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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Er braucht eine kontinuierliche <strong>und</strong> professionelle Öffentlichkeitsarbeit, <strong>und</strong> dazu gehört auch die Aufmerksamkeit, die man in den<br />

sozialen Diensten der Sprache widmet. Eine wichtige Aussage war auch die, dass der Prozess von oben nach unten gesteuert werden<br />

muss, <strong>und</strong> zwar unter direkter <strong>und</strong> kontinuierlicher Beteiligung auch der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter, damit man zuerst einen<br />

internen Dialog schaffen kann <strong>und</strong> die Mitarbeiter nachher hinter dem stehen, was man mit der Beteiligung erreichen möchte.<br />

Die Verpflichtung zur Beteiligung der Nutzer in sozialen Diensten muss in die Gesetzgebung einfließen, einerseits, um das Thema der<br />

Beliebigkeit zu entziehen, <strong>und</strong> anderseits, um die Chancengleichheit der Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzer sicherzustellen.<br />

Der Dialog zwischen sozialen Diensten <strong>und</strong> Nutzern muss professionell moderiert <strong>und</strong> auch geschult werden <strong>und</strong> ein Gleichgewicht<br />

zwischen Anbietern <strong>und</strong> Nutzern muss hergestellt werden, die sich – wie ein Teilnehmer heute gesagt hat – „auf Augenhöhe“ begegnen<br />

können sollten.<br />

Zur Frage einer Charta über die Rechte von Nutzerinnen <strong>und</strong> Nutzern an sozialen Diensten: Auf der einen Seite wurde die Idee einer<br />

Charta klar begrüsst, auf der anderen Seite wurden Vorbehalte geäußert <strong>und</strong> die Frage gestellt, ob auch mit einer <strong>Verein</strong>barung, die<br />

Eingang in die nationalen Gesetzgebungen finden könnte, ähnliche Ziele zu erreichen wären. Unbestritten war dabei, dass das Element<br />

der Gegenseitigkeit einzubauen wäre.<br />

Schlussworte<br />

John Murray, Leiter der Abteilung Sozialpolitik, Generaldirektion Soziale Kohäsion, Europarat<br />

Es war ein sehr interessanter <strong>und</strong> anregender Tag. Aus der Sicht des Europarates wird das gesamte Konzept der Nutzerbeteiligung sehr<br />

positiv beurteilt, denn unsere Organisation ist den Werten gegenüber den einzelnen Menschen verpflichtet, <strong>und</strong> der ganze klienten- oder<br />

nutzerbezogene Zugang entspricht den ethischen Gr<strong>und</strong>sätzen des Europarates. In diesem Zusammenhang möchte ich auf etwas<br />

hinweisen, was heute nicht speziell zur Sprache kam, <strong>und</strong> zwar die Verschiedenheit, die Unterschiedlichkeit der Nutzer. Wir haben dazu<br />

geneigt, die Nutzer als <strong>und</strong>ifferenzierte Masse zu bezeichnen. Wenn wir aber die sozialen Dienste betrachten, dann sehen wir, wie<br />

verschieden die Menschen sind <strong>und</strong> dass nicht <strong>für</strong> jeden dieselben Mittel die richtigen sind. Es gibt auf der einen Seite geschlechtsspezifische<br />

Unterschiede: Man kann Männer <strong>und</strong> Frauen nicht als Gruppe generalisieren <strong>und</strong> man muss herausfinden, was <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong><br />

was <strong>für</strong> Frauen angebracht <strong>und</strong> nötig ist. Wir müssen uns in unserer Arbeit auch der zunehmenden ethnischen <strong>und</strong> kulturellen Unterschiede<br />

bewusst sein <strong>und</strong> daran denken, dass Partizipation <strong>für</strong> Leute mit anderen ethnischen <strong>und</strong> kulturellen Hintergründen unter<br />

Umständen anders gestaltet werden muss. Wir müssen uns vor Augen halten, dass verschiedene Altersgruppen vertreten sind:<br />

Verschiedene Altersgruppen können unterschiedliche Haltungen gegenüber Autoritätspersonen, wie Sozialarbeitern haben, einige<br />

wollen vielleicht sehr gerne partizipieren <strong>und</strong> mit anderen in Kontakt treten, <strong>und</strong> die Jungen wollen vielleicht die neuen Kommunikationsmittel<br />

eher benutzen als ältere Leute. Wir müssen uns auch der unterschiedlichen Bildungsniveaus der Leute <strong>und</strong> der Tatsache<br />

bewusst sein, dass einige sich besser ausdrücken können <strong>und</strong> bereit sind, in einen Dialog einzutreten als andere.<br />

