Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
aufbereitet werden. Die Vermittlung von Gr<strong>und</strong>lagen in Verbindung mit Methodik <strong>und</strong> Logik bestimmt über die Fähigkeit der jungen<br />
Generation, in der Wissensgesellschaft einen Arbeitsplatz zu erhalten.<br />
Hierauf sind unsere Schulen <strong>und</strong> Hochschulen bisher zu wenig eingestellt. Das hat die Diskussion um PISA uns ganz deutlich gezeigt.<br />
Da ich Ministerin <strong>für</strong> Wissenschaft, Forschung <strong>und</strong> Kunst bin, lassen Sie mich kurz auf die heiß umstrittene Universität in Deutschland<br />
eingehen. Wir sind auf dem Weg in die Wissensgesellschaft, in die Gesellschaft, die ein Leben lang lernt <strong>und</strong> sich weiterbildet. Der<br />
strukturelle Aufbau des Studiums muss zukünftig so gestaltet sein, dass man lebensbegleitend durch zusätzliche Studienabschnitte sein<br />
Wissen erweitern, sich auf fachliche Veränderungen einstellen oder neue Entwicklungen aufnehmen kann.<br />
Die Einheit von Forschung <strong>und</strong> Lehre ist dabei <strong>für</strong> mich nach wie vor das Gr<strong>und</strong>f<strong>und</strong>ament der Universität. Sie erfordert eine zeitliche<br />
<strong>und</strong> räumliche Einheit von Forschung <strong>und</strong> Lehre.<br />
Diese Einheit wird nicht nur in der Person des Hochschullehrers oder der Hochschullehrerin verwirklicht <strong>und</strong> auch nicht nur durch die<br />
Teilhabe der Studierenden an den Vorlesungen <strong>und</strong> Seminaren, sondern durch die Teilhabe am Forschungsprozess selbst. Letzteres kann<br />
nur eingelöst werden, wenn der Studierende sich in einer sozialen Gemeinschaft mit dem oder der Lehrenden befindet.<br />
Für mich ist Hochschulbildung daher nur interpersonell denkbar. Bildung erfolgt durch Anerkennung, Kritik, Auseinandersetzung. Das<br />
setzt die Zuordnung einer Leistung oder eines Beitrags zu einer Person, also zum Studierenden oder zum Forschenden voraus. Im<br />
Internet haben Student <strong>und</strong> Lehrperson zwar jeweils eine Adresse, doch es fehlt der persönliche Kontakt zwischen ihnen.<br />
Also wird gerade der persönliche Kontakt, die Gruppenarbeit in der Universität an Bedeutung gewinnen. Sie ist wertvolle Zeit geworden<br />
<strong>und</strong> muss pädagogisch besonders gut genutzt werden. Sie ist nicht die Zeit des Wissenstransfers, sie ist die Zeit der Kommunikation,<br />
des Gesprächs, des Lösens von Problemen. Für mich verflüchtigt sich die Hochschule der Zukunft nicht im Internet. Sie braucht ihre<br />
Bestätigung im personellen Kontakt, aber sie kann das Internet <strong>und</strong> Intranet als Hilfsmittel beim Wissenstransfer nutzen.<br />
Die neuen Medien spielen in den Hochschulen der Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft eine besondere Rolle. Sie sind aus den Hochschulen nicht<br />
mehr wegzudenken, ihr Nutzen liegt auf der Hand. Wir können sie verwenden, um komplizierte Vorgänge anschaulich darzustellen,<br />
Unsichtbares zu visualisieren, es dem Betrachter zugänglich zu machen. (Beispiel Elektronenmikroskop!)<br />
Wir können durch Simulationen komplizierte Zusammenhänge graphisch darstellen, anhand dieser Darstellungen die gegenseitigen<br />
Abhängigkeiten, Bedingungen <strong>und</strong> logischen Schlussfolgerungen viel besser erklären. (Beispiel: partielle Differentialgleichung!)<br />
Mit der Mediennutzung in der Universität ist eine veränderte Qualität der Lehre <strong>und</strong> Forschung verb<strong>und</strong>en, die durch Verwendung von<br />
Büchern <strong>und</strong> Zeitschriften allein nicht erreichbar war. Ich habe hier bewusst die Forschung einbezogen, denn in der naturwissenschaftlichen<br />
