Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Workshop</strong> 2.3<br />
Familienkrisen bewältigen:<br />
Die Kindschaftsrechtsreform<br />
im Spiegel der Praxis<br />
Donnerstag, 8. Mai 2003<br />
10:00 Uhr–17:30 Uhr<br />
Vorträge:<br />
• Familienkrisen bewältigen: Die<br />
Kindschaftsrechtsreform im Spiegel<br />
der Praxis<br />
Prof. Dr. Bernd Seidenstücker,<br />
Hochschullehrer,<br />
FHS Darmstadt<br />
Barbara Mutke,<br />
Dipl.-Päd., wiss. Mitarbeiterin,<br />
Institut <strong>für</strong> Sozialpädagogik, TU Berlin<br />
Familienkrisen bewältigen: die Kindschaftsrechtsreform<br />
im Spiegel der Praxis<br />
Bernd Seidenstücker, Barbara Mutke<br />
Bekanntlich hat der Gesetzgeber mit dem am 1.7.1998 in Kraft getretenen Kindschaftsrechtsreformgesetz<br />
(KindRG) die in mehreren Bereichen zum Teil lang<br />
andauernden Diskussionen <strong>und</strong> Entwicklungen zu einem vorläufigen Abschluss<br />
gebracht. Dies bezieht sich vornehmlich auf Kinder, die außerhalb einer bestehenden<br />
Ehe geboren werden, auf die elterliche Sorge von miteinander nicht verheirateten<br />
Eltern, auf die elterliche Sorge bei Trennung <strong>und</strong> Scheidung sowie<br />
auf die Interessenvertretung von Kindern im Verfahren. Ursache dieser Gesetzesveränderungen<br />
waren letztlich gesellschaftliche Veränderungen <strong>und</strong> fachliche<br />
Entwicklungen, nicht zuletzt aber auch entsprechende einschlägige Entscheidungen<br />
des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts, etwa zum Recht auf das Wissen<br />
um die eigene Abstammung (BVerfGE 79, 256 ff.), zur gemeinsamen elterlichen<br />
Sorge miteinander nicht verheirateter Eltern (BVerfGE 84, 168 ff.), zur alleinigen<br />
elterlichen Sorge bei Scheidung (BVerfGE NJW 1983, 101 ff.) <strong>und</strong> zum<br />
Verfahrenspfleger (BVerfGE 72, 122 ff.; BVerfGE 75, 201 ff.). So wurde mit der<br />
Verabschiedung des Gesetzes eine, zum Teil im Vorfeld auch kontroverse, Diskussion<br />
– unter Einbezug der Positionen der UNO-Kinderrechtskonvention –<br />
zum Abschluss gebracht.<br />
Die im Nachfolgenden dargestellten Untersuchungsergebnisse basieren auf<br />
Erkenntnissen aus dem Jahr 2000, die im Rahmen einer Erk<strong>und</strong>ungserhebung<br />
unter der fachlichen Leitung von Prof. Münder <strong>und</strong> Prof. Seidenstücker durch<br />
Sozialpädagogik-Studenten an der TU Berlin durchgeführt wurde (Seidenstücker<br />
2001). Diese fungiert als eine Voruntersuchung <strong>für</strong> eine ab der zweiten<br />
Jahreshälfte 2003 geplante b<strong>und</strong>esweite Erhebung zur Arbeitsweise der <strong>öffentliche</strong>n<br />
<strong>und</strong> freien Jugendhilfe zur Umsetzung des KindRG. Dabei interessierte<br />
<strong>und</strong> interessiert die Frage, ob die Intentionen des Gesetzgebers, die Rechte von<br />
Kindern <strong>und</strong> die Autonomie von Eltern zu stärken, sich in der Arbeitsweise der<br />
Fachkräfte der Jugendhilfe widerspiegeln. Ohne Zweifel haben sich mit dem<br />
KindRG eine Reihe von neuen inhaltlichen Anforderungen <strong>und</strong> neue Aufgabenfelder<br />
<strong>für</strong> die <strong>öffentliche</strong> <strong>und</strong> freie Jugendhilfe ergeben. Dies gilt neben<br />
der Rechtspflege im Besonderen auch <strong>für</strong> die in diesen Kontext beratenden <strong>und</strong><br />
helfenden Berufe. Die Voruntersuchung <strong>und</strong> andere einschlägige Untersuchungen<br />
machen deutlich, dass die Realsituation wesentlich von der individuellen<br />
Arbeitsweise <strong>und</strong> der Einstellung der professionell tätigen Personen beeinflusst<br />
wird, die mit der Anwendung <strong>und</strong> Umsetzung der Normen zu tun haben.<br />
Stand der Forschung<br />
Da die Einführung dieses Gesetzes aber erst relativ jung ist, gibt es zu dessen<br />
Umsetzung in der Arbeitsweise der damit befassten Professionen, insbesondere<br />
der sozialen Dienste, außer der Studie von Proksch (2003) derzeitig immer noch<br />
keine abgeschlossenen überregionalen empirischen Untersuchungen. Wohl aber<br />
liegen inzwischen enger gefasste Einzeluntersuchungen, besonders im Kontext<br />
von juristischen <strong>und</strong> sozialpädagogischen bzw. psychologischen Graduierungsarbeiten<br />
an Universitäten <strong>und</strong> Fachhochschulen, vor. Weiterhin wurden Qualitätsparameter<br />
<strong>für</strong> fachliche Standards von inzwischen etablierten regionalen<br />
bzw. b<strong>und</strong>esweiten thematischen Arbeitskreisen bzw. Arbeitsgemeinschaften<br />
(so zum begleiteten Umgang, zur Verfahrenspflegschaft usw.) entwickelt.<br />
Die o.g., im Auftrage des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Justiz von Proksch durchgeführte<br />
repräsentative Studie bezieht sich vornehmlich auf ein zentrales<br />
Reformanliegen der Sorgerechtsregelungen nach Trennung <strong>und</strong> Scheidung. Der<br />
Endbericht liegt inzwischen vor <strong>und</strong> trifft auch Aussagen zur Zusammenarbeit<br />
von Jugendhilfe <strong>und</strong> Justiz <strong>und</strong> nimmt aus der Sicht von „Scheidungseltern“ <strong>und</strong><br />
verschiedener Professionen (Richter, Anwälte) eine Bewertung der Arbeitsweise<br />
der <strong>öffentliche</strong>n <strong>und</strong> freien Jugendhilfe vor. In der repräsentativen Untersuchung<br />
der Arbeitsgruppe von Fthenakis (2001), die im Auftrage des BMFSFJ<br />
zum „beaufsichtigten <strong>und</strong> begleiteten Umgang“ durchgeführt wurde, werden<br />
aus der aktuellen Situation Folgerungen <strong>für</strong> fachliche Standards <strong>für</strong> die Arbeitsweise<br />
der Jugendhilfe gezogen.<br />
Zurück zum Inhalt<br />
197