Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Ein einheitliches Hilfebedarfs-Erhebungsverfahren soll erst im Laufe des Modells entwickelt <strong>und</strong> erprobt werden. Für den Sozialhilfeträger<br />
kommen die Hilfebedarfsgruppen nach dem Metzler-Verfahren als Basis der Budgetbemessung zur Anwendung.<br />
Im Bereich des Landeswohlfahrtsverbandes Württemberg-Hohenzollern sollen bis zu 150 persönliche Budgets – davon 50 % aus dem<br />
stationären Bereich (Ambulantisierungsziel) kommend – erprobt werden. 41 Durch Differenzierung der fünf Hilfeempfängergruppen<br />
nach Behinderungsarten kommen hier 15 Pauschalen42 zur Anwendung, welche nach oben durch die durchschnittlichen vollstationären<br />
Kosten in der jeweiligen Gruppe begrenzt sind.<br />
Die Budgets stehen zur freien Verfügung der Empfänger; diese sind lediglich an die Verfolgung der jeweiligen Ziele der Eingliederungshilfe<br />
geb<strong>und</strong>en. Die Überprüfung der Mittelverwendung soll im Rahmen der Fortschreibung des jeweiligen Gesamtplans nach § 46 BSHG<br />
erfolgen.<br />
Die ersten Budgets wurden im Frühjahr 2003 bewilligt.<br />
Die bemerkenswertesten Gemeinsamkeiten der beiden Modelle liegen in dem Steuerungsansatz über Eingliederungsziele. Die<br />
wichtigsten Unterschiede betreffen die strikt individuell gebildeten (HH) bzw. in 15 Pauschalen mit Zuschlägen konstruierten (B-W)<br />
Budgets selbst, den Anspruch des Einbezugs anderer Rehabilitationsträger (nur B-W) sowie die Rechtsgr<strong>und</strong>lagen.<br />
5. Ausblick: Perspektiven Persönlicher Budgets in der Behindertenhilfe<br />
Ausgehend von bisherigen internationalen <strong>und</strong> deutschen Erfahrungen sowie mit Blick auf die anlaufenden aktuellen Modelle sind<br />
einige Folgen der persönlichen Budgets zu wünschen:<br />
Bei den Budgetnehmern wird eine tatsächlich erweiterte Dispositionsfreiheit <strong>und</strong> zielgerichtetes, auch neue Optionen erschließendes<br />
Wirtschaften mit dem Budget erhofft. Im Falle des Gelingens wird die Zufriedenheit mit der Hilfe <strong>und</strong> der eigenen Lebenssituation<br />
wachsen, <strong>und</strong> neue Entwicklungschancen werden sich eröffnen.<br />
Für den Leistungsträger stellt das anspruchsvolle Bewilligungsverfahren sowohl eine Qualifizierungschance in Richtung „Case-<br />
Management“ dar als auch – im Zuge der Zusammenfassung zahlreicher Einzelbewilligungen <strong>und</strong> des Wegfalls der Leistungsabrechnung<br />
– insgesamt <strong>und</strong> mittelfristig eine Verfahrensoptimierungsperspektive.<br />
Von den Einrichtungen <strong>und</strong> den Mitarbeitern in der professionellen Behindertenhilfe ist insbesondere ein Rollenwechsel gefordert: Der<br />
behinderte Mensch wird ihnen nicht mehr über den Kostenübernahmebescheid des Leistungsträgers als zu Betreuender überantwortet,<br />
sondern tritt mit seinem Budget als Nachfrager passgenauer, bedürfnisgerechter Dienstleistungen auf. Dabei tritt die professionelle Sicht<br />
des Notwendigen <strong>und</strong> Guten zurück hinter dem Wunsch <strong>und</strong> der Auswahl des behinderten Menschen, den man nunmehr nur als K<strong>und</strong>en<br />
überzeugen <strong>und</strong> gewinnen kann.<br />
Für den Gesetzgeber wird sich auf Basis der Modelle <strong>und</strong> der gewonnenen Erkenntnisse die Frage stellen, ob im SGB IX, in den<br />
jeweiligen Leistungsgesetzen <strong>und</strong> auch im BSHG künftig pauschalierte Geldleistungen <strong>und</strong> persönliche Budgets als Wahlmöglichkeit<br />
<strong>und</strong> Alternative zu den klassischen Sachleistungskonstruktionen ausdrücklich vorgesehen <strong>und</strong> entsprechend operationalisiert werden –<br />
die derzeitige Rechtslage ist noch keineswegs ausreichend klar <strong>und</strong> präzise, um solche Entwicklungen dauerhaft zu f<strong>und</strong>ieren.<br />
39) Derzeit (Mai 2003) nehmen als Modellregionen teil: Bodenseekreis, Rems-Murr-Kreis, Landkreis Reutlingen.<br />
40) Z.B. <strong>für</strong> den Bedarfsbereich „Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ zwischen 400 Euro/Monat (HBG 1) <strong>und</strong> 1.300 Euro/Monat (körperbehinderte Menschen in<br />
HBG 5); hinzu kommen ggf. Pauschalen <strong>für</strong> laufenden Lebensunterhalt, Wohnen, Tagesstrukturierung oder Arbeitsassistenz, woraus ein Gesamtbudget von maximal<br />
3.570 Euro/Monat resultieren kann.<br />
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