<strong>und</strong> technischen Forschung haben wir bereits von den neuen Medien Besitz ergriffen. Sie haben uns neue Möglichkeiten<br />
<strong>für</strong> die technische Nutzung eröffnet. Ich denke an „rapid proto typing“ <strong>und</strong> computerunterstütztes Konstruieren <strong>für</strong> die Bauindustrie,<br />
den Entwurf von moderner Elektronik, von integrierten Schaltkreisen, die nur mit Hilfe von Rechnerprogrammen möglich sind.<br />
So besteht eine enge Verknüpfung zwischen Erkenntnisfortschritt <strong>und</strong> neuen Medien, ein innerer Zusammenhang, der Forschung, Lehre<br />
<strong>und</strong> Anwendung in vielen Bereichen durchdringt.<br />
Dabei lösen sich wissenschaftliche Entwicklungen immer stärker aus den gewohnten fachlichen <strong>und</strong> disziplinären Grenzen. Das Neue<br />
entsteht häufig nicht in den Kernbereichen der Fächer <strong>und</strong> Disziplinen, sondern in ihren Randbereichen bzw. zwischen den Fächern <strong>und</strong><br />
Disziplinen. Dieser Umstand schlägt sich z.B. in neuen Fächer- <strong>und</strong> Disziplinenbildungen wie der Bioelektronik, der Neuropsychologie<br />
oder der Medieninformatik nieder.<br />
Erforderlich ist deshalb <strong>für</strong> die Zukunft das problembezogene Zusammenführen unterschiedlicher fachlich-methodischer Kompetenzen<br />
zur Bearbeitung von wissenschaftlich-technischen Fragestellungen. Dabei ergibt sich die Problemstellung häufig nicht nur aus der<br />
Erkenntnisentwicklung einzelner wissenschaftlicher Bereiche, sondern aus dem gesamten gesellschaftlichen, ökonomischen, ökologischen<br />
<strong>und</strong> technologischen Umfeld.<br />
So wird Forschung heute schon oft unabhängig von der üblichen fachlichen <strong>und</strong> disziplinären Ordnung organisiert. Lassen Sie mich als<br />
Beispiel die Kommunikationstechnik nennen:<br />
Hier müssen Ingenieure, Pädagogen, Kommunikationswissenschaftler, Psychologen <strong>und</strong> Philosophen zusammenarbeiten, um wissenschaftlich-technische<br />
Entwicklungen nicht nur zu ermöglichen, sondern sie auch rechtzeitig vorausschauend in ihren Konsequenzen zu erkennen.<br />
Für die Ausbildung der Schüler <strong>und</strong> Studenten bedeutet diese Entwicklung die Forderung, dass man in einer Disziplin zu Hause ist,<br />
deren Denkweise, Logik, Methodik <strong>und</strong> Arbeitsweise beherrscht, sie kreativ anwenden kann. Man muss aber zugleich in der Lage sein,<br />
sich in andere Disziplinen einzudenken <strong>und</strong> mit deren Vertretern zu kommunizieren. Soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit,<br />
Integrationsfähigkeit, Integrationswille <strong>und</strong> vernetztes Denken werden von entscheidender Bedeutung <strong>für</strong> den beruflichen Erfolg der<br />
Schülergeneration von heute sein.<br />
Für die Unternehmen der Zukunft bedeutet diese Entwicklung die Schaffung von Strukturen, die die Kommunikation zwischen Mitarbeitern<br />
verschiedener Fächerdisziplinen nicht nur ermöglicht, sondern befördert.<br />
Es bedeutet auch das Verschwinden der Grenzen zwischen Forschung, Entwicklung <strong>und</strong> Produktion durch den Geschwindigkeitszuwachs<br />
bei der Produktentwicklung. Somit verändert sich auch die Rolle der Forschung in unserer Gesellschaft, sie wird zum<br />
entscheidenden Faktor der Innovationsfähigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftskraft eines Landes.<br />
Deshalb sollten wir uns zuerst fragen, was das Charakteristikum wissenschaftlicher Forschung ist. Man kann es nüchtern <strong>und</strong> sachlich<br />
so formulieren:<br />
Zurück zum Inhalt<br />
27