Nutzerbeteiligung ist eine Form der Ermächtigung <strong>und</strong> Befähigung, <strong>und</strong> Macht bringt auch Verantwortung mit sich. Den Nutzern Macht<br />

zu geben heißt demnach auch, ihnen eine stärkere Verantwortung in Bezug auf die Lösung ihrer Probleme zu geben. Und das führt uns<br />

zur Frage, wie wir die Balance zwischen Rechten <strong>und</strong> Pflichten herstellen können. Wenn wir eine Charta der Rechte erwägen, müssen<br />

wir uns die Frage stellen, ob wir nicht auch die Verpflichtungen einbeziehen müssen. Bei all dem müssen wir uns dessen bewusst sein,<br />

dass es viele Leute in der Gesellschaft gibt, die es schwierig finden, mit Verwaltungen umzugehen, die Schwierigkeiten haben, ihre<br />

Probleme in Worte zu fassen; <strong>und</strong> wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht diejenigen bevorzugt behandeln, die besser gebildet sind<br />

<strong>und</strong> sich besser ausdrücken können.<br />

Interessantes wurde an dieser Tagung zur New-Public-Management-Kultur ausgeführt, in der mit einer wirtschaftlichen Sichtweise<br />

Klienten als K<strong>und</strong>en betrachtet, das Erreichen von Vorgaben gemessen <strong>und</strong> alle anderen Instrumente zur wirtschaftlichen Effizienz<br />

eingesetzt werden. Das ist sicher alles notwendig <strong>und</strong> wichtig <strong>und</strong> kann sehr wertvoll sein, solange wir diese Dinge als Instrumente<br />

sehen <strong>und</strong> nicht als Ziel <strong>und</strong> Zweck sozialer Dienste. Wir müssen uns also immer fragen: Ist das wirtschaftliche Modell adäquat, welches<br />

sind die Grenzen seiner Anwendbarkeit in sozialen Diensten; ist das K<strong>und</strong>enmodell, das Einkaufsmodell das richtige, <strong>und</strong> wie passt die<br />

alte Dienstleistungsethik <strong>und</strong> -motivation da hinein? Ist sie noch zeitgemäß <strong>und</strong> spielt sie noch eine Rolle, oder sprechen wir nur noch<br />

von Wettbewerbs- <strong>und</strong> von Gewinnorientierung?<br />

Aber es wird auch notwendig sein, sich mit den Grenzen <strong>und</strong> dem Abbau des traditionellen Wohlfahrtsstaates zu befassen, <strong>und</strong> der<br />

Einbezug der Nutzer in soziale Dienste ist ein wichtiger Aspekt in den Überlegungen des Europarates zur Entwicklung der Demokratie<br />

in eine partizipativere Form.<br />

Ich möchte allen danken, die uns an dieser Tagung mit ihren Beiträgen <strong>und</strong> Überlegungen bei unserer Arbeit geholfen haben <strong>und</strong> uns<br />

die Möglichkeit gaben, in diesem Rahmen einige unserer Ideen zur Diskussion zu stellen.<br />

Pfarrer Jürgen Gohde, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen <strong>Verein</strong>s <strong>für</strong> <strong>öffentliche</strong> <strong>und</strong> <strong>private</strong> <strong>Fürsorge</strong><br />

Die Tagung ist <strong>für</strong> den Deutschen <strong>Verein</strong> wichtig, weil sie versucht, neue Orientierungspunkte in einer neuen Landkarte des Sozialen<br />

zu zeichnen. Das ist ein nationaler Dialog, der in der gegenwärtigen Situation nur dann Sinn macht, wenn wir die Erfahrungen unserer<br />

Nachbarn oder von Menschen nutzen können, die mit solchen Transformationsprozessen Erfahrung haben. Deshalb möchte ich mich<br />

ganz herzlich bedanken <strong>für</strong> Ihre Beiträge, die uns helfen, die Fragen richtig zu stellen, Wege gemeinsam zu gehen <strong>und</strong> voneinander zu<br />

lernen. Das Thema der Einbeziehung, der Partizipation der Menschen, die von sozialen Dienstleistungen profitieren, ist ein Schlüsselthema<br />

der nächsten Jahre <strong>und</strong> der nächsten Jahrzehnte, denn in sozialen Diensten geht es sehr stark um personenbezogene Prozesse, es<br />

geht um Helfen, Unterstützen, um Raten, Trösten <strong>und</strong> das Entwickeln gemeinsamer Strategien <strong>und</strong> um Erfahrungsgüter. Und die lassen<br />

sich so verschieden gestalten, wie Menschen in verschiedener Weise die Optionen wahrnehmen, die sie im Leben haben. Und des-<br />

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