Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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allen Klienten, die Hauspflege in Anspruch nehmen, sind 43 % über 65 Jahre alt. Mit Hilfe des persönlichen Budgets sind diese älteren<br />
Leute in der Lage, in ihrem eigenen Haus zu bleiben oder während einer längeren Zeit unabhängig zu leben. Sie können ihre Nachfrage<br />
nach Pflege selbst organisieren, erhalten Pflege von einer Person ihrer Wahl, zu ihren eigenen Bedingungen, in einer vertrauten<br />
Umgebung. Das persönliche Budget ist ein wichtiges Instrument in der Politik, die auf eine Verschiebung vom Fokus auf das Angebot<br />
zum Fokus auf den Bedarf zielt. Die Pflegeleistungsanbieter ihrerseits müssen den Bedürfnissen <strong>und</strong> den Anforderungen der Budgetinhaber,<br />
ihrer Auftraggeber, gerecht werden.<br />
Dirk Jarré dankt Floris De Boer <strong>für</strong> diese äußerst interessanten Ausführungen aus den Niederlanden <strong>und</strong> ermöglicht den Tagungsteilnehmern,<br />
dazu Fragen zu stellen.<br />
Frage aus dem Publikum: Können Sie einen Überblick über die ersten Trends dazu geben, wie die Anbieter auf das System der Option<br />
auf ein persönliches Budget reagiert haben?<br />
Floris de Bour: Die Anbieter waren als Monopolisten von diesem System zunächst nicht besonders begeistert, sie kommen jetzt aber,<br />
nachdem es eingeführt ist, damit zurecht. Das System wirkt sich auch auf die Dienste aus, die Sachleistungen anbieten. Den Anbietern<br />
wird nun bewusster, dass die Patienten Verbraucher auf einem wichtigen Markt sind, <strong>und</strong> sie haben damit begonnen, sich zu reformieren<br />
<strong>und</strong> umzustrukturieren, um diesen Markt mit ihren guten <strong>und</strong> spezialisierten Leistungen zu bedienen.<br />
User involvement in social services: examples from Romania<br />
Carmen Ileana Manu, Leiterin der Abteilung Dienstleistungsprogramme, Ministerium <strong>für</strong> Arbeit <strong>und</strong> Soziale Solidarität, Rumänien<br />
Die Reform des Systems der sozialen Unterstützung in Rumänien begann in den frühen neunziger Jahren. Die Hauptstrategie des Staates<br />
richtete sich dabei, der allgemeinen Diskussion folgend, innerhalb des Systems der sozialen Unterstützung besonders auf die Familie<br />
<strong>und</strong> die Unterstützung von Kindern, unter Einbezug einer allgemeinen Verbesserung der Lebensqualität <strong>für</strong> alle Bürger.<br />
In Rumänien wurde der Prozess des Übergangs von einer zentralisierten Wirtschaft zur Marktwirtschaft von negativen Konsequenzen<br />
wie einem ökonomischem Abschwung, dem Abbau von Arbeitsplätzen <strong>und</strong> Schwierigkeiten in der Entwicklung der Landwirtschaft<br />
begleitet, die dazu führten, dass ein Teil der Leute ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigener Kraft bestreiten konnten.<br />
In diesem Kontext sieht sich die Sozialpolitik in Rumänien mit einigen besonders großen Herausforderungen konfrontiert:<br />
- auf der einen Seite die Notwendigkeit, die Ausgestaltung der sozialen Hilfe an die Philosophie einer aktiven Arbeitsmarktpolitik anzupassen,<br />
- anstelle einer Abhängigkeit vom Staat <strong>und</strong> von institutioneller Versorgung die persönliche Unabhängigkeit <strong>und</strong> die Verantwortung der<br />
Familie zu fördern,<br />
