01.12.2012 Aufrufe

Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

2. Zum Bericht der Arbeitsgruppe Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen<br />

Der Arbeitsgruppe „Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe“ gehörten Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der B<strong>und</strong>esländer, der<br />

Wirtschaft, der Gewerkschaften, der B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Arbeit sowie die betroffenen B<strong>und</strong>esministerien an. Der von dieser Arbeitsgruppe<br />

am 17. April 2003 vorgelegte Bericht <strong>und</strong> die in der Arbeitsgruppe geführten Diskussionen haben deutlich gemacht, dass trotz eines<br />

breiten politischen Konsenses über die mit der Zusammenführung verfolgten Ziele gleichwohl erhebliche inhaltliche Divergenzen über<br />

die konkrete Ausgestaltung der neuen Leistung einschließlich des Personenkreises, die Trägerschaft <strong>und</strong> Administration sowie über<br />

Fragen der Finanzierung <strong>und</strong> eventueller Kompensationen bestehen.<br />

Es würde zu weit führen, den Diskussionsprozess in dieser Arbeitsgruppe im Einzelnen nachzeichnen zu wollen; beispielhaft sei aber<br />

erwähnt, dass von den ursprünglich dreizehn zur Diskussion stehenden Reformoptionen nur zwei Alternativen – Optimierung <strong>und</strong><br />

Zusammenlegung – ernsthaft diskutiert werden sollten. Die Debatte hat sich aber letztlich primär auf die Zusammenlegung konzentriert.<br />

Die maßgeblichen, einvernehmlich formulierten Ziele <strong>für</strong> die neue Leistung sind:<br />

• Schnelle <strong>und</strong> passgenaue Vermittlung in Arbeit;<br />

• ausreichende materielle Absicherung bei Arbeitslosigkeit;<br />

• keine einseitige Verschiebung von Lasten.<br />

Diese allgemeinen Zielvorstellungen werden aber von den Beteiligten – je nach Standpunkt – jedoch unterschiedlich interpretiert.<br />

Die Integration, die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt ist <strong>und</strong> bleibt das wichtigste Ziel der neuen Leistung. Das Volumen der<br />

Eingliederungsleistungen (also Fallmanagement, Vermittlung, arbeits- <strong>und</strong> berufsbezogene Eingliederungsleistungen sowie soziale <strong>und</strong><br />

psychosoziale Hilfen) betrug in 2002 ca. 6,3 Mrd. Euro <strong>und</strong> soll künftig auf 6,6 Mrd. Euro erhöht werden; damit sollen bei einem<br />

entsprechenden Maßnahmenmix auch mehr Hilfebedürftige (30 %) in Eingliederungsmaßnahmen gebracht werden können. Besonders<br />

wichtig erscheint mir in diesem Zusammenhang die Forderung im Bericht, das Mitarbeiter-Hilfeempfänger-Verhältnis im Front-Office<br />

auf 1 zu 75 generell zu verbessern <strong>und</strong> da<strong>für</strong> auch die Zahl der Mitarbeiter aufzustocken. Denn nur bei einer verbesserten Beratung<br />

können die prognostizierten Effizienzgewinne auch tatsächlich erreicht werden.<br />

Auch wenn die Eingliederung eigentlich das Kernstück der neuen Leistung sein sollte, so hat dieses Thema inhaltlich in der Arbeitsgruppe<br />

nur eine geringe Rolle gespielt, was von den Gewerkschaften bedauert wurde. Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen,<br />

dass hier ein relativ breiter Konsens besteht <strong>und</strong> die finanziellen Auswirkungen, nicht die inhaltliche Ausgestaltung Gegenstand der<br />

Arbeitsgruppe waren <strong>und</strong> Diskussion über die Geldleistung andere Themen in den Hintergr<strong>und</strong> gedrängt hat.<br />

3. Arbeitslosengeld II (ALG II)<br />

Im Mittelpunkt der Diskussionen stand <strong>und</strong> steht auch in diesem <strong>Workshop</strong> die neue Geldleistung, ALG II, deren Ausgestaltung, Umfang<br />

sowie der berechtigte Personenkreis. Liest man den Bericht aufmerksam, so wird das breite Spektrum unterschiedlicher Auffassungen<br />

schnell deutlich. Insofern präsentiert der Bericht eine Reihe unterschiedlicher Modelle, ohne letztlich den Entscheidungen der<br />

Gemeindefinanzreformkommission oder des Gesetzgebers vorzugreifen.<br />

Skizzenhaft lassen sich die Gr<strong>und</strong>züge <strong>für</strong> das Leistungssystem ALG II wie folgt beschreiben:<br />

• Erwerbsfähige Hilfeempfänger (ganz gleich, ob Arbeitslosen- oder Sozialhilfeempfänger) einschließlich ihrer Bedarfsgemeinschaften<br />

erhalten gr<strong>und</strong>sätzlich eine einheitliche, bedarfsdeckende Leistung, das sogenannte ALG II.<br />

• Deren Höhe war lebhaft umstritten <strong>und</strong> wurde durch vier unterschiedliche Modelle umschrieben. Eigenes Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

sowie das des nicht getrenntlebenden Ehegatten oder Partners sind zu berücksichtigen.<br />

• Die neue Leistung soll neben Leistungen zum Lebensunterhalt auch Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung <strong>und</strong> zur sozialen<br />

Pflegeversicherung umfassen. Keine Einigung gab es hinsichtlich der Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.<br />

• Darüber hinaus sollen einerseits die Arbeitsanreize verstärkt, andererseits die Ablehnung zumutbarer Arbeit in Anlehnung an die<br />

BSHG-Regelungen sanktioniert werden.<br />

Zugleich stellen sich auch Fragen nach Bedeutung der HLU <strong>für</strong> das neue System, dem Umfang notwendiger <strong>und</strong> möglicher Pauschalierungen,<br />

auch unter Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums, wie auch nach dem ggf. erforderlichen Rückgriff auf die<br />

Sozialhilfe ergänzend zur neuen Leistung.<br />

Zu diesen Gr<strong>und</strong>zügen des neuen Leistungssystems erlauben Sie mir einige Anmerkungen.<br />

3.1 Leistungshöhe, soziale Absicherung <strong>und</strong> Anrechnung von Einkommen <strong>und</strong> Vermögen<br />

Bei der Höhe der neuen Leistung gab es nur einen Minimalkonsens, nämlich dass das ALG II bedürftigkeitsabhängig <strong>und</strong> bedarfsdeckend<br />

im Sinne des soziokulturellen Existenzminimums sein sollte. Im Einzelnen wurden folgende vier Modelle zur Leistungshöhe<br />

entwickelt <strong>und</strong> zwar:<br />

1. Das Sozialhilfemodell: d.h. die Leistungshöhe sollte wie bei der HLU bemessen sein. Insbesondere die Vertreter der Arbeitgeber, aber<br />

auch einzelne Länder hielten unter Berufung auf Überlegungen des Ifo-Instituts <strong>und</strong> des Sachverständigenrates zur Begutachtung der<br />

gesamtwirtschaftlichen Lage eine Absenkung der Leistungshöhe unter Sozialhilfeniveau <strong>für</strong> erwerbsfähige Hilfeempfänger in<br />

Kombination mit großzügigeren Freibeträgen <strong>für</strong> sachgerecht.<br />

Zurück zum Inhalt<br />

57

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!