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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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<strong>Workshop</strong> 1.4<br />

Die Förderung des bürgerschaftlichen<br />

Engagements – Perspektiven einer<br />

bürgerschaftlichen Reformpolitik<br />

Donnerstag, 8. Mai 2003<br />

10:00 Uhr–17:30 Uhr<br />

Vorträge:<br />

• Erwerbsarbeit <strong>und</strong> bürgerschaftliches<br />

Engagement – Herausforderungen angesichts<br />

von Veränderungen in der Arbeitswelt<br />

Dr. Giesela Jacob<br />

Wiss. Mitarbeiterin im Sekretariat<br />

der Enquete-Kommission „Zukunft des<br />

Bürgerschaftlichen Engagements“<br />

Podiumsgespräch:<br />

• Thesenpapier zur Podiumsdiskussion:<br />

Herausforderungen bürgerschaftlicher<br />

Reformpolitik<br />

Ludwig Pott<br />

Arbeiterwohlfahrt, B<strong>und</strong>esverband, Bonn,<br />

Leiter der Initiative Ehrenamt,<br />

Mitglied der Enquete-Kommissin „Zukunft<br />

des Bürgerschaftlichen Engagements“<br />

ACHTUNG: Seite 353<br />

• Die Rolle der Selbsthilfe im<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Jürgen Matzat<br />

Dipl. Psychologe <strong>und</strong> Psychotherapeut,<br />

Leiter der Kontaktstelle <strong>für</strong> Selbsthilfegruppen<br />

der Deutschen AG Selbsthilfegruppen e.V.,<br />

Klinik <strong>für</strong> Psychosomatik <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen<br />

Erwerbsarbeit <strong>und</strong> bürgerschaftliches Engagement<br />

Herausforderungen angesichts von Veränderungen in der<br />

Arbeitswelt<br />

Gisela Jakob<br />

In dem vorliegenden Beitrag geht es darum, die Beziehungen zwischen bürgerschaftlichem<br />

Engagement <strong>und</strong> Erwerbsarbeit näher zu beleuchten <strong>und</strong> sowohl die Zusammenhänge<br />

zwischen der Erwerbsarbeit <strong>und</strong> dem Engagement als auch die Differenzen zwischen<br />

beiden Bereichen aufzuzeigen <strong>und</strong> die Besonderheit <strong>und</strong> den Eigensinn bürgerschaftlichen<br />

Engagements herauszuarbeiten. In dieser Eigenständigkeit <strong>und</strong> Eigensinnigkeit<br />

liegen auch die Grenzen <strong>für</strong> Versuche, das Engagement als Ersatz oder Kompensation<br />

<strong>für</strong> den Verlust der Erwerbsarbeit zu nutzen.<br />

I. Zusammenhänge zwischen Erwerbsarbeit <strong>und</strong> bürgerschaftlichem Engagement<br />

Bürgerschaftliches Engagement <strong>und</strong> Erwerbsarbeit weisen Berührungspunkte auf <strong>und</strong> beeinflussen<br />

sich gegenseitig. Die Zusammenhänge zwischen Engagement <strong>und</strong> Erwerbsarbeit<br />

lassen sich anhand von drei Zugängen verdeutlichen:<br />

• anhand der Zusammenhänge zwischen Veränderungen der Arbeitswelt <strong>und</strong> dem Engagement;<br />

• anhand der empirischen Daten zum Engagement von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong><br />

• anhand der individuellen Kombinationen von Erwerbsarbeit <strong>und</strong> Engagement.<br />

1. Veränderungen in der Arbeitswelt <strong>und</strong> Auswirkungen auf das Engagement<br />

Die Bedingungen der Arbeitswelt strukturieren auf vielfältige Weise auch die Rahmenbedingungen<br />

<strong>für</strong> bürgerschaftliches Engagement. Flexibilisierungstendenzen bei den Arbeitszeiten<br />

