Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
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Wir sprechen von einer schwerpunktmäßigen Zuständigkeit eines freien Trägers <strong>für</strong> den Bereich der ambulante Leistungen in der<br />
Region, die Planungs- <strong>und</strong> Fallverantwortung liegt weiter beim <strong>öffentliche</strong>n Träger. Ebenfalls ist die Beteiligung weiterer Träger an der<br />
Erbringung von Jugendhilfeleistungen durch die Zusammenarbeit mit Schwerpunktträgern nicht ausgeschlossen. Ein Blick auf die<br />
konkreten Zahlen zeigt, dass in den genannten Zuständigkeitsräumen die Schwerpunktträger etwa die Hälfte der erzieherischen Hilfen<br />
erbringen, also tatsächlich auch andere Träger in den Sozialräumen noch tätig sind. Vor allem im Bereich der Fremdplatzierung besteht<br />
weiterhin eine große Vielfalt an Kooperationsbezügen mit anderen Trägern in der weiteren Region.<br />
In diesen Zuständigkeitsbereichen bzw. Planungsregionen wurde je ein Träger damit beauftragt, ausgehend von den teilstationären <strong>und</strong><br />
ambulanten Hilfen, Jugendhilfestationen <strong>und</strong> dezentralere Einheiten auf dem Lande aufzubauen. Das Stichwort Hilfen unter einem<br />
Dach beschreibt das Modell der Jugendhilfestationen im Landkreis Tübingen. Hilfen unter einem Dach bedeutet nicht, dass möglichst<br />
viele Hilfeangebote in einem großen Haus zusammengefasst werden, sondern dass die in unterschiedlichen Schwerpunktfeldern tätigen<br />
Fachkräfte in gemeinsame interne Teamstrukturen eingeb<strong>und</strong>en sind. Ca. 12–15 MitarbeiterInnen sind gemeinsam zuständig <strong>für</strong> die<br />
Hilfebedarfe in ihrem Sozialraum <strong>und</strong> koordinieren gemeinsam mit den KollegInnen des Allgemeinen Sozialen Dienstes die Hilfeangebote<br />
vor Ort. Eine direkte Bürogemeinschaft mit dem ASD war lange nicht gewollt, mittlerweile gibt es aber in jeder Jugendhilfestation<br />
ein ASD Büro.<br />
Was ist der Vorteil in diesem Organisationsmodell? Mit der Integration einzelner professioneller Hilfeansätze in ein Gesamtsystem<br />
werden ausschnitthafte Spezialisierungen zugunsten eines offenen <strong>und</strong> ganzheitlichen Blicks auf die Lebenssituationen der Kinder,<br />
Jugendlichen <strong>und</strong> Familien im Gemeinwesen vermieden. Jede Gruppierung kann ihr Fach- <strong>und</strong> Spezialwissen einbringen, gemeinsam<br />
können Arbeitsansätze <strong>und</strong> Lösungswege entwickelt werden. Spezialisierungen einzelner Dienste sind in diesem Modell nicht gänzlich<br />
aufgehoben, sondern werden vielmehr noch als ein wichtiger Bestandteil einer bedarfsgerechten Jugendhilfestruktur vor Ort bewertet.<br />
Dies ist ein moderater Weg zu integrierten, flexiblen Hilfen, der in einem Landkreis mit einer differenzierten Jugendhilfelandschaft<br />
gangbar schien – ein Weg, Veränderung zu bewirken, ohne dass sämtliche bestehende Strukturen aufgelöst wurden. Sozialräumliche<br />
Gesichtspunkte spielten bei dieser Entscheidung ebenfalls eine wichtige Rolle. An vielen Orten hätten die bestehenden Gruppenangebote<br />
der Erziehungshilfen nicht in Regelstrukturen überführt werden können – also eine Tagesgruppe in einen Hort integriert werden<br />
können –, weil solche Regelangebote <strong>für</strong> eine Ganztagsbetreuung von Kindern fehlten <strong>und</strong> einzelne Kommunen auch nicht bereit waren,<br />
solche Angebote zu schaffen. Inzwischen existieren Modelle <strong>für</strong> integrierte Angebote von Jugendhilfe <strong>und</strong> Regeleinrichtung, <strong>und</strong><br />
die Zusammenarbeit zwischen Kommunen <strong>und</strong> Landkreis im Rahmen der Jugend <strong>und</strong> Erziehungshilfe wurde an vielen Orten intensiviert.<br />
Diese intensivere Zusammenarbeit zwischen Landkreis <strong>und</strong> Kommunen ist sicher auch Ausdruck des Wirkens sozialraumorientierter<br />
Arbeit, die u.a. daraufhin zielt, die Akzeptanz von Erziehungshilfen zu erhöhen <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit im Gemeinwesen zu<br />
leisten.<br />