- effizientere Managementsysteme <strong>und</strong> eine bessere Steuerung der vorhandenen Mittel einzuführen,<br />
- die Notwendigkeit, Transparenz zu schaffen, die Übernahme von Verantwortung <strong>und</strong> einen besseren Einbezug der Öffentlichkeit in<br />
die Sozialpolitik zu ermöglichen, insbesondere durch die Verstärkung der Verantwortlichkeit lokaler Behörden <strong>und</strong> der Nichtregierungsorganisationen.<br />
Es braucht jetzt ein entsprechendes Steuerungssystem, um während des Überganges zu einer Marktwirtschaft das notwendige Sicherungsnetz<br />
zu gewährleisten.<br />
Um die Gr<strong>und</strong>bedingungen zu schaffen, die den Bürgern erlauben, tatsächlich am sozialen Leben teilzunehmen, ist auf der einen Seite<br />
die Bereitstellung genügender Ressourcen <strong>und</strong> auf der anderen Seite eine Erhöhung der persönlichen Verantwortung notwendig.<br />
Die Familienzulagen basieren auf den Prinzipien des Zusammenhalts <strong>und</strong> einer sozialen Solidarität <strong>und</strong> sind Teil eines Maßnahmenpaketes<br />
zugunsten von Kindern <strong>und</strong> Familien. Man unterscheidet folgende Familienzulagen aus staatlichen Mitteln:<br />
- Kinderzulagen werden an alle Kinder unter 16 bzw. 18 Jahren ausgerichtet, wenn sie eine durch das Gesetz vorgesehene Ausbildung<br />
absolvieren.<br />
- Die Ergänzungszulagen <strong>für</strong> Familien mit Kindern werden Familien zugesprochen, die zwei oder mehr Kinder im Alter bis zu 16 bzw.<br />
18 Jahren in Ausbildung haben.<br />
- Die Zulagen <strong>für</strong> fremdplatzierte Kinder werden in Form von monatlichen Zahlungen <strong>für</strong> jedes Kind <strong>und</strong> <strong>für</strong> die gesamte Dauer der<br />
Platzierung ausgerichtet.<br />
Die Zulage <strong>für</strong> neugeborene Kinder wird Müttern <strong>für</strong> jedes der ersten vier lebend geborenen Kinder gewährt.<br />
Die heutige Gesetzgebung stellt im Weiteren zur Verfügung:<br />
- Notfallhilfen, unterstützende Maßnahmen während des Winters (Heizmaterial <strong>für</strong> die Wohnung), monatliche Sozialhilfeleistungen an<br />
Frauen ohne oder mit kleinem Einkommen, deren Männer den obligatorischen Militärdienst leisten,<br />
- andere unterstützende Maßnahmen.<br />
- Mikro-Darlehen zur Gründung von kleinen Familienunternehmen aus Staatsmitteln in der Höhe von höchstens 10000 Euro <strong>für</strong> Personen<br />
ohne Eigenkapital.<br />
Um die Entwicklung von Sozialeinrichtungen zu unterstützen, hat die Regierung auch die finanzielle Unterstützung von nichtstaatlichen<br />
Organisationen beschlossen.<br />
Das aufgr<strong>und</strong> der sozioökonomischen Bedingungen hohe Armutsrisiko hat die Regierung dazu bewogen, zusätzliche gesetzliche<br />
Maßnahmen einzuleiten:<br />
Zu Beginn des Jahres 2001, als das Gesetz über die Sozialhilfe in Kraft trat, wurde von der Rumänischen Regierung eine neue Dezentralisierungsstrategie<br />
eingeleitet. Ein wichtiges Element der Reform der Sozialhilfe ist die Stärkung der Verantwortlichkeit der lokalen<br />
Räte, damit diese die wirklichen Probleme auf kommunaler Ebene erkennen <strong>und</strong> in der Lage sind, effiziente Strategien <strong>für</strong> Kinder,<br />
Familien, ältere Leute, Behinderte oder <strong>für</strong> jedermann, der sich in einer Notlage befindet, zu entwickeln.<br />
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