<strong>und</strong> den Arbeitsorten, Entwicklungen in Richtung auf eine Ausweitung der Arbeitszeiten<br />

bei bestimmten Berufsgruppen sowie der zunehmende Leistungsdruck <strong>für</strong> viele<br />

Beschäftigte beeinflussen auch die Engagementmöglichkeiten. Um auf diese Zusammenhänge<br />

zwischen Veränderungen in der Arbeitswelt sowie Auswirkungen auf die<br />

Familie <strong>und</strong> auf das Engagement aufmerksam zu machen, möchte ich hier näher auf die<br />

Untersuchung von Arlie Russell Hochschild eingehen, die den Titel trägt: „Keine Zeit.<br />

Wenn die Firma zum Zuhause wird <strong>und</strong> zu Hause nur Arbeit wartet“ (Hochschild 2002).<br />

Am Beispiel eines international tätigen US-amerikanischen Großunternehmens werden<br />

die Arrangements zwischen Arbeitswelt <strong>und</strong> Familie der Beschäftigten untersucht. Die Ergebnisse<br />

der Untersuchung sind sicherlich nicht einfach auf Deutschland übertragbar, da<br />

die Arbeitswelten in beiden Gesellschaften unterschiedlich organisiert sind. Es geht mir<br />

auch nicht um eine direkte Übertragbarkeit, sondern um eine Schärfung der Aufmerksamkeit<br />

<strong>für</strong> das komplizierte Bedingungsgefüge von Erwerbsarbeit, Familie <strong>und</strong> Engagement<br />

<strong>und</strong> eine Sensibilisierung da<strong>für</strong>, dass Engagement auch Zeit braucht.<br />

Arlie R. Hochschild untersucht in ihrer Studie die Zeitarrangements von Beschäftigten in<br />

einem Großunternehmen, das als besonders familienfre<strong>und</strong>lich gilt <strong>und</strong> verschiedene<br />

„Work-Life-Balance“-Programme anbietet. Dazu gehört eine Vielzahl von bereitgestellten<br />

Dienstleistungen, die das Familienleben erleichtern sollen. Und dazu gehört, dass – zumindest<br />

in der offiziellen Unternehmenspolitik – Möglichkeiten zur Arbeitszeitreduzierung<br />

<strong>und</strong> -flexibilisierung <strong>für</strong> Beschäftigte mit Kindern eröffnet werden. Interessant ist<br />

allerdings, dass diese offiziellen Möglichkeiten zur Arbeitszeitreduzierung, um mehr Zeit<br />

<strong>für</strong> das Familienleben zu haben, von den Beschäftigten kaum in Anspruch genommen werden.<br />

Dies gilt <strong>für</strong> Möglichkeiten eines Erziehungsurlaubs nach der Geburt eines Kindes<br />

ebenso wie <strong>für</strong> Optionen einer regelmäßigen Arbeitszeitreduzierung zur besseren <strong>Verein</strong>barkeit<br />

von Erwerbsarbeit <strong>und</strong> Familie. Beide Möglichkeiten wurden von den Beschäftigten<br />

kaum genutzt – weder von den Frauen noch von den Männern.<br />

Stattdessen zeichnet sich die umgekehrte Tendenz ab: Sowohl <strong>für</strong> die hoch qualifizierten<br />

Beschäftigten <strong>und</strong> die Leitungskräfte im Management als auch <strong>für</strong> die Beschäftigten mit<br />

einem niedrigen Qualifikationsniveau im Produktionsbereich waren regelmäßige<br />

Überst<strong>und</strong>en selbstverständlich. Für viele der hoch qualifizierten weiblichen <strong>und</strong> männlichen<br />

Beschäftigten galt, dass ein Acht-St<strong>und</strong>en-Tag eher die Ausnahme war <strong>und</strong> Überst<strong>und</strong>en<br />

plus Erledigung kleiner Arbeiten zu Hause zum selbstverständlichen Arbeitsalltag<br />

gehörten. Bei den Beschäftigten im Produktionsbereich, die Schichtarbeit verrichteten,<br />

waren Doppelschichten nicht selten.<br />

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