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Workshop 1.6 - Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge

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Weiterhin wissen wir aus unserer kleinen Studie, aber auch aus verschiedensten Veröffentlichungen, dass es den Beistand – also die<br />

Fachkraft, die ausschließlich mit der Führung von Beistandschaften betraut ist – nur sehr selten gibt. Die meisten führen zugleich<br />

mehrere bestellte Vorm<strong>und</strong>schaften <strong>und</strong> Pflegschaften bzw. sind zugleich mit unterschiedlichsten weiteren Aufgaben befasst. 1<br />

Roos schrieb in der Fachzeitschrift (damals noch) „Der Amtsvorm<strong>und</strong>“ (jetzt „Das Jugendamt“), der Beistand sei „überspitzt formuliert<br />

eine Art Anwalt, Notar, Finanzberater <strong>und</strong> Sozialarbeiter in einer Person“ (S. 531). Selbst wenn er also ausschließlich mit der<br />

Führung von Beistandschaften befasst ist, hat er im Rahmen der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben mit der Vaterschaftsfeststellung,<br />

der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen <strong>und</strong> der entsprechenden Ermittlungsarbeit, Beurk<strong>und</strong>ungen <strong>und</strong> vielem mehr zu tun.<br />

Beratung war demzufolge bisher keineswegs das „Hauptgeschäft“ der Beistände, sie kommt aber als Anforderung seit dem In-Kraft-<br />

Treten des KindRG in zunehmenden Maße auf sie zu. Denn <strong>für</strong> den Bürger ist der Beistand häufig die erste Anlaufstelle, um die vielfältigen<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Hilfsmöglichkeiten des Jugendamts kennen zu lernen. Deshalb ist es auch nötig, dass er über ein umfangreiches<br />

Wissen der Jugendhilfelandschaft <strong>und</strong> der unterschiedlichen Angebote <strong>und</strong> Leistungen verfügt, die von Eltern, Kinder <strong>und</strong> Familien<br />

in Anspruch genommen werden können, wenn spezifische Problemlagen bewältigt werden müssen. Der Beistand muss erkennen,<br />

ob der Hilfe suchende Elternteil evtl. Schwierigkeiten hat, seine erzieherischen oder sorgerechtlichen Pflichten zu erfüllen. In diesem<br />

Fall muss er gegebenenfalls eine intensivere Betreuung durch den ASD vermitteln <strong>und</strong> einleiten.<br />

Die Be<strong>für</strong>chtungen, dass das Jugendamt seine Schutzfunktion ab der Geburt eines Kindes nicht mehr ausreichend ausüben <strong>und</strong> erst dann<br />

tätig werden kann, wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, hat sich überwiegend nicht bestätigt. Vielmehr wird eine frühzeitige<br />

Information <strong>und</strong> eine umfangreiche Beratung von der Bevölkerung gerne angenommen. Zugleich kann man allerdings feststellen,<br />

dass eben dieser Beratungsauftrag mit der nun neuen „Dienstleistungsperspekive“ noch nicht flächendeckend in allen Jugendämtern<br />

<strong>und</strong> bei den dort tätigen Fachkräften in gewünschtem Maße umgesetzt wird bzw. umgesetzt werden kann. Das hat damit zu tun, dass<br />

sich teilweise das Selbstverständnis <strong>und</strong> der damit verknüpfte Rollenwandel der Beistände noch nicht allerorts vollzogen hat.<br />

Eine Entwicklungsaufgabe besteht in jenen Jugendämtern, in denen es noch nicht geschehen ist, in Zusammenarbeit mit dem ASD die<br />

Koordinierung der Aufgaben zu optimieren <strong>und</strong> insofern eine klare Rollenausgestaltung vorzunehmen. Diese hängt sicherlich von den<br />

ganz konkreten organisatorischen Bedingungen im jeweiligen Jugendamt, aber auch von den Fallzahlen <strong>und</strong> den spezifischen Ausbildungs-/Fähigkeitsprofilen<br />

der jeweiligen Mitarbeiter/innen ab.<br />

Literatur:<br />

Balloff, R./Stötzel, M.: Verfahrenspflegschaft nach § 50 FGG aus der Perspektive des Kindes. In: Kind-Prax 2/2002, S. 47–52.<br />

Fthenakis, W.: Entwicklung von Interventionen im Scheidungsgeschehen – beaufsichtigter <strong>und</strong> begleiteter Umgang gem. § 1684 Abs. 4 BGB.<br />

Staatsinstitut <strong>für</strong> Frühpädagogik. München 2001.<br />

Meysen, T.: Verfahrenspfleger zwischen Mediator <strong>und</strong> Anwalt des Kindes. In: JAmt 9/2001, S. 381.<br />

Proksch, R.: 2. Zwischenbericht zur Begleitforschung zur Umsetzung der Neuregelung zur Reform des Kindschaftsrechts. Teil 2, 2001.<br />

Proksch, R.: Begleitforschung zur Umsetzung der Neuregelung zur Reform des Kindschaftsrechts. B<strong>und</strong>esanzeiger Verlag. Reihe<br />

Rechtstatsachenforschung 2003.<br />

Salgo, L.: Zum Stand der Verfahrenspflegschaft. Forderungen, Erklärungen <strong>und</strong> Statistiken. In: Kind-Prax 6/2002, S. 187–193.<br />

Schön, B.: Verfahrenspflegschaft – Chance <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche? In: JAmt 3/2001, S. 109–116.<br />

Roos, H.: Das Sachgebiet „Beistandschaft“ im Jugendamt. In: Der Amtsvorm<strong>und</strong>, 7/2000, S. 529–542.<br />

Seidenstücker, B.: Zur Umsetzung des neuen Kindschaftsrechts in der Arbeit von Jugendämtern. In: ZfJ 3/2001, S. 88–97.<br />

Weber, C.: Interessenvertretung <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche gem. § 50 FGG. In: JAmt 9/2001, S. 389–392.<br />

Willutzki, S.: Umsetzung der Kindschaftsrechtsreform in der Praxis. In: Kind-Prax 2/2000, S. 45–48.<br />

Willutzki, S.: Verfahrenspflegschaft als Kinderschutz. In: Kind-Prax 6/2002, S. 183–187.<br />

1) Vgl. hierzu auch die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Perspektiven der bestellten Amtsvorm<strong>und</strong>schaft/-pflegschaft <strong>für</strong> Minderjährige“ des ISA e.V., welche<br />

voraussichtlich im Juli 2003 von Hansbauer/Mutke/Oelerich bei Leske & Budrich veröffentlicht werden.<br />

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