Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Familienbewusste Personalpolitik in der Wirtschaft<br />
Stefan J. Becker, Geschäftsführer der Beruf & Familie gGmbH – eine Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, Frankfurt a.M.<br />
Wie familienfre<strong>und</strong>lich sind deutsche Unternehmen? - In einer repräsentativen Umfrage hat die Gemeinnützige Hertie-Stiftung die Strategien<br />
<strong>und</strong> Angebote familienbewusster Personalpolitik in deutschen Unternehmen ermittelt.<br />
Das Ergebnis war ernüchternd: Auch wenn immer mehr Verantwortliche die Notwendigkeit <strong>für</strong> Maßnahmen zur besseren Balance von<br />
Erwerbsarbeit <strong>und</strong> Familienarbeit erkennen, so wird das Spektrum möglicher Maßnahmen in der betrieblichen Praxis bei weitem nicht<br />
ausgeschöpft.<br />
Dies mag auch daran liegen, dass Angebote einer familienbewussten Personalpolitik von nahezu allen Unternehmen nach wie vor als<br />
in erster Linie kostenintensiv eingeschätzt werden. Tatsächlich können viele Maßnahmen aber ohne oder mit nur geringem finanziellen<br />
Aufwand umgesetzt werden. So bieten sich beispielweise im Bereich der Kinderbetreuung statt eines kostenintensiven Betriebskindergartens<br />
sinnvolle Alternativen an: von der Vermittlung von Tagesmüttern über die Unterstützung von Elterninitiativen <strong>und</strong> den<br />
Erwerb von Belegplätzen bis hin zur Organisation einer Kinderbetreuung in Notsituationen <strong>und</strong> der Einrichtung von Eltern-Kind-Zimmern.<br />
Auch die Absprache mit bestehenden Einrichtungen zur Anpassung der Öffnungszeiten bringt betroffenen Angestellten spürbare<br />
Entlastung.<br />
Kostengünstige Maßnahmen, die ohne großen administrativen Aufwand umgesetzt werden können, scheinen zu wenig bekannt zu sein.<br />
So wird verständlich, dass sich 48 Prozent der befragten Unternehmen mehr „Information <strong>und</strong> Beratung“ wünschen, 38 Prozent der<br />
Betriebe wären in diesem Fall sogar zu mehr Engagement im Themenfeld Beruf <strong>und</strong> Familie bereit.<br />
Um Unternehmen bei ihren Bemühungen zu unterstützen, Maßnahmen zur <strong>Verein</strong>barkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie anzubieten, wurde auf<br />
Initiative <strong>und</strong> im Auftrag der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung das Audit Beruf & Familie® entwickelt. Das Audit Beruf & Familie® ist<br />
ein Managementinstrument zur Förderung der familienbewussten Personalpolitik, bei dem nicht nur bereits umgesetzte Maßnahmen<br />
begutachtet, sondern auch betriebsindividuelle Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.<br />
Das Audit Beruf & Familie® spricht deshalb nicht nur Unternehmen an, die sich bereits als familienfre<strong>und</strong>lich profiliert haben, sondern<br />
insbesondere diejenigen, die mit der Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik erst beginnen <strong>und</strong> hier<strong>für</strong> Unterstützung in<br />
Anspruch nehmen möchten. Mit Hilfe des Audits Beruf & Familie® können Unternehmen ihr individuelles Konzept entwickeln, um<br />
Unternehmensinteressen <strong>und</strong> Mitarbeiterbelange in eine tragfähige Balance zu bringen.<br />
Das Audit Beruf & Familie® erfasst Maßnahmen, die in allen klassischen Bereichen der Personalpolitik ansetzen. Acht Handlungsfelder<br />
werden dabei berücksichtigt:<br />
Arbeitszeit<br />
Flexible Arbeitszeiten vergrößern den unternehmerischen Gestaltungsspielraum. Beschäftigte können Umfang <strong>und</strong> Lage der Arbeitszeit<br />
besser mit den familiären Anforderungen vereinbaren.<br />
Maßnahmenbeispiele: Modulare Arbeitszeit, Lebensphasen orientierte Arbeitszeit, Kinderbonuszeit, Sabbaticals<br />
Arbeitsabläufe <strong>und</strong> Arbeitsinhalte<br />
Eine familienbewusste Arbeitsorganisation erhöht die Einsatzbereitschaft der Beschäftigten. Die Balance von Beruf <strong>und</strong> Familie wird<br />
durch flexible Gestaltung <strong>und</strong> Verteilung von Arbeitsaufträgen, durch multifunktionalen Personaleinsatz <strong>und</strong> Mitarbeiterbeteiligung erleichtert.<br />
Maßnahmenbeispiele: Teamarbeit, Qualitätszirkel, Kommunikationsinseln, Überprüfung von Arbeitsabläufen<br />
Arbeitsort<br />
Neue Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien ermöglichen den Unternehmen Zeit- <strong>und</strong> Kosteneinsparungen. Den Beschäftigten<br />
eröffnen sie flexiblere Arbeitsformen <strong>und</strong> damit die Chance, Familienbedürfnisse mit den beruflichen Anforderungen in Einklang<br />
zu bringen.<br />
Maßnahmenbeispiele: alternierende Telearbeit, mobile Telearbeit, Umzugsservice, Jobticket<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationspolitik<br />
Die kontinuierliche Information über Möglichkeiten <strong>und</strong> Nutzen familienunterstützender Angebote verstärkt die Wirksamkeit der<br />
Maßnahmen im Unternehmen <strong>und</strong> sorgt nach außen nachhaltig <strong>für</strong> eine Imageverbesserung.<br />
Maßnahmenbeispiele: Berichte in der Betriebszeitung, Informationsbroschüre, Gleichstellungsbeauftragte/r, Tag der offenen Tür<br />
Führungskompetenz<br />
Führungskräfte tragen wesentlich dazu bei, dass die Angebote zur <strong>Verein</strong>barkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie im Arbeitsalltag umgesetzt<br />
werden können. Ihr familienbewusstes Verhalten ist Spiegelbild einer modernen Unternehmenskultur.<br />
Maßnahmenbeispiele: Beurteilungsgr<strong>und</strong>sätze, Coaching, Mentoren-Programm, Unternehmensleitsätze<br />
Personalentwicklung<br />
Familiäre Veränderungen sind normale Bestandteile jedes Lebensweges. Die Berücksichtigung der familiären Situation bei Einstellung<br />
<strong>und</strong> weiterer Planung der Laufbahn hilft, qualifiziertes Personal zu gewinnen <strong>und</strong> zukunftssichernde Kompetenzen zu erhalten.<br />
Maßnahmenbeispiele: Personalentwicklungsplan, Programm zum Wiedereinstieg, Patenkonzept, Weiterbildung mit Kinderbetreuung<br />
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