Die so genannten Integrationsteams sind der Rahmen <strong>für</strong> diese Arbeit, sie treffen sich alle vier Wochen. Das Integrationsteam unterteilt<br />
sich bei Bedarf in einzelne fall- <strong>und</strong> stadtteil-/bzw. gemeindebezogene Teams um die Detailplanungen anzugehen. In einer Jugendhilfestation<br />
wird <strong>für</strong> den Bereich größerer Gemeinden oder Stadtteile ein breites Leistungsspektrum räumlich gebündelt. Mitarbeiter-<br />
Innen der Sozialen Gruppenarbeit, Tagesgruppe, des Mobilen Dienstes oder der Jugendsozialarbeit an der Schule bilden ein Team mit<br />
der Möglichkeit kollegialer Beratung <strong>und</strong> Unterstützung. Die Angebote selber finden nicht alle unter einem Dach statt, sondern sind an<br />
unterschiedlichen Plätzen im Gemeinwesen lokalisiert.<br />
Der Vorteil dieser dezentralen Organisationsstruktur liegt darin, dass so ganz unterschiedliche Zugänge <strong>für</strong> Kinder, Jugendliche <strong>und</strong><br />
Familien möglich sind, Zielgruppen- <strong>und</strong> lebensfeldbezogene Angebote können leichter <strong>und</strong> flexibler entwickelt werden <strong>und</strong> prinzipiell<br />
ist gesichert, dass Anlaufstellen <strong>für</strong> ganz unterschiedliche Fragen <strong>und</strong> Schwierigkeiten zur Verfügung stehen. Und – dies nicht an letzter<br />
Stelle – diese sozialräumliche Gr<strong>und</strong>struktur bietet die Möglichkeit, dass die Angebote ins Gemeinwesen hinein Wirkung entfalten <strong>und</strong><br />
integrierte Lösungen (mit der Schule, der Nachbarschaft, dem Kindergarten, der Bürgerschaft ...) leichter entwickelt werden können.<br />
Diese dezentrale Organisationsstruktur <strong>und</strong> der flächendeckende Aufbau ist ein wichtiges Gestaltungsprinzip der Jugendhilfe im<br />
Landkreis: Jugendhilfe wird als Querschnittsprojekt <strong>für</strong> alle erreichbar – es darf nicht passieren, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Hilfe<br />
zu bekommen, in der Stadt größer ist als auf dem Land oder auch dass ein Kind aus Hirrlingen aufgr<strong>und</strong> fehlender Angebote vor Ort in<br />
eine Tagesgruppe nach Tübingen chauffiert werden muss.<br />
III. Eine dezentrale Struktur der Jugendhilfe schafft niedrigschwellige Zugänge <strong>und</strong> befördert bedarfsgerechte <strong>und</strong> flexible<br />
Lösungen (Beratung, Unterstützung, Integration)<br />
Diese dezentrale Struktur <strong>und</strong> konsequente Regionalisierung wurde fortentwickelt. So wurden in den letzten Jahren insgesamt<br />
45 kleinräumig <strong>und</strong> niedrigschwellig ausgerichtete Angebote in den Stadtteilen <strong>und</strong> Gemeinden des Kreises als dezentrale Anlaufstellen<br />
<strong>für</strong> Kinder, Jugendliche <strong>und</strong> Familien (nahezu) flächendeckend aufgebaut <strong>und</strong> damit das Feld der Erziehungshilfe weit überschritten.<br />
Die Angebote sind jeweils stadtteil-, quartiers- bzw. lebensfeldorientiert (z.B. Schule) ausgerichtet. In (fast) allen Gemeinden des<br />
Landkreises, mit stärker ländlichen Strukturen, existiert mindestens ein Angebot, eine Anlaufstelle. Damit steht eine Ansprechperson<br />
<strong>für</strong> die Belange von Kindern, Jugendlichen <strong>und</strong> Familien zur Verfügung steht (zur Orientierung: Größenordnung Anzahl der unter<br />
18 Jahren in den Gemeinden zwischen 800 <strong>und</strong> 2.500 Kinder <strong>und</strong> Jugendliche).<br />
Die konzeptionelle Schwerpunktsetzung der einzelnen Projekte <strong>und</strong> Gruppenangebote richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten<br />
<strong>und</strong> Bedarfen. Das Spektrum reicht von sieben integrierten Jugendhilfeprojekten, die in der Regel in der Schnittstelle von Hilfen zur<br />
Erziehung/Einzelfallhilfe, offener Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit <strong>und</strong> Arbeit im Gemeinwesen arbeiten, also einen sehr breiten<br />
Zugang haben. Daneben existieren Projekte, die ihren Fokus auf eine bestimmte Zielgruppe <strong>und</strong> Lebenslage (acht Angebote <strong>für</strong> Familien<br />
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