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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Genauso wichtig ist aber auch der Blick auf NutzerInnen, K<strong>und</strong>Innen <strong>und</strong> die Dienstleistungen <strong>und</strong> Produkte einer Organisation.<br />

Gerade die Gestaltung des <strong>öffentliche</strong>n Raums bedarf im besonderen Maße eines Geschlechterblicks. Politische Entscheidungen haben<br />

fast immer unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen <strong>und</strong> Männer, auch wenn diese unbeabsichtigt oder ungeplant sind. Mit einem<br />

Gender Mainstreaming-Ansatz lassen sich negative Folgewirkungen auf ein Geschlecht von vornherein verhindern.<br />

Auch die Analyse der Haushaltsmittel <strong>und</strong> ihre Verteilung auf Frauen- <strong>und</strong> Männerbelange können einseitige Bevorzugungen deutlich<br />

machen <strong>und</strong> zu neuen Entscheidungen führen (Gender Budget-Analyse).<br />

Bei der Einführung von Gender Mainstreaming haben die Führungskräfte eine wichtige Aufgabe: Gender Mainstreaming wird immer<br />

als TOP-DOWN-Prozess angesehen <strong>und</strong> soll in die allgemeine Zielbestimmung einer Organisation eingehen. Insofern gehört Gender<br />

Mainstreaming in die Leitbilddiskussion einer Organisation.<br />

„Eine Corporate Identity, die sich darauf begründet, dass Männer <strong>und</strong> Frauen die gleichen Zugangs-, Entwicklungs- <strong>und</strong> Entfaltungsmöglichkeiten<br />

haben, hat eine höhere Bindungskraft. Kennzeichen solcher geschlechterdemokratischer Organisationen sind unter<br />

anderem, dass Pluralismus herrscht <strong>und</strong> die Bereitschaft besteht, Differenzen auszuhalten <strong>und</strong> sich produktiv mit ihnen auseinander zu<br />

setzen.“ 3 D.h., es geht um die politische Willenserklärung auf Führungsebene gegenüber der Mitarbeiterschaft <strong>und</strong> der Bereitstellung<br />

notweniger personeller <strong>und</strong> sächlicher Ressourcen <strong>und</strong> Kompetenzen. Dazu gehört auch die Schulung der Mitarbeiterschaft <strong>und</strong> ggf.<br />

die Hinzuziehung von Expertinnen <strong>und</strong> Experten.<br />

In Sachsen-Anhalt wurde festgestellt, dass die Fortbildung der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter der zentrale Erfolgsfaktor <strong>für</strong> die<br />

Implementierung von Gender Mainstreaming darstellte.<br />

So hat z.B. auch Niedersachsen das Kabinett 1999 schriftlich über den Ansatz informiert <strong>und</strong> später eine Veranstaltung <strong>für</strong> die Mitglieder<br />

der Landesregierung mit den StaatssekretärInnen durchgeführt, es folgten weitere Schulungen <strong>für</strong> Führungskräfte <strong>und</strong> Beschäftigte.<br />

4. Gründe <strong>für</strong> den Boom von Gender Mainstreaming<br />

Chancengleichheitsforderungen sind früher von den frauenpolitischen Aktivistinnen erhoben worden, heute wird die Forderung nach<br />

der Gleichstellung von Frauen <strong>und</strong> Männern auf höchster politischer Ebene verankert. Gewerkschaften <strong>und</strong> die Wirtschaft sind dabei<br />

wichtige Kooperationspartner, in modernen Unternehmen ist die Förderung von Frauen ein wichtiger Eckpfeiler in der betrieblichen<br />

Personalpolitik.<br />

Die dabei zu hörenden Argumente sind in erster Linie ökonomischer Natur: Gender Mainstreaming zahlt sich wirtschaftlich aus, das<br />

Potenzial weiblicher Beschäftigter muss genutzt werden, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Trotz bestehender Arbeitslosigkeit<br />

existiert ein hoher Mangel an qualifiziertem Führungsnachwuchs. Unternehmen sind deshalb gezwungen, alle erreichbaren menschlichen<br />

Ressourcen <strong>und</strong> Potenziale zu erschließen <strong>und</strong> voll zu entfalten. Das gilt unabhängig von der ethischen <strong>und</strong> sozialen Herkunft<br />

<strong>und</strong> es gilt insbesondere unabhängig vom Geschlecht.<br />

Diese rein ökonomischen Begründungen erfahren eine ethisch-moralische Legitimation z.B. durch das Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> als Beitrag zu<br />

mehr Geschlechtergerechtigkeit in unserer Gesellschaft.<br />

Eine Studie über Kosten <strong>und</strong> Nutzen von Chancengleichheitspolitik in Unternehmen kommt zu dem Ergebnis, dass alle befragten<br />

Unternehmen die investierten Kosten bei weitem durch den Nutzen eines langfristigen Personaleinsatzes <strong>und</strong> -erhaltes aufgewogen sehen,<br />

darüber hinaus wurden Effekte wie eine verstärkte Identifikation mit dem Unternehmen <strong>und</strong> eine Erhöhung der Arbeitszufriedenheit<br />

genannt. Neben diesen innerbetrieblichen Effekten wurde in der Studie auch von externen Effekten berichtet. So sehen<br />

Unternehmen auch im Hinblick auf eine Imageverbesserung als familienfre<strong>und</strong>licher Arbeitsgeber deutliche Vorteile, besonders<br />

bezogen auf den Arbeitsmarkt <strong>und</strong> die Attraktivität als potenzieller Arbeitsgeber <strong>für</strong> qualifizierte Nachwuchskräfte.<br />

Unternehmen, die auf die Bedarfe ihrer Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter in Punkto Arbeitszeit <strong>und</strong> Karriereunterstützung eingingen,<br />

konnten eine Senkung der Krankheits- <strong>und</strong> Fluktuationsrate feststellen. 4<br />

D.h., Gender Mainstreaming trägt auch zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas insgesamt bei.<br />

Staatliche Organisationen haben durch die Verpflichtung in den Amsterdamer Verträgen eine gewisse Vorreiterrolle bei der Umsetzung<br />

des Gender Mainstreaming-Prinzips übernommen, die neue Aufgabenteilung zwischen Frauen <strong>und</strong> Männern in der Phase der Modernisierung<br />

zu unterstützen <strong>und</strong> neue „Vernünftigkeiten“ umsetzen zu helfen <strong>und</strong> zu garantieren. Dies geschieht durch entsprechende Gesetze,<br />

<strong>Verein</strong>barungen, Regelungen. 5<br />

D.h., der Staat übernimmt hier zentrale Aufgaben <strong>für</strong> die Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft, die vernünftigerweise <strong>für</strong> die<br />

Weiterentwicklung notwendig sind. Manchen Feministinnen mag gerade an dieser Stelle die Sache nicht schmecken, da deutlich wird,<br />

dass es bei der Realisierung von Gender Mainstreaming nicht primär um die notwendige Umsetzung von Frauenrechten geht, sondern<br />

vor allem um die Verwirklichung zukunftsträchtiger Arrangements. Die Frage ist jedoch, ob solche „Zweckbündnisse“ nicht viel größere<br />

Realisierungschancen haben als die früheren Ansätze der Frauenförderpolitik, die vor allem moralisch-ethisch begründet waren.<br />

3) Straub, Ute: Sozialmanagement <strong>und</strong> Gender Mainstreaming, in: Sozialmagazin, 11/2002, S. 18f.<br />

4) Die Zeit vom 6.11.2002.<br />

5) Vgl. dazu den Aufsatz von Frau Peters in dieser Dokuemntation<br />

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