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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Sozialraumbezug <strong>und</strong> Neugestaltung der erzieherischen Hilfen –<br />

Beispiele aus der INTEGRA-Region Celle<br />

Georg Schäfer<br />

1. Das Budgetmodell Celle. Bedingungen, Zielsetzungen, Strategien<br />

Sehr verehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

<strong>für</strong> sozialräumliches Arbeiten sind im Prinzip alle. Gegen die Finanzierung <strong>und</strong> Steuerung auf der Basis eines Sozialraumbudgets gibt<br />

es immer noch Vorbehalte. Wenn im Folgenden von Sozialraumbudgetierung gesprochen wird, dann ist von jener trägerorientierten<br />

Budgetform die Rede, wie sie im KGST-Bericht 12/98 entwickelt <strong>und</strong> in Stuttgart sowie auch in Celle jeweils mit anderen Akzenten<br />

umgesetzt worden ist.<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Veränderungen war die Kritik an den versäulten Hilfen zur Erziehung, deren mangelnde Flexibilität <strong>und</strong> die<br />

starren Finanzierungsvoraussetzungen.<br />

Etablierte Jugendhilfe auf der Gr<strong>und</strong>lage von Trägerkonkurrenz <strong>und</strong> einzelfallorientierter Kostenrechnung ist ein Verfahren,<br />

• das einer guten Zusammenarbeit der Beteiligten entgegensteht,<br />

• integrierte Konzepte der Jugendhilfe behindert,<br />

• Bildung eher verhindert als initiiert,<br />

• sozialräumliches Arbeiten unmöglich macht,<br />

• Lebensumfeldverbesserungen weitgehend verhindert<br />

• <strong>und</strong> das obendrein noch uneffektiv <strong>und</strong> teuer ist.<br />

Ich verzichte an dieser Stelle auf rechtfertigende Begründungen <strong>und</strong> hoffe darauf, dass sich der Beweis <strong>für</strong> die eine oder andere These<br />

durch die Praxisbeispiele von selbst ergibt. Ich komme damit zu einer kurzen Darstellung des Budgetmodells Celle. Wenn Sie mehr<br />

erfahren möchten, so verweise ich auf die von der Stadt Celle herausgegebene Materialmappe, die Sie <strong>für</strong> 14 Euro bestellen können. 1<br />

Die Stadt Celle mit einem Zuständigkeitsbereich von 73.000 Einwohnern, eher ein kleines Jugendamt, hat die niedrigschwelligen,<br />

ambulanten <strong>und</strong> teilstationären Erziehungshilfen seit 2001 in Höhe von inzwischen ca. 2 Mio Euro budgetiert <strong>und</strong> an die vier in Celle<br />

tätigen freien Träger der Jugendhilfe2 übertragen.<br />

Zielsetzung ist die Förderung einer adressatenorienierten, flexiblen, sozialräumlich gestalteten <strong>und</strong> ressourcenorientierten Jugendhilfe.<br />

Sozialraumbudgetierung der Jugendhilfe wird in Celle als ein Projekt zur Qualifizierung der Jugendhilfe verstanden <strong>und</strong> nicht als ein<br />

Deckelungsinstrument sozialer Leistungen. Das dabei auch aus den erhofften Synergieeffekten durchaus positive finanzielle Wirkungen<br />

erwartet werden, wird hierbei nicht verschwiegen. Immerhin ca. 20 % des Sozialraumbudgets kommen Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong><br />

Familien zugute, die auch ohne Rechtsanspruch <strong>und</strong> Hilfeplan gem. § 36 KJHG im Vorfeld von HzE an Angeboten teilnehmen können.<br />

Die Rechtsansprüchen können mit den verbleibenden 80 % des Budgets dennoch eingelöst werden.<br />

Die 20 % so genannter fallunspezifischer Leistungen werden überwiegend ausgehend von 6 Stadtteilprojekten geleistet <strong>und</strong> umfassen<br />

gruppenpädagogische Angebote <strong>für</strong> Kinder/Jugendliche <strong>und</strong> Familien mit HzE-Anspruch <strong>und</strong> ohne Rechtsanspruch im Vorfeld<br />

erzieherischer Hilfen sowie gemeinwesenorientierte <strong>und</strong> infrastukturelle Leistungen (Stadtteil AGs, Stadtteilr<strong>und</strong>en, befristete<br />

Bewohnerprojekte etc. i.S. von § 1 Abs. 4 Ziffer 3 SGB VIII).<br />

Im Gegensatz zu Stuttgart gibt es kein Trägermonopol in den Sozialbezirken. In den sechs Sozialbezirken (ca. 10.000–13.000<br />

Einwohner) sind jeweils zwei bis vier Träger als Leistungsanbieter vertreten. Das Wunsch- <strong>und</strong> Wahlrecht ist somit gewährleistet.<br />

Die Finanzierung stationärer Hilfen erfolgt außerhalb des Sozialraumbudgets. Stationäre Maßnahmen werden weiterhin ausschließlich<br />

vom <strong>öffentliche</strong>n Träger verantwortet <strong>und</strong> verwaltet.<br />

Die freien Träger der Jugendhilfe in Celle haben sich zu einer Trägerkooperation auf vertraglicher Gr<strong>und</strong>lage zusammengeschlossen<br />

<strong>und</strong> so eine Form gewählt, die ihnen weitgehende Eigenständigkeit garantiert. 3<br />

Die Teilbeträge des Budgets kommen jeweils zur Quartalsmitte an die beteiligten freien Träger zur Auszahlung. Die auf die freien Träger<br />

entfallenden Budgetanteile orientieren sich an den Marktanteilen im Rechnungsjahr 1999.<br />

Zusätzlich zum Budget können 2 % auf Nachweis <strong>für</strong> den Einsatz von Volunteers (Ehrenamtliche, Nebenamtliche etc.) <strong>und</strong> 1 % <strong>für</strong><br />

nachweislich gute Arbeit auf Beschluss des Jugendhilfeausschusses ausgezahlt werden.<br />

1) Näheres zur Struktur <strong>und</strong> Organisation des trägerorientierten Sozialraumbudgets in Celle kann einer Materialmappe entnommen werden, die sämtliche <strong>Verein</strong>barungen,<br />

Regelungen, Dienstanweisungen zur Hilfeplanung zum Controlling <strong>und</strong> Aufsätze zum Budget <strong>und</strong> zur Qualitätsentwicklung von K. Hekele <strong>und</strong> G. Schäfer enthält (zu bestellen<br />

gegen einen Selbstkostenpreis von 14 € bei G. Schäfer, Jugend- <strong>und</strong> Sozialamt, Stadt Celle, Helmuth-Hörstmann-Weg 3, 29221 Celle, oder tel. 05141-12408 bzw.<br />

Mail: georg.schaefer@celle.de). S. auch: Schäfer, G., 2002: Realisierung der Sozialraumbudgetierung: Praktische Perspektiven. Beispiel der Stadt Celle/B<strong>und</strong>esmodellprojekt<br />

INTEGRA. Projektverlauf <strong>und</strong> Veränderungen in der Praxis. In Merten (Hrsg.), Sozialraumorientierung – Zwischen fachlicher Innovation <strong>und</strong> rechtlicher Machbarkeit,<br />

Weinheim <strong>und</strong> München 2002, S. 69-87<br />

2) Caritas Verband Celle, Celler Evangelisches Kinderheim, Stiftung Linerhaus, Verb<strong>und</strong> Sozialpädagogischer Einrichtungen<br />

3) Im Gegensatz zu privatrechtlichen Rechtsformen wie GbR oder gGmbH.<br />

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