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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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das Ende der sog. „Verschiebebahnhöfe“. Die GKV darf zukünftig zudem nicht mehr ausschließlich durch lohnbezogene Beiträge finanziert<br />

werden. Dabei muss das Solidarprinzip, das sich insbesondere durch risikounabhängige Beiträge manifestiert, auch zukünftig gelten.<br />

Reformen auf der Einnahmenseite bzw. bei der Finanzierungsbasis<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind zur Reform der Finanzierungsbasis der GKV insbesondere zwei Alternativen denkbar:<br />

Finanzierung über Kopfpauschalen<br />

Ein Vorschlag zur Reform der GKV-Finanzierung ist der Übergang zu Kopfpauschalen, wie er z.B. vom Sachverständigenrat Wirtschaft<br />

im Jahresgutachten 2002/2003 gefordert wurde. Die Kopfprämien wären in diesem Modell von allen GKV-Versicherten im Rahmen eines<br />

Umlageverfahrens zu entrichten. Auch auf diese Weise wäre die Finanzierung der GKV von der wirtschaftlichen Entwicklung, vom<br />

Arbeitsmarkt <strong>und</strong> der Alterung der Bevölkerung unabhängiger. Die Kopfprämien könnten zwischen den Kassen variieren; Anreize zur<br />

Konzentration auf „gute Risiken“ müssten aber durch einen morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich verhindert werden. Um<br />

Risikoselektion zu vermeiden, bestünde zudem Kontrahierungszwang <strong>und</strong> Diskriminierungsverbot. Ein ges<strong>und</strong>heitsbezogener<br />

Solidarausgleich wäre durch vom Alter, Geschlecht <strong>und</strong> individuellen Ges<strong>und</strong>heitsrisiko unabhängige Prämien realisiert. Kinder sollten<br />

wie bisher ohne zusätzliche Prämien mitversichert sein. Einkommenssolidarität müsste allerdings außerhalb des Systems über staatliche<br />

Zuschüsse zu den Prämien organisiert werden (bis zu einem bestimmten Einkommen wären aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu finanzierende,<br />

zweckgeb<strong>und</strong>ene Direkttransfers zu gewähren. Die Zuschüsse könnten zudem innerhalb eines Einkommenskorridors degressiv<br />

abgestaffelt werden). Die Staatszuschüsse ließen sich über die zusätzlichen Einnahmen finanzieren, die sich bei der Besteuerung<br />

der Auszahlung des bisherigen Arbeitgeberanteils als Lohn ergeben würden.<br />

Finanzierung über eine veränderte Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />

Ein anderer Lösungsansatz <strong>für</strong> die angeführten Probleme wäre die deutliche Verbreiterung der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage der GKV. Dies würde<br />

bedeuten, dass zukünftig nicht nur Beiträge auf Lohn <strong>und</strong> Gehalt, sondern auch auf andere Einkommen (z.B. Mieteinnahmen,<br />

Kapitaleinkünfte u.ä.) zu zahlen wären. Vorliegende Modelle schlagen <strong>für</strong> diese Einkommen den hälftigen Beitragssatz vor. Mit dieser<br />

Lösung würde sich die GKV nicht einfach zusätzliche Einnahmen erschließen. Durch die Einbeziehung weiterer Einkommensarten wären<br />

die Einnahmen der Krankenkassen vielmehr in Zukunft von der demographischen Entwicklung <strong>und</strong> von kurzfristigen Schwankungen auf<br />

dem Arbeitsmarkt unabhängiger. Die Lohnnebenkosten würden sinken, da sich der darauf bezogene Teil des GKV-Beitrags reduzieren<br />

ließe. Folgt man den Berechnungen des Wirtschafts-Sachverständigenrates aus dem Jahr 2000, wäre mit einer entsprechenden Ausweitung<br />

der Bemessungsgr<strong>und</strong>lage bei konstantem Beitragsaufkommen eine nachhaltige Senkung der Beitragssätze um ca. 2 Prozentpunkte<br />

möglich.<br />

Reform des GKV-Leistungskatalogs<br />

Unabhängig von der Reform ihrer Finanzierung muss auch geklärt werden, welche Leistungen die Gesetzliche Krankenversicherung<br />

zukünftig noch bezahlen soll. Dabei ist allerdings dem Solidaritätsprinzip der GKV Rechnung zu tragen. Konzepte, die auf die Aufspaltung<br />

des GKV-Leistungskatalogs in Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Wahlleistungen <strong>und</strong> auf Formen der Beitragsrückerstattung zielen, führen zu einer<br />

