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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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<strong>Workshop</strong> 1.5<br />

Das persönliche Budget <strong>für</strong><br />

Menschen mit Behinderungen –<br />

zum Europäischen Jahr der Menschen<br />

mit Behinderungen 2003<br />

Donnerstag, 8. Mai 2003<br />

10:00 Uhr–12:30 Uhr<br />

Vortrag:<br />

• Durch das „Persönliche Budget“ zu mehr<br />

Selbstbestimmung <strong>und</strong> Teilhabe am Leben<br />

in der Gemeinschaft?<br />

Prof. Dr. rer. soc. Elisabeth Wacker,<br />

Fakultät Rehabilitationswissenschaften,<br />

Rehabilitationssoziologie,<br />

Universität Dortm<strong>und</strong><br />

Diskussion:<br />

• Modellvorhaben zu „persönlichen Budgets“ –<br />

Unterschiede <strong>und</strong> erste Erfahrungen!<br />

Dr. Peter Gitschmann,<br />

Wissenschaftlicher Direktor, Behörde<br />

<strong>für</strong> Soziales <strong>und</strong> Familie der Freien <strong>und</strong><br />

Hansestadt Hamburg, Amt <strong>für</strong> Soziales<br />

<strong>und</strong> Rehabilitation, Eingliederungshilfe/<br />

Behindertenpolitik<br />

Durch das „Persönliche Budget“ zu mehr Selbstbestimmung<br />

<strong>und</strong> Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft?<br />

Fakultät Rehabilitationswissenschaften, Rehabilitationssoziologie<br />

Univ. Prof. Dr. Elisabeth Wacker<br />

Am Thema „Persönliches Budget“ scheiden sich die Geister in der Behindertenhilfe.<br />

Es enthält Fragen ganz gr<strong>und</strong>sätzlicher Art. Aber auch die tatsächliche<br />

Ausgestaltung <strong>und</strong> der Zuschnitt werden kontrovers diskutiert: Etwas wesentlich<br />

Neues soll entwickelt <strong>und</strong> auf den Prüfstand gestellt werden.<br />

Es ist also nicht falsch klarzustellen, wie die Ausgangssituation sich darstellt<br />

<strong>und</strong> wovon ich genau reden will, wenn es um das Persönliche Budget geht?<br />

Tatsache ist:<br />

Die Einführung von Geldleistungen an Menschen, die aufgr<strong>und</strong> einer Behinderung<br />

Unterstützungsbedarf haben, gewinnt im europäischen Kontext zunehmend<br />

an Bedeutung. Zugleich gerät die besonders in Deutschland traditionsreiche<br />

R<strong>und</strong>-um-Unterstützung mit Sachleistungen auf den Prüfstand. In Frage<br />

stehen ihre Effizienz <strong>und</strong> Effektivität, d.h. die Qualität <strong>und</strong> Angemessenheit der<br />

Hilfen. Prüfkriterien sind dabei der angemessene Einsatz von Mitteln (<strong>und</strong><br />

selbstverständlich die Frage nach potenziellen Einsparungsmöglichkeiten) <strong>und</strong><br />

zugleich der Erfolg der Unterstützung, der sich nach der Verwirklichung gesellschaftlicher<br />

Teilhabe in subjektiv relevanten Bereichen bemisst.<br />

1. Das Persönliche Budget – eine Idee <strong>und</strong> ihre schrittweise Umsetzung<br />

1.1 Neu über Behinderung nachdenken<br />

Behinderung als Phänomen – so sind sich die Experten einig – ist mehr <strong>und</strong><br />

mehr differenziert zu betrachten. Es ist überholt, nur auf mangelnde Fähigkeiten<br />

<strong>und</strong> Einschränkungen einer Person zu sehen, auch wenn es in Deutschland eine<br />

lange Tradition besitzt, so die Eintrittskarte in die Unterstützungssysteme zu<br />

lösen. Behinderung reduziert sich nicht mehr lediglich auf Unvermögen <strong>und</strong><br />

Abweichung von normaler Funktionsfähigkeit.<br />

Man betrachtet Behinderung vielmehr als einen Zustand, in den jemand gelangt,<br />

weil er oder sie nicht in die sozialen Institutionen passt <strong>und</strong> daher ausgeschlossen<br />

wird. Die gilt <strong>für</strong> die Systeme der schulischen Bildung, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

ebenso wie <strong>für</strong> den Arbeitsmarkt. Die passenden individuellen Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> Fertigkeiten steuern hier die Teilhabe.<br />

Auch die systematischen Bemühungen um Integration folgen in der Regel<br />

dieser Idee: Sie setzten darauf, Menschen in die Gesellschaft zu integrieren, die<br />

zuvor in Sondereinrichtungen beschützt <strong>und</strong> gefördert wurden. Aber in einer<br />

Einrichtung unterstützt zu werden, die in der Gemeinde liegt, bedeutet keineswegs,<br />

auch zugleich ein respektiertes Mitglied dieser Gemeinde zu sein. Denn:<br />

Dabei sein ist nicht alles, Teilhabe ist mehr!<br />

Daher tritt eine Sichtweise mehr <strong>und</strong> mehr in den Vordergr<strong>und</strong>, die Behinderung<br />

betrachtet als ein Konstrukt, in dem viele Faktoren zusammenwirken: organische,<br />

mentale, soziale <strong>und</strong> Umgebungsvariablen bestimmen, ob Behinderung<br />

eintritt <strong>und</strong> in welcher Ausprägung.<br />

Denn Hindernisse wirken sich unter verschiedenen Lebensumständen unterschiedlich<br />

aus. Entsprechend muss Unterstützung individuell zugeschnitten<br />

werden, passend zu den jeweiligen Bedarfen <strong>und</strong> Bedürfnissen, den Vorlieben<br />

<strong>und</strong> Lebensplänen.<br />

So sieht dies auch die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation (WHO; vgl. ICF 2001),<br />

wenn sie Behinderung neu definiert in der ICF (International Classification of<br />

Functioning, Disability and Health). Unterstützungsbedarfe werden dort nicht<br />

primär auf Art <strong>und</strong> Ausmaß einer Schädigung zurückgeführt, sondern zeigen<br />

sich in einer fehlenden „Passung“ von persönlichen Voraussetzungen <strong>und</strong><br />

Bedingungen der Umwelt, welche die Partizipationschancen einer Person<br />

mindert.<br />

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