Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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(soziale Gruppenarbeit, Elterntraining, Kommunikationstraining, Familienkonferenzen, erlebnispädagogische Ansätze usw.) in der<br />
sozialräumlichen Integrationsarbeit in Stadtteilangebote <strong>und</strong> somit in einer Erweiterung des Handlungs- <strong>und</strong> Lebensfeldes der Kinder,<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> deren Eltern.<br />
Während in den vorangegangenen Aspekten noch immer die pädagogischen Fachkräfte diejenigen mit dem entsprechenden Fachwissen<br />
sind, verhält es sich beim individuellen Lebensraum umgekehrt. Hier sind die Kinder, Jugendlichen, Eltern die Experten. Durch<br />
ihren Lebens- <strong>und</strong> Sozialraum können sie uns „führen“. Sie wissen die Plätze <strong>und</strong> Hinterhöfe, wo sich die Jugendlichen treffen, sie<br />
haben ein untrügliches Gespür <strong>für</strong> Personen in ihrer nächsten Umgebung, die ihnen gut tun oder gut tun könnten. Sie können uns sagen,<br />
welche Spielplätze wirklich attraktiv sind oder wo es sich am billigsten einkaufen lässt.<br />
Das aktiven Aufsuchen der Betreuten in ihrem Lebensraum gibt uns aber nicht nur o.g. Informationen, sondern zeigt uns auch, wie sich<br />
die betreuten Kinder, Jugendlichen <strong>und</strong> Eltern in ihrem Lebensraum bewegen. Es wird deutlich, ob sie bekannt sind, gegrüßt werden<br />
oder ob sie lediglich den Weg von der Straßenbahn zu ihrer Wohnung kennen <strong>und</strong> dann so schnell wie möglich in dieser verschwinden.<br />
Es zeigt sich, ob <strong>und</strong> wie viele soziale Kontakte bestehen oder ob die Betreffenden völlig isoliert sind. Kinder <strong>und</strong> Jugendliche zeigen<br />
uns in ihrer unmittelbaren Umgebung, im Zusammenspiel mit Gleichaltrigen <strong>und</strong> dort lebenden Erwachsenen, ein ganzheitlicheres Bild<br />
ihrer Lebensweise. Durch gezieltes Erforschen aktueller Bezüge lassen sich Ressourcen aus der unmittelbaren Lebenswelt entdecken<br />
<strong>und</strong> aktivieren. Das kann die Nachbarin sein, die bereit ist, neben ihrem eigenen Kind noch <strong>für</strong> ein weiteres Kind Mittagessen zu kochen,<br />
oder eine pensionierte Rentnerin, die bereit, ist zwei Jugendlichen bei den Hausaufgaben zu helfen, oder eine junge Heranwachsende,<br />
die Babysitting <strong>für</strong> eine Familie macht. Nach diesen StadtteilhelferInnen muss aktiv gesucht werden <strong>und</strong> wir als SozialarbeiterInnen<br />
müssen als Person des Stadtteils sichtbar werden. Wir müssen sichtbar werden als Personen, die sich <strong>für</strong> die Belange von Kindern, Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> Familien einsetzen, die aber, <strong>und</strong> das ist ganz besonders wichtig, Unterstützung durch „natürliche Personen“ aus dem<br />
Stadtteil brauchen. Denn diese ermöglichen es, Betreuten von „besonderen“ Hilfen zur Erziehung wieder unabhängig zu werden <strong>und</strong><br />
zu einem selbstbestimmten Leben zurückzufinden.<br />
Sozialräumliches Arbeiten im Rahmen der ambulanten Erziehungshilfen ergänzt sozialarbeiterische Herangehensweisen um die<br />
Dimension des Sozialraums. Für die SozialarbeiterInnen heißt das, nicht nur ausschließlich auf den Fall konzentriert zu sein, sondern<br />
auch das „Feld“ mit einzubeziehen. Es verlangt Wissen über Stadtteilressourcen vorzuhalten, um sich im konkreten Bedarfsfall nicht<br />
erst auf die Suche machen zu müssen, sondern sich individuell genau das Passende aus der „Stadtteilschatztruhe“ herausholen zu können.<br />
Es verlangt von den Fachkräften mutig zu sein <strong>und</strong> auch mal unkonventionelle Wege mit den Betreuten zu gehen, es verlangt intensives<br />
Zuhören von Fallgeschichten <strong>und</strong> Beobachtung des Sozialraums, um darin versteckte Ressourcen zu entdecken. Wir müssen<br />
die Betreuten mehr als die ExpertInnen <strong>für</strong> ihr Leben betrachten <strong>und</strong> sie bei ihren Wegen <strong>und</strong> Möglichkeiten unterstützen <strong>und</strong> individuelle<br />
Stärken mit sozialräumlichen „Schätzen“ ergänzen.<br />
Sozialarbeiterisches sozialräumliches Handeln ist ein stetiger Prozess von Öffnung, Suche, Präsenz, Aktivierung, Sammlung <strong>und</strong><br />
Wegbegleitung. Aktive Beteiligung <strong>und</strong> Verantwortung gilt <strong>für</strong> die Betreuten genauso wie <strong>für</strong> KollegInnen, Politiker, Polizei, Nachbarn,<br />
Ausbildungsbetriebe <strong>und</strong>, <strong>und</strong>, <strong>und</strong> …<br />
Im Stadtteil unterwegs – <strong>und</strong> wo wir uns überall trafen<br />
Seit ich viel im Stadtteil unterwegs bin, kommt es immer wieder zu spontanen Begegnungen mit den von uns betreuten Kindern,<br />
Jugendlichen, Eltern, Geschwistern, Nachbarn usw. <strong>und</strong> wie bei dem uns allen bekannten Werbespot einer Versicherung „hallo Herr<br />
Kaiser“ werde ich als die Sozialpädagogin vor Ort erkannt <strong>und</strong> als zugehörig betrachtet – Informationen <strong>und</strong> Neuigkeiten werden<br />
ausgetauscht <strong>und</strong> neue Aktivitäten werden geplant. Sozialräumliches Arbeiten ist eine abenteuerliche Reise <strong>für</strong> uns alle, die wir mit<br />
Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Familien arbeiten, aber auch <strong>für</strong> diejenigen, die aufgr<strong>und</strong> unseres Engagements <strong>und</strong> dem Spaß am Entdecken<br />
sich mit uns auf die Suche machen <strong>und</strong> helfen, die Schatzkiste zu füllen.<br />
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