Einschränkung des Risikoausgleichs zwischen Ges<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Kranken: Während sich jüngere <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e Versicherte <strong>für</strong><br />

Beitragsrückerstattung, Wahltarife <strong>und</strong> eine höhere Selbstbeteiligung entscheiden <strong>und</strong> damit niedrigere Beiträge entrichten würden, wären<br />

z.B. chronisch Kranke weiter auf die Vollleistungen der GKV angewiesen <strong>und</strong> müssten da<strong>für</strong> u.U. sogar höhere Beiträge entrichten. Solche<br />

Vorschläge sind daher abzulehnen.<br />

Es muss aber durchaus danach gefragt werden, ob alles, was bisher im Leistungskatalog der GKV erfasst wird, dort unter ordnungspolitischen<br />

Gesichtspunkten auch richtig angesiedelt ist. Reformziel sollte hier die Orientierung an der ursprünglichen Aufgabe der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung sein: Die Gewährung von Leistungen, die einen unmittelbaren Bezug zu einer Krankheit haben. Auszugliedern wären<br />

daher alle versicherungsfremden Leistungen (z.B. Empfängnisverhütung, Sterilisation, Sterbegeld u.ä.). Leistungen, die aus gesellschafts-,<br />

sozial- oder familienpolitischen Gründen <strong>für</strong> notwendig erachtet werden, müssen künftig aus Steuermitteln finanziert werden. Für die übrigen<br />

Leistungen muss das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V gelten; die Versorgung mit dem medizinisch Notwendigen muss gewährleistet<br />

sein. Leistungen, deren Wirksamkeit oder medizinische Notwendigkeit nicht bewiesen ist, könnten über freiwillige<br />

Zusatzversicherungen abgedeckt werden.<br />

Im Interesse der Versichertengemeinschaft ist es, Überinanspruchnahme von GKV-Leistungen zu vermeiden <strong>und</strong> die Eigenverantwortung<br />

der Versicherten zu stärken. In einigen Teilbereichen ist daher eine höhere Selbstbeteiligung durch angemessene Zuzahlungen denkbar –<br />

verb<strong>und</strong>en mit Regelungen, die Einkommensschwache sowie chronisch Kranke vor finanzieller Überforderung schützen. Dabei ist zu<br />

berücksichtigen, dass eine erhöhte Selbstbeteiligung die Inanspruchnahme medizinisch notwendiger Leistungen behindern kann. Auf<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädigende Genussmittel könnten Aufschläge auf die Umsatzsteuer erhoben werden, deren Erträge der GKV zufließen. Für<br />

Sportunfälle könnte eine <strong>private</strong> obligatorische Unfallversicherung eingeführt werden.<br />

2. Einführung von DRGs <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf die stationäre Versorgung<br />

Seit dem 1. Januar 2003 befindet sich das deutsche DRG-System in der Umsetzung. Den ordnungspolitischen Rahmen dazu hat die B<strong>und</strong>esregierung<br />

durch das Fallpauschalengesetz vorgegeben. Nach der freiwilligen Einführung in 2003 werden ab 2004 alle Krankenhäuser DRGs<br />

zunächst budgetneutral als Vergütungsinstrument anwenden. Von 2005 bis 2007 wird es eine Übergangsphase geben, in der die alten Budgets<br />

sukzessive an die neuen, über DRGs berechneten Erlöse angeglichen werden. Mit der Einführung eines DRG-Systems als Vergütungssystem<br />

sind <strong>für</strong> den stationären Sektor erhebliche Veränderungen verb<strong>und</strong>en.<br />

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