Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Regel von Gruppenzusammenhängen geprägt <strong>und</strong> damit häufig von nicht selbst gewählten Regeln, die einen möglichst „reibungslosen“<br />
Alltag ermöglichen sollen. Die Bewohner entwickeln ihrerseits Strategien, um sich mit dem System „Wohnheim“ zu arrangieren<br />
<strong>und</strong> möglichst gut zurechtzukommen (vgl. Wacker, Wetzler, Metzler, Hornung 1998). Das Persönliche Budget bedeutet in diesem<br />
Zusammenhang einen sehr gr<strong>und</strong>legenden Perspektivenwechsel, sowohl bei einer Umsetzung im stationären Bereich als auch bei<br />
einem Wechsel in ambulante Angebote. Viele Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohner werden erst allmählich lernen müssen, mit ihrer neuen<br />
„Freiheit“ <strong>und</strong> Verantwortung umzugehen, ihre Risiken abzuschätzen sowie ihre Interessen wahrzunehmen <strong>und</strong> zu vertreten. Selbstbestimmung<br />
kann so selbst zum spezifischen Unterstützungsbedarf werden, der bei der Budgetbemessung zu berücksichtigen ist.<br />
• Wie kann also sichergestellt werden, dass wirklich der Budgetnehmer entscheidet?<br />
Ein wesentlicher Schlüssel <strong>für</strong> mehr Selbstbestimmung mit einem Persönlichen Budget liegt in der Information <strong>und</strong> Bildung. Die<br />
umfassende Information aller Beteiligten ist der erste wichtige Schritt vor der Einführung von Persönlichen Budgets. Budgetnehmer<br />
sind ebenso umfassend über das Persönliche Budget <strong>und</strong> seine Vor- <strong>und</strong> Nachteile zu informieren wie Angehörige, gesetzliche Betreuer<br />
<strong>und</strong> Dienstleister. Über eine erste Information hinaus müssen Budgetnehmer im Rahmen von Maßnahmen der Erwachsenenbildung<br />
Kompetenzen erwerben können, die <strong>für</strong> ihre neue Rolle als Konsumenten von Dienstleistungen erforderlich sind. Hierbei gilt es,<br />
individuelle <strong>und</strong> flexible Lösungen zu finden, die Budgetnehmer bei diesem Lernprozess zu begleiten <strong>und</strong> ihr Selbstvertrauen in ihre<br />
eigenen Kräfte aufzubauen. Der Wechsel von Sachleistungen zu einem Persönlichen Budget kann auch stufenweise erfolgen: zunächst<br />
– je nach Kompetenzentwicklung – nur in einigen, <strong>für</strong> den Budgetnehmer subjektiv überschaubaren <strong>und</strong> handhabbaren Bereichen <strong>und</strong><br />
dann schrittweise ausgeweitet.<br />
• Wie wird Missbrauch verhindert?<br />
Die Sorge, dass ein Persönliches Budget missbraucht werden könnte, beschäftigt insbesondere die Leistungsträger. Wird das Budget<br />
nicht zur Deckung der Hilfebedarfe, sondern <strong>für</strong> andere Zwecke <strong>und</strong> im schlimmsten Fall <strong>für</strong> schädliche Dinge wie Suchtmittel<br />
verwendet, bleibt der Rechtsanspruch der Bedarfsdeckung dennoch bestehen. Der Sozialhilfeträger muss also auch im Falle eines<br />
Missbrauchs durch den Budgetnehmer die benötigte Hilfe gewähren. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang Fragen nach<br />
Kontrollen z.B. in Form von Verwendungsnachweisen oder der Zwischenschaltung einer weiteren Institution, welche die Abrechnungen<br />
im Rahmen des Budgets vornimmt <strong>und</strong> die Verantwortung <strong>für</strong> eine regelgerechte Verwendung trägt. Aber:<br />
• Kontrolle im Übermaß widerspricht der Budgetidee<br />
Budgets müssen selbst verplant <strong>und</strong> bewirtschaftet werden dürfen. International wurden unterschiedliche Formen der Kontrolle erprobt,<br />
häufig jedoch mit dem Ergebnis, dass ein hoher bürokratischer <strong>und</strong> damit finanzieller Aufwand entsteht (wie bei der niederländischen<br />
Sozialversicherungsbank). Daher gilt:<br />
• Vertrauen ist besser<br />
Eine generelle Missbrauchsvermutung scheint nicht gerechtfertigt. Modellerfahrungen zeigen bisher, dass die meisten Nutzerinnen <strong>und</strong><br />
Nutzer das Geld zweckgemäß, nämlich <strong>für</strong> die Finanzierung benötigter Unterstützung, ausgeben. Missbrauch durch Ressourcenverschwendung<br />
(speziell durch Verwendung eines Budgets <strong>für</strong> die Befriedigung einer Sucht) oder mangelhafter Ressourceneinsatz (durch<br />
unangemessene „Sparsamkeit“) treten nur in Einzelfällen auf.<br />
• Regiefähigkeit der Leistungen differenzieren<br />
Erst wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass das Budget über längere Zeit (mehrere Monate) falsch eingesetzt wird, sollte gehandelt<br />
werden. Zeichnen sich Schwierigkeiten im selbstständigen Umgang mit einem Budget ab, ist zu überlegen, ob bis auf weiteres<br />
bestimmte Unterstützungsleistungen als nicht regiefähig eingestuft <strong>und</strong> somit als Sachleistungen gewährt werden können. Bei einem<br />
andauernden schädlichen Missbrauch des Persönlichen Budgets (durch Verschwendung, schädliche Nutzung oder Unterversorgung)<br />
kann eine vollständige Rückkehr zu Sachleistungen sinnvoll sein.<br />
• Wie orientiert man sich im Dschungel der Dienstleistungen?<br />
Internationale Erfahrungen haben gezeigt, dass eine umfassende <strong>und</strong> unabhängige Information <strong>und</strong> Unterstützung von Menschen mit<br />
Behinderung, die ein Persönliches Budget in Anspruch nehmen, unverzichtbar ist <strong>für</strong> den Erfolg dieser Leistungsform. Denn das<br />
Management eines Persönlichen Budgets erfordert ein spezifisches Wissen z.B. über rechtliche Gr<strong>und</strong>lagen, über die jeweiligen Angebote<br />
in einer Region oder über arbeitgeberrelevante Bedingungen, die mit der Anstellung von Assistenten verb<strong>und</strong>en sind. Die<br />
Erfahrungen in den verschiedenen Modellländern haben deutlich gemacht, dass diese administrativen Aufgaben viele Budgetnehmer –<br />
<strong>und</strong> hier vor allem Menschen mit kognitiven Einschränkungen – erheblich überfordern können (vgl. Woldringh, Baarveld, Ramakers<br />
1998; Ridley, Jones 2002).<br />
• Budgetassistenten als Scout, Makler <strong>und</strong> Coach<br />
Deshalb ist die Unterstützung durch einen unabhängigen <strong>und</strong> selbst gewählten Budgetassistenten sehr wichtig. Er informiert gr<strong>und</strong>legend<br />
über die Vor- <strong>und</strong> Nachteile eines Persönlichen Budgets, über die Vermittlung von Dienstleistungen <strong>und</strong> sozialrechtliche <strong>und</strong><br />
juristische Beratung. Er unterstützt bei der Auswahl, Anstellung <strong>und</strong> Entlassung von Personal sowie bei der Gestaltung <strong>und</strong> dem<br />
Abschluss von Verträgen. Und er hilft auch in Krisensituationen.<br />
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