Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Auf dem Weg zu einem neuen Ansatz - Sozialagentur in Mülheim an der Ruhr<br />
Klaus Konietzka, Jugendamt – Sozialer Dienst, Stadt Mülheim<br />
1. Die Ausgangslage<br />
In den vergangenen Jahren sind in der Stadt Mülheim an der Ruhr bereits in einigen sozial- <strong>und</strong> jugendpolitischen Handlungsfeldern organisatorische<br />
Veränderungen vorgenommen worden, die die traditionellen kommunalen Handlungsmuster weit reichend verändert haben.<br />
Kern der Reformbemühungen war der Aufbau einer wirkungs- <strong>und</strong> k<strong>und</strong>enorientierten Organisationsform kommunaler sozialer Dienstleistungen,<br />
die in bewusster Abkehr von den institutionell versäulten Modalitäten bisheriger Leistungsgewährungen stehen.<br />
Im Jahr 2001 wurden diese Reformbemühungen mit dem Projekt „Soziales-Jugend-Schule“ (SJS) fortgesetzt, bei dem es um die<br />
Optimierung der Zusammenarbeit dieser Bereiche mit dem globalen Ziel der Verbesserung des Leistungsangebotes <strong>für</strong> die Leistungsempfänger<br />
geht.<br />
Am Ende soll ein bürgerorientiertes, effektives <strong>und</strong> effizientes soziales Dienstleistungsangebot stehen, mit dem auch sicherzustellen ist,<br />
dass die Jugend- <strong>und</strong> die Sozialverwaltung den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden können <strong>und</strong> ein sinnvoller <strong>und</strong> effektiver<br />
Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen die kommunale soziale Infrastruktur sichert <strong>und</strong> verbessert.<br />
Davon ausgehend, dass soziale Dienste mit einer jeweiligen Zuständigkeit <strong>für</strong> die Jugendhilfe, die Sozialhilfe <strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heitshilfe<br />
ein unkoordiniertes Nebeneinander begünstigen <strong>und</strong> nicht wirtschaftlich <strong>und</strong> zweckmäßig sind, wurde im konzeptionellen Projektansatz<br />
gefolgert, dass nicht mehr eine Ämterzugehörigkeit bei der Organisation der Leistungen den Vorrang haben muss, sondern die Bedürfnisse<br />
<strong>und</strong> Lebenswelten der Menschen.<br />
Durch eine solche Organisationsform „ganzheitlicher“ sozialer Dienstleistungen <strong>und</strong> eine entsprechende Aufgabenzuweisung soll<br />
sichergestellt werden, dass die Ausführung der Aufgaben des KJHG des BSHG <strong>und</strong> ggf. anderer relevanter Gesetze im Zusammenwirken<br />
erfolgt.<br />
Es geht dabei um die Erweitung von Handlungsspielräumen <strong>für</strong> personenbezogene <strong>und</strong> materielle Dienstleistungen wie auch um andere<br />
Zugangsmöglichkeiten bzw. die Beteiligung der Nutzer.<br />
Mit diesem Projektansatz erfolgte im März 2001 eine Bewerbung der Stadt Mülheim an der Ruhr an der Ausschreibung des Sozialministeriums<br />
NRW zur Teilnahme an dem Modellprojekt „Sozialagenturen – Hilfe aus einer Hand“.<br />
In diesem Modellprojekt soll die Sozialhilfe mit Angeboten der Arbeitsverwaltung <strong>und</strong> weiteren sozialen Dienstleistungen wie<br />
Jugendhilfe, Ges<strong>und</strong>heitshilfe u. a. verb<strong>und</strong>en werden.<br />
Bei den „Sozialagenturen“ ist der erste <strong>und</strong> wichtigste Ansatz: An Stelle der bloßen Abwicklung von Zahlungsvorgängen in der<br />
Sozialhilfe wird die individuelle Hilfe, der persönliche Entwicklungsplan in den Vordergr<strong>und</strong> gestellt.<br />
Es müssen deshalb neue Formen der Beratung, der Hilfeplanung <strong>und</strong> ein individuell maßgeschneidertes Case Management konzipiert<br />
werden.<br />
Ziel ist es, nicht den Menschen der Maßnahme, sondern die Maßnahmen den Menschen anzupassen. Zweitens geht es darum, die vor<br />
Ort vorhandenen Möglichkeiten der Hilfe zu verzahnen. Damit soll der „Parcours durch verschiedene Ämter überflüssig gemacht werden“.<br />
Die Sozialagentur stellt „Lotsen“ bereit, deren Aufgabe es ist, quer zu den Säulen des Sozialleistungssystems, Ressourcen <strong>für</strong> -<br />
passgenaue Hilfen zu erschließen. „Die Rückführung in eine selbstständige Existenz ist also eine komplexe Dienstleistung, die aus einer<br />
Hand erbracht wird“ (MASQT 2001, S. 6).<br />
1.1 Das Leitziel<br />
Bezüglich der Organisation aller am Modellprojekt „Sozialagentur“ beteiligten Dienste ist eine Orientierung am Sozialraum favorisiert<br />
<strong>und</strong> eine stärkere Integration von Fach- <strong>und</strong> Ressourcenverantwortung mit dem Ziel einer zielorientierten Aufgabenwahrnehmung<br />
angestrebt worden.<br />
Denn ein regionalisiertes Arbeitskonzept kann in der Kombination persönlicher <strong>und</strong> wirtschaftlicher Hilfen am wirksamsten<br />
Unterstützungsarrangements unter Berücksichtigung von Problemen <strong>und</strong> Ressourcen aller Beteiligten entwickeln. Hier liegt die<br />
Innovationskraft einer Neuorganisation kommunaler sozialer Dienstleistungen.<br />
Mit einem sozialräumlichen Arbeitsprinzip verschiebt sich die Bedeutung der Organisationsstruktur von der „konditional programmierten<br />
Eingriffverwaltung“ (Brülle 1996, S. 186) hin zu einer zweckprogrammierten Leistungsverwaltung, die auch am ehesten an der<br />
Eigenverantwortung <strong>und</strong> den positiven Ressourcen der Menschen anknüpfen kann.<br />
Die Regionalisierung sozialer Dienstleistungen erfordert, „dass sich die Strukturen der sozialen Einrichtungen an Individuen anpassen“<br />
(Klatetzki 1995, S. 7), nicht nur <strong>für</strong> den Sozialraum, sondern auch in ihm, also vor Ort, konzipiert <strong>und</strong> erbracht werden.<br />
Ein so regionalisiertes Arbeitskonzept kann in der Kombination persönlicher <strong>und</strong> wirtschaftlicher Hilfen am wirksamsten Unterstützungsarrangements<br />
unter Berücksichtigung von Problemen <strong>und</strong> Ressourcen aller Beteiligten entwickeln.<br />
Multiprofessionelle Teams auf Stadtteil-/Stadtbezirksebene gewähren ein integriertes Leistungsangebot aller ortsnah anzubietenden<br />
Leistungen der Jugend-, Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitshilfe in fachlich-konzeptioneller, personeller <strong>und</strong> finanzieller Hinsicht.<br />
Beratung, Sachleistung <strong>und</strong> Einrichtungen des <strong>öffentliche</strong>n Trägers sind im Stadtteil/Stadtbezirk miteinander wie auch mit den freien<br />
Trägern vernetzt,Angebote <strong>und</strong> Dienstleistungen, räumliche <strong>und</strong> personelle Ressourcen aufeinander abgestimmt.<br />
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