 69).<br />

Ziel des interkulturellen Zusammenlebens im Quartier „Soziale Stadt“ Göttingen-Grone ist die Schaffung von<br />

• Symmetrie zwischen den Kulturen,<br />

• Gleichwertigkeit bei Andersartigkeit,<br />

• Respekt <strong>und</strong> Anerkennung,<br />

• umfassende rechtliche, soziale, ökonomische <strong>und</strong> religiöse Gleichstellung.<br />

Interkulturelle Kompetenz ist erforderlich, um diese Ziele zu erreichen. Interkulturelle Kompetenz wird von jedem Bürger in unserer<br />

Gesellschaft erwartet. Vorbildfunktion müssen aber jene erfüllen, die heute den engsten Kontakt zu Migranten in unserem Gemeinwesen<br />

besitzen.<br />

Kommunale Sozialpolitik in deutschen Großstädten verfolgt das Ziel, soziale Segregation zu vermeiden <strong>und</strong> Durchmischung zu fördern.<br />

Unausgesprochen geht dieser Ansatz von der Annahme aus, dass Integration immer dann funktioniert, wenn der Anteil der Zuwanderer<br />

bei möglichst homogener Herkunft ein bestimmtes Maß nicht überschreitet, dass Migranten in einer integrationsfähigen Minorität<br />

<strong>und</strong> nicht darüber hinaus vorkommen sollten.<br />

In Göttingen-Grone werden folgende interkulturelle Strategien verfolgt:<br />

• Kontakthypothese (multiethnische Gemeinschaft fördern, z.B. über Nachbarschaftszentrum),<br />

• Segregation vermeiden (Attraktivierung des Quartiers <strong>für</strong> Neubürger),<br />

• Identifikation erhöhen (Aufenthaltsqualitäten im Quartier verbessern: Internet-Café; Mietergärten; Spiel- <strong>und</strong> Sportangebote; <strong>Verein</strong>e<br />

fördern; Standort <strong>für</strong> „Internationale Gärten“; Events; Arbeitsplatz- <strong>und</strong> Bildungsangebote; Beratung <strong>und</strong> Service vor Ort),<br />

• Fluktuation vermeiden.<br />

Gerade in den Gebieten der „Sozialen Stadt“ findet ein Ausschluss der hier lebenden Menschen von der normalen gesellschaftlichen<br />

Entwicklung, ihre soziale Ausgrenzung <strong>und</strong> damit der Verlust von Selbstbewusstsein <strong>und</strong> Selbstwertgefühl statt. Um die Beteiligung<br />

<strong>und</strong> Aktivierung solcher Bewohner am Stadterneuerungsprozess zu erreichen, muss das Quartiersmanagement andere k<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>liche<br />

Wege gehen, um auch ausländische <strong>und</strong> jüngere Bewohner zu erreichen. Auf Dauer werden sich die Bewohner jedoch nicht an<br />

Zeit raubenden, formalisierten, langweiligen <strong>und</strong> trockenen Prozessen beteiligen. Es muss auch Spaß machen, sich zu beteiligen, <strong>und</strong><br />

die Ergebnisse müssen als Erfolgserlebnis zeitnah sichtbar werden.<br />

Überwiegend Migranten/innen sind es, die die niederschwelligen Angebote der Gemeinwesenarbeit annehmen, als Teilnehmer/innen<br />

von Sprach- <strong>und</strong> Alphabetisierungskursen, Koch- <strong>und</strong> Nähkursen, Erzählcafés, Computerangeboten oder beruflichen Integrationshilfen.<br />

Von den Gr<strong>und</strong>zügen der politischen Bildung hin zu erfolgreicher Partizipation ist es jedoch ein weiter Weg, da viele Mittelschichtsfamilien<br />

bereits aus Göttingen-Grone abgewandert sind.<br />

Der Aufbau einer interkulturell ausgerichteten Gemeinwesenarbeit im Sanierungsgebiet Grone verfolgt das Ziel der besseren Integration<br />

<strong>und</strong> der Aktivierung der Migranten/innen im Wohngebiet. Zunächst bestand das Interesse überhaupt nur darin, die ausländischen<br />

Bewohner/innen im Quartier öffentlich sichtbar zu machen <strong>und</strong> ihnen einen Ort der Begegnung <strong>und</strong> des Kontaktes zu verschaffen.<br />

Im Zusammenhang mit diesem Projekt wurden folgende Maßnahmen eingeleitet:<br />

• Stadtteilbefragung in Grone-Süd „Soziale Wege <strong>und</strong> Nachfrage nach Existenzgründungen“;<br />

• Befragung von Jugendlichen an informellen Treffpunkten im Rahmen der Jugendhilfeplanung;<br />

• interkulturelle Konfliktmediation;<br />

• Förderung von Migranten/innen bei Existenzgründungsvorhaben;<br />

• mehrsprachiges Informationswesen;<br />

• Gemeinwesenarbeit im Stadtteilzentrum;<br />

• Standort <strong>für</strong> das Projekt „Internationale Gärten“;<br />

• Sexualberatungsangebote <strong>für</strong> ausländische Mädchen durch das Ges<strong>und</strong>heitsamt;<br />

• Einrichtung eines Dolmetscherdienstes;<br />

• mehrsprachige Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung;<br />

• Fortbildung der Verwaltungsmitarbeiter/innen in Fachwissen über Migration;<br />

• Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse der Mitarbeiter/innen;<br />

• vermehrte Berücksichtigung von Migranten/innen im <strong>öffentliche</strong>n Dienst der Kommune.<br />

Bei der Entwicklung eines Beteiligungskonzeptes <strong>für</strong> das „Soziale Stadt“-Projekt Göttingen-Grone gab es durch Verwaltung <strong>und</strong> Politik gemeinsam<br />

das Bestreben, auch die Migranten/innen im Stadtteil <strong>für</strong> die Beteiligungsangebote zu gewinnen. Als Unterstützung ihrer Belange<br />

ist eine Vertretung des Integrationsrates im Unterausschuss vertreten. Trotz eines quotierten Wahlverfahrens konnte in der Einstiegsphase jedoch<br />

noch keine hinreichende Repräsentanz der ausländischen Bewohnerschaft erzielt werden.<br />

9. Resümee<br />

Das Programm der Sozialen Stadt fordert die deutschen Großstadtkommunen heraus, konzeptionell der Segregation in den Städten <strong>und</strong><br />

der damit verb<strong>und</strong>enen Abwertung einzelner Quartiere zu begegnen. Das Konzept der Integration über Fremdheit <strong>und</strong> Distanz in der<br />

Großstadt nach Simmel setzt intakte wirtschaftliche Verhältnisse, persönliche Unabhängigkeit, Mobilität, Offenheit <strong>und</strong> Toleranz<br />

voraus. Diese Vorraussetzungen bestehen jedoch nicht in den Quartieren der Sozialen Stadt, die durch multiethnische Kolonien, von<br />

Deklassierungsängsten betroffene deutsche Bevölkerung, von Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Zukunftsängsten eingeschränkte Jugend gekenn-<br />

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